Studie: H2-Motor ist zwar nicht schadstofffrei, aber ökologischer als der Diesel und billiger als die Brennstoffzelle
Zwickau/Leipzig, 7. September 2021. Der Dieselmotor ist zwar weiterhin das „effektivste Transportmittel in einem Gesamtsystem Erzeugung, Transport und Lkw“. Angesichts umweltpolitischer Vorgaben und immer schärferer Abgas-Grenzen wären der ostdeutsche Fahrzeugbau und die Logistikbranche gut beraten, beizeiten praxistaugliche Alternativantriebe auf Basis von Wasserstoff (H2) zu entwickeln. Das geht aus einer Studie „Wasserstoff als Kraftstoff im 40t-Lkw“ hervor, die Prof. Joachim Böhme von der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ) nun für den Automobilindustrie-Verband „Automotive-Cluster Ostdeutschland“ (ACOD) in Leipzig erstellt hat. Darin empfiehlt Böhme ausdrücklich, nicht nur an Brennstoffzellen-Antrieben zu arbeiten, sondern auch an Wasserstoff-Verbrennungsmotoren.
Anders als bei Stromlaster sind 1000 Kilometer Reichweite für H2-Laster kein Problem
H2-Verbrennungsmotor seien zwar nicht abgasfrei wie die Brennstoffzelle, räumt der Studienautor ein. Aber er setzte weit weniger Stickoxide frei als ein Dieselmotor. Auch ist er deutlich billiger als ein Brennstoffzellen-Antrieb und ermöglicht einem 40-Tonner – anders als ein batterie-elektrischer Antrieb – problemlos Reichweiten um die 1000 Kilometer. Zudem wäre die deutsche Fahrzeugindustrie hier weit weniger als bei Brennstoffzelle und Batterie-Lösungen von asiatischen Zulieferungen abhängig. Denn beim Brennstoffzellen-Einsatz für Lkws ist vor allem Japan führend, während europäische Hersteller wie Daimler, MAN, Iveco und Bosch immer noch keine serien- und massenmarkttauglichen Lösungen dafür parat habe. Insofern wäre ein Motor, der Wasserstoff mit Luft oxidiert, durchaus als Brückentechnologie vorstellbar.
Asien dominiert Wertschöpfung bei Brennstoffzelle
„Während die Wertschöpfungskette beim H2-Verbrennungsmotor sich in Deutschland befindet, liegt sie bei der Brennstoffzelle derzeit eher Asien“, warnte Prof. Böhme. „An der Westsächsischen Hochschule Zwickau bestehen zum Beispiel alle ingenieurseitigen Voraussetzungen zur Entwicklung eines schadstofffreien und hocheffizienten Wasserstoff-Verbrennermotors.“
Auch ACOD-Chef Jens Katzek plädiert dafür, den Wasserstoffmotor als Lkw-Antrieb nicht von vornherein auszuschließen. „Das Problem ist nicht der Verbrennungsmotor – sondern, ob der Treibstoff, mit der betrieben wird, die CO2-Belastung erhöht oder nicht!“
Vor allem Tesla trommelt für Batterie-Lösung
Das Pendel der politischen Willensbildung neigt sich derzeit bei der EU und vor allem auch in Deutschland mehr und mehr völlig abgasfreien Lösungen zu. Beim Personenkraftwagen (Pkw) gilt derzeit das batterie-elektrische Konzept als Favorit, beim Lkw eher die Brennstoffzelle – die allerdings weit teurer als ein Diesellaster ist. Vor allem Tesla forciert weiter die Idee, auch Lkws batterielektrisch zu betreiben, hat bisher aber die Terminkette für einen Marktstart immer weiter hinausgeschoben. Ohnehin ist die Skepsis in der Logistikbranche groß, ob die teuren Strom-Laster in überschaubarer Zeit auch nur nahe an die Reichweiten heutiger Diesel-Lkw herankommen werden. Parallel dazu gibt es das Konzept, mit Ökoenergie elektrisch erzeugten Synthese-Diesel einzusetzen, um die Umweltbilanz im Verkehrssektor zu verbessern. Da E-Diesel aber dezentral ebenfalls Abgase erzeugt, gibt es auch Widerstand gegen diese Lösung.
Toyota und Hyundai bei Brennstoffzellen-Lastern vorn
Derweil arbeiten Toyota, Hyundai, Daimler und Nikola Motors teilweise schon seit Jahren an Brennstoffzellen-Lasters – wobei Nikola zuletzt vor allem durch Betrugsvorwürfe in die Schlagzeilen geraten war. Auch Zulieferer Bosch entwickelt derzeit eine alltagstauglichen Brennstoffzelle für den Lkw-Einsatz. Bisher sind Lkw-Brennstoffzellen von aber kaum über Kleinserien hinausgekommen. Als Hauptgründe dafür gelten ihr hoher Preis und das dünne Netz von H2-Tankstellen.
Viele setzen eher auf die stationäre Brennstoffzelle
Europa ist bei Brennstoffzellen und ihren Gegenstücken, den Elektrolyseuren, allerdings keineswegs ein Schlusslicht: Unternehmen wie Bosch, Schaeffler, SFC, Sunfire Dresden, Linde, Viessmann, Siemens und andere arbeiten an solchen Systemen, sind bei stationären Lösungen aber zumeist weiter vorangekommen als bei mobilen Brennstoffzellen. Auch das Fraunhofer-Werkzeuginstitut IWU, die TU Chemnitz, die WHZ, das Fraunhofer-Keramikinstitut IKTS und weitere Protagonisten in Sachsen haben sich ambitionierte Brennstofflösungen – unter anderem für den mobilen Einsatz – auf die Fahnen geschrieben. Daneben arbeiten die Sachsen auch an Wasserstoff-Motoren.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: ACOD, Böhme-Studie, Oiger-Archiv, energie-experten.org
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