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Gasfackeln treiben Rechenzentren und Entsalzer an

Überschüssiges Gas aus der Erdöl-Förderung und -Verarbeitung - hier eine Aufnahme von einer Raffinerie in Hemmingstedt - lässt sich effektiv nutzen, wenn man es nicht abfackelt, sondern damit zum Beispiel Rechenzentren speist. Foto: Dirk Ingo Franke, Wikimedia, CC2-Lizenz, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hemmingsedt_raffinerie_turm_ganz_nah.jpg

Überschüssiges Gas aus der Erdöl-Förderung und -Verarbeitung – hier eine Aufnahme von einer Raffinerie in Hemmingstedt – lässt sich effektiv nutzen, wenn man es nicht abfackelt, sondern damit zum Beispiel Rechenzentren speist. Foto: Dirk Ingo Franke, Wikimedia, CC2-Lizenz 

Cloud & Heat Dresden liefert Computer-Container an “Earth Wind & Power” in Norwegen

Oslo/Dresden, 19. Oktober 2021. Die Zeit der ewigen Gasfackeln über Ölfördertürmen könnte bald vorbei sein: Der norwegische Energiekonzern „Earth Wind & Power“ (EW & P) aus Oslo will künftig mit der Energie aus dem überschüssigen Gas, das bei der Erdölförderung frei wird, Computertechnik antreiben. Dafür haben die Norweger nun bei „Cloud & Heat Technologies“ (C & H) aus Dresden ein erstes mobiles Container-Rechenzentrum bestellt. Das geht aus Mitteilungen von C & H und EW & P hervor.

Gasfackeln blasen weltweit Millionen Tonnen CO2 in die Luft

Perspektivisch birgt diese Koppel-Technologie erhebliche Potenziale für den Umweltschutz: Weltweit fackeln Unternehmen rund 142 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr ab. Dadurch entweichen jährlich mehrere Millionen Tonnen CO2 Atmosphäre entweichen. Zumindest ein Teil des Gases wäre aber eigentlich nutzbar, um den wachsenden Hunger von Wirtschaft und Endkonsumenten nach Rechnerwolken (Clouds) zu decken.

So etwa sehen die Container-Rechenzentren von Cloud & Heat Dresden für Vattenfall aus. Damit jeder sieht, dass sie umweltfreundlicher sind als andere Rechenzentren, sind sie grün lackiert. Montage: Cloud & Heat

So etwa sehen die Container-Rechenzentren von Cloud & Heat Dresden aus. Montage: Cloud & Heat

Gast treibt Turbine an, die das Rechenzentrum und das dann den Entsalzer

„Earth Wind & Power“ will daher künftig mit dem Fackelgas einem mobile Gasturbine speisen, die das 1,8-Megwatt-Rechenzentrum aus Sachsen mit Strom versorgt. Cloud & Heat will die wassergekühlten Computer im ersten Quartal 2022 liefern. EW&P stellt die Standorte sowie die notwendige Basisinfrastruktur wie Strom und Internet zur Verfügung. „Der Container mit integrierten Servern ist so ausgelegt, dass er auch bei extremen Klimabedingungen wie Trockenheit, Nässe sowie Außentemperaturen von −30 °C bis +48 °C eingesetzt werden kann“, informierte Cloud & Heat. Über eine spezielle Schnittstelle ist das durch die Prozessoren erwärmte Kühlwasser auch für Büro-Heizungen vor Ort einsetzbar. EW&P will aber zunächst austesten, ob sich die Abwärme aus dem Cloud-Container für die Meerwasser-Entsalzung einsetzen lassen. Dies könnte die Effizienz und Umweltbilanz des Gesamtsystems weiter verbessern.

Energieüberschüsse branchenübergreifend nutzen

„Die Zusammenarbeit ist ein großer wichtiger Schritt nicht nur für unsere beiden Unternehmen, sondern für die weltweite Energiewirtschaft und Rechenzentrumsindustrie insgesamt“, betonte EW&P-Chefin Ingvil Smines Tybring-Gjedde. „Indem wir den Energieüberschuss der einen Wirtschaft mit dem Energiedefizit der anderen zusammenbringen, haben wir eine wegweisende ESG-Lösung auf den Weg gebracht.“ ESG ist das englische Kürzel für „Environmental Social Governance“, auf Deutsch „Umweltorientierte und soziale Unternehmensführung“.

„Cloud & Heat“ entstand vor zehn Jahren als Ausgründung aus der TU Dresden. Das Unternehmen ist auf modulare wassergekühlte Rechenzentren spezialisiert, deren Abwärme als Heizung nutzbar sind und die globale Clouds auf weitverteilten Standorten bilden. Das Unternehmen hat inzwischen über 100 Mitarbeiter.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: C & H, Auskünfte EW & P, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt