HTW Dresden baut Testfeld für Agrar-Photovoltaik in Pillnitz auf
Dresden, 11. Dezember 2021. Landwirtschaft soll künftig nicht nur Essen, sondern auch Sonnenstrom liefern. Um das auszutesten, werden Wissenschaftler und Bauern gemeinsam im Stadtteil Pillnitz eine Agrar-Photovoltaik-Anlage (Agri-PV) bauen, unter der auch Feldfrüchte geerntet werden können. Das hat die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Dresden angekündigt, die das Projekt „Agri-PV“ gemeinsam mit dem Unternehmen „Next2Sun“ aus dem saarländischen Merzig und der Gutsverwaltung Schönfelder Hochland in Sachsen realisieren will.
Vernetzte Feldmaschinen sollen Kartoffel & Co. inmitten bifazialer Solarstrom-Kollektoren ernten
Statt klassische Solarmodule schräg über dem Boden nach Süden auszurichten, wie in den meisten Photovoltaik-Parks, wollen die Forschenden hohe, senkrechte Kollektoren mit zweigesichtigen („bifazialen“) Solarzellen einsetzen, die Sonnenstrahlen von vorne und von hinten in elektrische Energie umwandeln können. Diese senkrechten Sammler sollen auf einem Versuchsfeld stehen. Zwischen den Reihen können die Bauern dann digital vernetzte und mit zahlreichen Sensoren ausgestattete Feldmaschinen fahren lassen.
„Smart Farming“-Maschinen sollen Flächen selektiv bewirtschaften
Dadurch soll es möglich werden, zwischen den Solarkollektoren mit „Landwirtschaft 4.0“-Methoden – auch „Smart Farming“ genannt – Feldfrüchte anzubauen. „Mit diesen Technologien wird ein Feld nicht mehr einheitlich bewirtschaftet“, kündigte Projektleiter Prof. Karl Wild von der HTW-Fakultät für Landbau, Umwelt und Chemie an. „Stattdessen wird es in viele kleine Teilflächen eingeteilt, auf denen Bearbeitung, Pflege und Düngen individuell erfolgen und den jeweiligen Bedürfnissen angepasst sind.“
Besichtigungs-Plattform für Besucher geplant
In der PV-Anlage sei auch ein sogenanntes „Controlled Traffic Farming“-System geplant. „Das heißt, es werden nur sehr wenige Fahrspuren vorgegeben und nur diese dürfen von den Traktoren und anderen Fahrzeugen genutzt werden. Auf diese Weise wird der Anteil überfahrener Fläche bei der Bewirtschaftung möglichst gering gehalten.“ Damit sich auch Laien eine Vorstellung davon machen können, wie so etwas funktioniert, wird es virtuelle und reale Aussichtsplattformen am Agrr-PV-Feld geben.
Anlage für ¼ Megawatt ausgelegt
Die Anlage soll bis zu 250 Kilowatt elektrische Leistung liefern. Zudem wollen die Forschenden vor Ort zahlreiche Messstellen und Sensorsysteme installieren, um Bodenbeschaffenheit, Umwelteinflüsse, Wetter und landwirtschaftliche Produktionsdaten auszuwerten. So wollen sie ermitteln, ob sich Landwirtschaft und Stromerzeugung wirklich sinnvoll kombinieren lassen und auf welche Erträge man dabei kommt. Bei früheren Experimenten in Deutschland und in den USA hatten derartige Agar-Solar-Felder teils recht beachtliche Hektarerträge bei Kartoffeln, Tomaten und Chili geliefert und gleichzeitig Strom geliefert. Allerdings eignen sich anscheinend nicht alle Feldfrüchte oder beispielsweise Getreide für die Agri-PV-Bewirtschaftung.
Sachsen beschäftigen sich bereits mit bifazialer Solartechnik und Smart Farming
Das sächsische Landwirtschafts- und Umweltministerium fördert das Projekt bis Ende 2022 mit zunächst rund 450.000 Euro. Als der Schweizer Konzern „Meyer Burger“ im Frühjahr die Massenproduktion bifazialer Solarmodule im sächsischen Freiberg ankündigte, hatte Umweltstaatssekretär Gerd Lippold (Bündnisgrüne) bereits derartige Agri-PV-Modellprojekte avisiert. Außerdem experimentieren die TU Dresden, das Fraunhofer-Verkehrsinstitut IVI und weitere Partner in Dresden bereits seit geraumer Zeit mit autonomen und vernetzten Feldschwarm-Robotern.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: HTW Dresden, Oiger-Archiv
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