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Bekommt Dresden letztlich wieder eine Speicherchip-Fabrik?

Prof. Thomas Mikolajick (links) und FMC-Chef Ali Pourkeramati im neuen Labor von „The Ferroelectric Memory Company“. Foto: Heiko Weckbrodt

Prof. Thomas Mikolajick (links) und FMC-Chef Ali Pourkeramati im neuen Labor von „The Ferroelectric Memory Company“. Foto: Heiko Weckbrodt

TU-Ausgründung „FMC“ wächst mit seiner ferroelektrischen Speichertechnologie – und schließt eine eigene Produktion in Zukunft nicht aus

Dresden, 1. Juli 2022. Die Dresdner Uni-Ausgründung „The Ferroelectric Memory Company“ (FMC) erwartet für die kommenden Jahren ein starkes Wachstum. Denn die globale Elektronikindustrie interessiert sich sehr für die vermutlich bahnbrechenden ferroelektrischen Hafnium-Speicherchips aus Sachsen. Die könnten künftig die Akkulaufzeiten von Smartphones stark verlängern, das Tempo von Chipfestplatten erhöhen und klügere „Künstliche Intelligenzen“ (KI) ermöglichen. Angesichts dieser Nachfrage rechnet FMC-Chef Ali Pourkeramati bereits für 2030 mit rund 300 Millionen US-Dollar (287 Millionen Euro) Jahresumsatz.

Die "Ferroelectric Memory Company" (FMC) hat ihren Sitz in Dresden. Foto: FMC

Die „Ferroelectric Memory Company“ (FMC) hat ihren Sitz in Dresden. Foto: FMC

Auftragsfertiger sollen die erste Serien herstellen, doch das ist womöglich nur eine Zwischenlösung

Zwar will das Unternehmen seine besonders stromsparenden, günstigen und schnellen Hafniumoxid-Speicher vorerst bei Partnern und durch Auftragsfertiger herstellen lassen. Aber für die weitere Zukunft steht der Bau einer eigenen Speicherchip-Fabrik in Dresden ernsthaft zur Debatte, informierte FMC-Manager Memmo Mennenga. Damit würde in die Stadt ein Technologiezweig zurückkehren, der seit der Aufspaltung des ZMD und der Qimonda-Pleite 2008 für immer aus Deutschland verschwunden schien.

Wurzeln reichen bis vor die Qimonda-Pleite

Damit würde sich noch ein weiterer Kreis schließen: Denn die schnellen ferroelektrischen Speicher, die FMC jetzt zur Marktreife weiterentwickelt, wurzelt letztlich bei der ehemaligen Infineon-Tochter „Qimonda“: Schon in den 1990ern und dann verstärkt nach der Jahrtausendwende forschten die Ingenieure beider Unternehmen an besonders schnellen und hochintegrierbaren Speichern, die sich Daten auch ohne ständige Stromzufuhr merken. Gedacht war und ist dies vor allem als eine Alternative zum eher langsamen Flash-Speicher, der heute in fast allen Smartphones, Kameras, USB-Speicherstiften, SSD-Chipfestplatten und anderen Geräten steckt.

Elektronenmikroskopaufnahme eines fertigen ferroelektrischen Minischalters auf Hafnium-Basis. Abb.: NaMLab

Elektronenmikroskopaufnahme eines ferroelektrischen Minischalters auf Hafnium-Basis. Abb.: NaMLab

Erst mit Hafnium rückte ein praktischer Nutzen in greifbare Nähe

Die Idee, dafür ferroelektrische Effekte zu nutzen, ist an für sich schon Jahrzehnte alt, erzählt Prof. Thomas Mikolajick vom „Namlab“ der TU Dresden, der zu den Gründervätern des FMC gehört. Doch die Materialien, mit denen man damals experimentierte, vertrugen sich einfach nicht mit den etablierten Chip-Technologien nach dem CMOS-Prinzip. Nachwuchsforscher an der TU Dresden entdeckten aber schließlich, dass sich solche Speicherzellen auch aus Hafnium-Dioxid bauen lassen. Bald stellt sich auch heraus, dass sich solche Bauelemente sogar sehr gut in die Prozesse moderner Chipfabriken integrieren und – anders als die Flash-Speicher – immer weiter verkleinern lassen. Zudem schaltete das neue Bauelement im Labor etwa 1000 Mal schneller als marktübliche Flash-Chips. Gemeinsam mit Qimonda und zunehmend in der Regie von Prof. Mikolajick wurde aus der bloßen Idee ein immer vielversprechender Ansatz. Dann jedoch ging der letzte große deutsche Speicherchiphersteller pleite. „Wir haben die Rechte an der Technologie dann vom Insolvenzverwalter gekauft, damit wir sie im Namlab weiterentwickeln konnten und sich kein Patenttroll die Rechte krallt“, erzählt der Professor.

Re-Industrialisierung des Industriegeländes

2016 gründete sich die FMC aus der Uni aus. Das fünfköpfige Gründerteam mietete sich zunächst in den Firmeninkubator „Impact Hub“ hinterm Dresdner Hauptbahnhof und 2019 dann in das städtische Nanoelektronik-Technologiezentrum in Dresden-Klotzsche ein. Weil das Team inzwischen auf 30 Ingenieure und Wissenschaftler gewachsen ist, hat FMC mittlerweile einen eigenen Firmensitz im Industriegelände im Dresdner Norden umgezogen: In der umgebauten Kranhalle hinter der „Zeitenströmung“ hat das Kollektiv nun mehr Entwicklungsbüros und ein eigenes Textlabor bekommen. Das freut auch Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP): Das Unternehmen sei ein „Musterbeispiel“ dafür, was sich aus Technologieentwicklungen in Dresden wachsen könne – und ein weiteres Baustein für die Re-Industrialisierung des gesamten Areals, sagte er heute zur Einweihungsfeier. Von den 30 Beschäftigten arbeiten nun 25 im neuen Domizil in Dresden, weitere fünf in einem Entwicklungslabor im italienischen Mailand.

Hochtechnologie im Altindustrie-Design: Die Mikroelektronik-Firma FMC residiert seit 2022 im Industriegelände in Dresden-Nord. Foto: Heiko Weckbrodt

Hochtechnologie im Altindustrie-Design: Die Mikroelektronik-Firma FMC residiert seit 2022 im Industriegelände in Dresden-Nord. Foto: Heiko Weckbrodt

Bosch, Hynix & Co. pumpen Geld hinein

Das Potenzial des noch jungen Unternehmens haben auch namhafte Branchengrößen erkannt: In zwei Runden beteiligten sich der Hightech-Gründerfonds, Bosch, Hynix, Merck, Imec xpand und weitere Investoren an der FMC. Sie haben in Summe bislang fast 26 Millionen Euro in die Uni-Ausgründung gepumpt, um die disruptive Technologie rascher in marktreife Produkte umzuwandeln. Außerdem kooperiert das Unternehmen eng mit dem Auftragsfertiger Globalfoundries, dem Namlab und dem Fraunhofer-Photonikinstitut IPMS in Dresden.

Erste Chips mit FMC-Technik kommen wohl 2025 von Infineon

Die ersten Chips mit den HfO2-Speichern an Bord erwartet Pourkeramati im Jahr 2025: Der Partner Infineon will sie dann in eigene Schaltkreise einbetten. Wenig später folgen auch Komplett-Speicherchips von FMC. „Unser erster FeRAM soll 2025 verfügbar sein“, kündigte der FMC-Chef an – „Fe“ steht hier für „ferroelektrisch“ und „Random Access Memory“ beziehungsweise „RAM“ ist die gängige Abkürzung für schnelle Arbeitsspeicher. Diese ersten eigenen Chips will Pourkeramati wie erwähnt zunächst bei Auftragsfertigern herstellen lassen. Aber er wünscht sich, dass daraus schließlich eine Massenproduktion Made in Saxony“ wird.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: FMC, OB Hilbert, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt