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Ex-Forschungschef: TSMC torpedierte Umstieg auf 450-mm-Wafer

Der Umstieg auf immer größere Chipscheiben von 150 über 200 bis 300 mm hatte der Chipindustrie in der Vergangenheit zwar Produktivitässchübe verpasst - doch der nächste Sprung auf 450 mm (hier nicht im Bild) lässt weiter auf sich warten. Foto: Globalfoundries, Montage (Visualisierung Größenvergleich): hw

Der Umstieg auf immer größere Chipscheiben von 150 über 200 bis 300 mm hatte der Chipindustrie in der Vergangenheit zwar Produktivitässchübe verpasst – doch der nächste Sprung auf 450 mm lässt weiter auf sich warten. Foto: Globalfoundries, Montage (Visualisierung Größenvergleich): hw

Taiwanesen hatten laut Chiang Shang-Yi Angst, von Intel und Samsung an die Wand gespielt zu werden

San Francisco/Taipeh/Dresden, 9. August 2022. Vor rund zehn Jahren planten die Großen der Halbleiterbranche einen Quantensprung: Sie wollten Teile ihrer Chipproduktion von 300 auf 450 Millimeter große Siliziumscheiben (Wafer) umstellen und damit anderthalb bis doppelt so viele Schaltkreise pro Fertigungsdurchgang herstellen. Intel, TSMC, Samsung, IBM und Globalfoundries gründeten eigens dafür ein „Global 450mm Consortium“ (G450C). Auch in Dresden und an anderen Mikroelektronik-Standorten diskutierten die Branchenvertreter über eine eigene europäische 450-mm-Entwicklung. Doch dann schliefen all diese Projekte ein und der Umstieg war gestorben. Das lag nicht allein an den hohen Entwicklungskosten für neue Chipfertigungsanlagen, Transportsysteme und Prozesse, sondern auch am gegenseitigen Umlauern der Großen der Branche. Das hat zumindest Chiang Shang-Yi, der frühere Forschungsdirektor des weltweit größten Chip-Auftragsfertigers TSMC, in einem Interview im kalifornischen „Computer History Museum“ (CHM) behauptet. Eine offizielle Stellungnahme von TSMC steht noch aus.

Die taiwanesische Foundry TSMC investiert derzeit viel Geld in den Ausbau seiner 300-mm-Spitzenfabriken - hier ein Blick in die TSMC-Fab 12. Foto: TSMC

Blick in die 300-mm-Fab Nummer 12 von TSMC. Foto: TSMC

450-mm-Projekt hätte viele Ressourcen gebunden

Zwar habe das taiwanesische Unternehmen den Umstieg zunächst begrüßt. Vor allem der US-Branchenprimus „Intel“ habe darauf gedrängt, Samsung habe sich weniger deutlich festgelegt Dann aber sei bei TSMC – das damals noch nicht ganz so dominant in der Branche war wie heute – die Sorge gewachsen, dass Intel und Samsung mit ihren überlegenen Forschungskapazitäten und Ressourcen nach der Umstellung an die Wand spielen könnten. Denn den teuren Umstieg würden nur wenige Unternehmen stemmen können, das war damals schon klar. Von einem aufstrebenden Riesen wäre TSMC damit womöglich zum Juniorpartner der beiden anderen Branchengrößen abgestiegen. Zudem gab es in Taipeh Bedenken, dass das 450-mm-Projekt soviele Ressourcen binden würde, dass die Foundry auf Jahre hinaus nicht mehr genug Ingenieure und Geld für die Entwicklung feinerer Strukturprozesse haben würde.

Eine Fraunhofer-Mitarbeiterin zeigt im Reinraum einen 300-mm-Wafer (l.) und eine 450er Scheibe im Vergleich. Abb.: Fraunhofer IISB

Auf diesem Archivbild zeigt eine Fraunhofer-Mitarbeiterin im Reinraum einen 300-mm-Wafer (l.) und eine 450er Scheibe im Vergleich. Abb.: Fraunhofer IISB

Projekt bei Hinterzimmertreffen abgeblasen

Bei einem Hinterzimmertreffen von Intel, Samsung, TSMC und dem niederländischen Anlagenhersteller ASML im Jahr 2013 in San Francisco habe er daher plötzlich verkündet, dass sich TSMC lieber auf die Entwicklung „fortschrittlicher Technologien“ statt auf das 450-mm-Projekt konzentrieren würde, berichtete Chiang Shang-Yi in dem inzwischen veröffentlichten Interview. Damit habe er freilich Intel sehr verärgert. Denn damit war der Umstieg gestorben: Die Zulieferer wollen nur in die Entwicklung der benötigten neuen Chipfertigungsanlagen investieren, wenn sie von genug Halbleiterfabriken gebraucht werden. Und 450-mm-Technik wiederum lohnt sich nur für Unternehmen, die sehr große Serien der immer gleichen Chips herstellen – wie etwa Speicher oder Prozessoren. „Seitdem spricht niemand mehr darüber“, so das Resümee von Chiang Shang-Yi.

Quelle: computerhistory.org, The Register

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt