Nanophysiker Oliver Schmidt wechselt von Dresden nach Chemnitz und will an einer „neuen Generation der Mikroelektronik“ forschen
Chemnitz/Dresden, 7. September 2021. Was eben noch Science Fiction war, ist heute längst Alltag: Die Smartphones haben die „Kommunikatoren“ aus dem TV-Raumschiff „Enterprise“ längst überholt, auch die Star-Trek-Trikorder sind inzwischen in Arbeit und Jule Vernes „Nautilus“ ringt uns im Vergleich zu den riesigen Unterwasser-Schiffen der Akulaklasse nur noch ein nostalgisches Lächeln ab.
Rücken nun womöglich auch täuschend echte Gesichtsmasken wie aus den Marvel-Filmen und fühlende Roboter in greifbare Nähe? Wenn es nach Oliver G. Schmidt geht, ist all dies keine ferne Zukunftsmusik mehr – selbst wenn es in der Praxis noch ein paar Jährchen dauern könnte, bis wir Alberichs Tarnkappe beim Onlinehändler unseres Vertrauens kaufen können. 14 Jahre lang hatte der Nanophysik-Professor in Dresden an mikroskopisch kleinen Robotern und Super-Energiespeichern gearbeitet. Nun wechselt er zur Technischen Universität Chemnitz (TUC), um seine Forschungen auf die nächste Stufe zu heben.
Grenzen des Machbaren hinausschieben
Er wolle in Chemnitz „die Grenzen des Machbaren im Bereich der Mikro- und Nanotechnologien“ verschieben und an einer neuen Generation der Mikro- und Nanoelektronik arbeiten, kündigte Prof. Schmidt an. Dabei fokussiert er sich unter anderem auf besonders dünne und biegsame Elektronik sowie Sensoren. Aus denen sollen sich haptische Sensorhandschuhe konstruieren lassen – und später eben auch fühlende Roboterarme. Außerdem möchte der Nanophysiker an seinem neuen Hauptwirkungsort Chemnitz flexible Nanomembranen mit Pigmenten entwickeln, deren Färbung sich durch Gehirnwellen steuern lassen. Dies wäre in der Tat ein wichtiger Schritt hin zu Tarnkappen und elektronische Masken, die dem Gegenüber das Gesicht einer völlig anderen Person vorgaukeln. Auch mittels Nano-Origami zusammengerollte Winzig-Energiespeicher stehen auf seiner Agenda sowie komplexere Mikroraketen-Roboter, die als Notarztkommando durch den menschlichen Körper navigieren.
Chemnitzer Rektor ist entzückt
Der Chemnitzer TU-Rektor Prof. Gerd Strohmeier ist höchst entzückt über seinen Fang: „Im Fußball würde man an dieser Stelle von einem absoluten Top-Transfer sprechen“, verkündete er heute den Wechsel seines neuen Spitzenforschers Schmidt von Dresden nach Chemnitz. Das sei wie eine vorgezogene Weihnachtsbescherung für die Stadt.
Schmidt darf sich in „eigenem“ Nanomembran-Zentrum austoben
Schmidt war zwar auch schon in den vergangenen Jahren in Chemnitz geforscht, war aber primär als Direktor des Instituts für Integrative Nanowissenschaften am Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) in Dresden sowie Professor der TU Dresden tätig gewesen. Nun hat ihn Strohmeier aber abgeworben und dabei unter anderem mit den maßgeschneiderten Forschungsmöglichkeiten für Schmidt im „Zentrum für Materialien, Architekturen und Integration von Nanomembranen“ (Main) der TUC gelockt.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: PK und PM der TUC, Oiger-Archiv, Wikipedia
Video der DFG mit einer Kurzbiografie von Oliver G. Schmidt:
Kurzvita von Oliver G. Schmidt
(Quelle: TUC)
Nach seinem Abitur an der Deutschen Schule in London im Jahr 1990 studierte Oliver G. Schmidt Physik an der Christian-Albrechts-Universität Kiel, am King’s College London und an der Technischen Universität Berlin. 1999 wurde Schmidt an der TU Berlin promoviert und arbeitete anschließend als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart. Nach einem Forschungsaufenthalt an der University of Southern California kehrte er als Forschungsgruppenleiter nach Stuttgart zurück. 2003 habilitierte er sich an der Universität Hamburg.
2007 wurde er als Professor für Materialsysteme der Nanoelektronik an die Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Technischen Universität Chemnitz berufen. Dort baute er auch das „Main“ mit auf. Gleichzeitig wurde er Direktor des Instituts für Integrative Nanowissenschaften am Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden. Er sorgte unter anderem mit dem kleinsten Raketenroboter der Welt und dem kleinsten Bio-Superkondensator der Welt, die er in Dresden und Chemnitz entwickelte, für Schlagzeilen. Auch nach seinem Wechsel nach Chemnitz will der Forscher allerdings seine Honorarprofessur an der TU Dresden behalten.
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