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Geflochtener Tank für bessere Wasserstoff-Autos

Unter den Passagieren könnte der Wasserstoff-Tank für einen Brennstoffzellen-Antrieb untergebracht werden - hier visualisiert anhand des von der TU Dresden entwickelten In-Eco-Autos. Visualisierung: TUD/ILK

Unter den Passagieren könnte der Wasserstoff-Tank für einen Brennstoffzellen-Antrieb untergebracht werden – hier visualisiert anhand des von der TU Dresden entwickelten In-Eco-Autos. Visualisierung: TUD/ILK

Dresdner Leichtbauer und BMW arbeiten am Kunststoff-Röhrentank „Bryson“, um Batterie-Autos Paroli zu bieten.

Dresden, 4. Mai 2020. Beim Umstieg auf umweltfreundlichere Antriebe hat VW die deutsche Autoindustrie weitgehend auf akku-gespeiste Elektroautos eingeschworen. Nicht wenige Ingenieure und Manager in Europa wie auch bei Toyota in Japan glauben aber, dass für lange Strecken und schwere Lasten Brennstoffzellen-Fahrzeuge mit Wasserstoff als Energieträger die bessere Wahl sein könnten. Um diesem alternativen Pfad endlich eine Chance zu geben, entwickeln Forscher der Technischen Universität Dresden (TUD) gemeinsam mit BMW-Spezialisten und weiteren Partnern einen neuartigen und sehr flachen Wasserstoff-Tank aus geflochtenen und miteinander gekoppelten Faserverbundstoff-Röhren. Solch ein Tank einer neuen Generation könne dabei helfen, „den Straßenverkehr langfristig emissionsfrei zu gestalten“, betonte Sprecher Thomas Kunz vom TUD-Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK).

Solch ein Multizellenspeicher für Wasserstoff ermöglicht die effiziente Nutzung des knappen Bauraums in modernen Fahrzeugarchitekturen. Abb.: TUD/ILK

Solch ein Multizellenspeicher für Wasserstoff ermöglicht die effiziente Nutzung des knappen Bauraums in modernen Fahrzeugarchitekturen. Abb.: TUD/ILK

Hoffnung auf eine abgasfreie Zukunft

Dieser „Bauraumeffiziente Hydrogenspeicher mit optimierter Nutzbarkeit“ (Bryson) soll in marktübliche Standard-Autokonstruktionen hineinpassen. Vorstellen kann man sich diesen Wasserstoff-Speicher wie einen flachen Stapel Röhren, die miteinander verbunden sind und in den Unterboden eines Fahrzeugs sehr dicht zusammengepresst werden. „Bisher sehen die meisten Ansätze für Wasserstofffahrzeuge große, zylindrische Drucktanks im Fahrzeug vor“, erklärte ILK-Ingenieur Jan Condé-Wolter. „Aufgrund der Größe der Drucktanks ist die Integration in bestehende Fahrzeugplattformen oft mit Nachteilen verbunden, wie reduziertem Raum für Gepäck oder eine Reduktion der Tankgröße, was sich negativ auf die Reichweite auswirkt.“ Mit einem Multizellentank wie dem Bryson könne der Bauraum im Auto weit effektiver ausgenutzt werden.

Video: Flechtrad
im ILK (Video: JeySDi):

Flechten mit dem ganz großen Rad

Die Dresdner steuern für das Verbundprojekt vor allem ihre Expertise in einer innovativen Flechttechnik bei. Dabei flechtet eine Maschine mit einem übermannsgroßen Rad thermoplastische Kunststofffasern zu sehr leichten und doch stabilen Behältern, die dem Druck von zusammengepresstem Wasserstoff standhalten. Diese hochproduktive Flechttechnologie könne die Herstellkosten von Wasserstoff-Tanks für Brennstoffzellen-Fahrzeuge senken und die Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu batterieelektrischen Fahrzeugen verbessern, sind die ILK-Wissenschaftler überzeugt.

Kein Stargate: Das Leichtbau-Institut ILK der TU Dresden - hier mit einer großen Wickelmaschine für Carbon- und Textilfasern. Foto: Heiko Weckbrodt

Kein Stargate: Das Leichtbau-Institut ILK der TU Dresden – hier mit einer großen Wickelmaschine für Carbon- und Textilfasern. Foto: Heiko Weckbrodt

Zudem könnten die verwendeten Thermoplast-Materialien recht einfach wiederverwertet werden, wenn solch ein Auto später einmal verschrottet werden muss. Insofern verbessere sich damit auch die Ökobilanz des Tanks. Auch deshalb fördert das Bundeswirtschaftsministerium das „Bryson“-Projekt. Am Konsortium beteiligt sind das ILK der TU Dresden, BMW, das Leichtbauzentrum Sachsen, die ILK-Ausgründung „Herone“, die Hochschule München und die Handelsgesellschaft „Wela“.

Video: Das "Hydrogen
Next"-Konzept von BMW
für Wasserstoff-Autos (BMW):

H2-Tank und Batterie erreichen Diesel-Energiedichte noch längst nicht

Hintergrund: Heutige Batterien wie auch Wasserstofftanks kommen auf eine weit geringere Energiedichte als beispielsweise ein Dieseltank mit gleichem Volumen. Die damit gebauten Elektroautos sind teurer, aufwendiger im Aufbau und haben eine geringere Reichweite als solche mit Verbrennungsmotoren. Dieses Problem gilt umso mehr für batterielektrische Lkws, an denen zum Beispiel Tesla und Daimler arbeiten.

So sieht das BMW-Konzept im Moment noch aus: Zwei 700-Bar-Röhrentanks fassen zusammen sechs Kilogramm Wasserstoff. Der Tankvorgang soll damit nur drei bis vier Minuten dauern. Abbildung: BMW

So sieht das BMW-Konzept im Moment noch aus: Zwei 700-Bar-Röhrentanks fassen zusammen sechs Kilogramm Wasserstoff. Der Tankvorgang soll damit nur drei bis vier Minuten dauern. Abbildung: BMW

BMW sieht mittel- und langfristig Chancen für Brennstoffzellen-Autos

Eine echte Alternative wären Brennstoffzellen-Fahrzeuge: Mit Wasserstoff vollgetankt könnten sie genug elektrische Energie erzeugen, um an die Reichweite von Diesel-Vehikeln heranzukommen. Allerdings sind Brennstoffzellen noch recht teuer und schwer. Außerdem ist es schwierig, Wasserstoff genügend dicht und sicher zu packen, um mit der Energiedichte von Lithium-Ionen-Akkus oder Diesel-Tanks zu konkurrieren. Und eben dieses Problem wollen die „Bryson“-Partner nun wenigstens teilweise lösen. Bei BMW rechnen die Manager zwar nicht damit, dass in naher Zukunft Wasserstoff-Fahrzeuge eine große Rolle auf den deutschen Straßen spielen – mittelfristig sehen sie dafür aber durchaus Chancen. Erst kürzlich hatte der Münchner Autokonzern ein entsprechendes Antriebskonzept für ein künftiges Wasserstoffauto vorgestellt – mit der TU Dresden als einem der Forschungspartner.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: BMW, TUD, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt