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Alberthafen Dresden baut weiteren Trailerport für „Rollende Landstraße“

Der Alberthafen Dresden. Foto: SBO GmbH

Der Alberthafen Dresden. Foto: SBO GmbH

Bi- und trimodaler Transport findet in Zeiten gestörter Lieferketten viele Fans in der Wirtschaft

Dresden, 1. Februar 2023. Im Alberthafen Dresden soll in diesem Jahr ein weiterer, fünf Millionen Euro teurer „Trailerport“ entstehen, der Lasteranhänger zwischen Lkw und Eisenbahn umladen kann. Das hat Hafenkapitän Heiko Loroff angekündigt. Die von ihm geleitete „Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH“ (SBO) reagiert damit auf die steigende Nachfrage nach bi- und trimodalen Transporten, was heißt: Immer mehr Unternehmen wollen ihre Rohstoffe, Zwischen- und Fertigprodukte so flexibel und oft auch so ökologisch wie möglich transportieren – für bestimmte Strecken eben mit dem Laster, für andere mit der Eisenbahn oder per Schiff.

SBO-Chef Heiko Loroff. Foto: Heiko Weckbrodt

SBO-Chef Heiko Loroff. Foto: Heiko Weckbrodt

Kapitän will von 12 auf 20 Züge pro Woche kommen

Schon 2022 war der Güterumschlag am existierenden Trailerport Dresden auf 25.000 Trailer (Sattelauflieger) beziehungsweise 620.000 Tonnen gestiegen, die mit zwölf Zügen wöchentlich weiter in Europa verteilt worden sind. Durch den neuen Trailerport will Loroff diese hybriden Transportwege stärken und auf 20 Zugverbindungen pro Woche kommen. Das Konzept ist letztlich der „Rollenden Landstraße“ entlehnt, mit der Sachsen in den 1990ern Lkws auf spezielle Fernzügen transportiert hatte. Was damals nur hochsubventioniert funkionierte, erfreut sich heute steigender Nachfrage auf privatwirtschaftlicher Basis bei den Sächsischen Binnenhäfen.

Ein Kranwagen hebt den Container-Aufleger vom Sattelschlepper auf den Eisenbahn-Wagon im Alberthafen Dresden. Foto: SMWA

Ein Kranwagen hebt den Container-Aufleger vom Sattelschlepper auf den Eisenbahn-Wagon im Alberthafen Dresden. Foto: SMWA

Inflation und 9-Euro-Ticket schwächen Güterweg „Schiene-Fluss“

Rechnet man neben den Trailerports allerdings all ihre Güterströme und Häfen zusammen, dann haben die SBO im vergangenen Jahr in Summe nur rund 2,96 Millionen Tonnen umgeschlagen und damit sechs Prozent weniger als im Vorjahr. Der SBO-Chef und Hafenkapitän sieht dafür vor allem zwei Gründe: Erstens hat sich der kombinierte Transportweg „Fluss und Straße“ stärker verteuert als der Lkw-Transport, unter anderem, weil auch die Anschaffungskosten für neue Schiffe und Loks besonders stark gestiegen sind. Hinzu kam, dass durch das 9-Euro-Ticket auch mehr Passagierströme dem Güterverkehr die Schiene streitig machten. Folge: Viele Güterströme haben sich zuletzt wieder zurück von der Schiene und vom Fluss auf die Straße zurückverlagert.

„Feuerwehr“-Einsätze im Krisenjahr

Und zweitens mussten die SBO im Krisenjahr 2022 oft auch Feuerwehr spielen: Inmitten chronisch gestörter Lieferketten mussten die Hafen-Laster oft auch jene Unternehmen direkt mit Hafengütern beliefern, die sonst auf andere Transportwege und Spediteure gesetzt hatten. Immerhin: Trotz geschrumpfter Umschlagmengen machten die SBO im Jahr 2022 dennoch einen kleinen Gewinn von einer runden halben Million Euro.

Interesse an umweltfreundlicheren Transporten wächst

Ohnehin ist Leroff überzeugt, dass „seine“ Häfen in Dresden, Riesa, Torgau, Dessau-Rosslau, Decin und Lovisice in Zukunft wieder an Gewicht gewinnen – und der trimodale Verkehr, der zwischen Bahn, Lkw und Schiff hin und her wechselt, ohnehin. Ein Grund: Immer mehr Unternehmen, die sich neu in Sachsen oder Tschechien ansiedeln, möchten in ihre Jahresberichte schreiben, dass sie ihren Güterverkehr hübsch nachhaltig abgewichelt haben. Das stärkt die Nachfrage für den Schiffs- und Bahnverkehr.

Blick aufs Folklore-Becken im Alberhafen Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Blick aufs Folklore-Becken im Alberhafen Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Flaschenhals Elbtal: Schiene an der der Belastungsgrenze

Auf einen weiteren Grund weist auch Stephan Berger hin, der für den SBO-Gesellschafter, den Freistaat Sachsen, im Hafen-Aufsichtsrat sitzt: „Die Bahn-Kapazitäten im Elbtal stoßen an ihre Grenzen“, sagt er. „Das ist unser großer Flaschenhals.“ Umso wichtiger sei die Elbe als Transportweg zwischen den Hochseehäfen im Norden und Sachsen und weiter bis nach Tschechien. Manche hier angesiedelten Unternehmen wie etwa Wacker Chemie in Nünchritz hätten ernste Lieferprobleme, wenn es die SBO-Häfen nicht gäbe.

Kapitän liebäugelt mit Wasserstoff

Neue Kapazitäten, aber auch Resilienz und Nachhaltigkeit sind von daher auch wichtige Leitthemen im SBO-Verbund für die nächsten Jahre. Das nächste Geschäftsfeld hat Loroff da auch schon im Visier: Wasserstoff. Der nämlich soll in Sachsen die Dekarbonisierung vieler Industriezweige und im Verkehrssektor antreiben. Und wer würde sich da besser als Verteiler dieses Energieträgers eignen als ein trimodaler Hafen, haben sich die SBO-Vordenker gefragt. Genaues will der Kapitän noch nicht verraten. Aber offensichtlich denkt er daran, den regionalen An- und Abtransport zu und von den SBO-Häfen mit Brennstoffzellen- oder Wasserstoffmotor-Lastern zu organisieren und in den Häfen selbst auch Wasserstoff-Tankstellen zu bauen. „Lkws werden wir wohl immer brauchen“, meint Loroff. „Aber gerade für Nahverkehrs-Lkws kann Wasserstoff sinnvoll sein. Warum dann nicht gleich die ganze Wasserstoff-Infrastruktur hier einrichten?“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: SBO-PK

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt