Weltweit kleinster Bio-Kondenstor soll bei Krebsdiagnostik helfen
Chemnitz, 23. August 2021. Winzige Sensor-U-Boote, die im Blut von Patienten mitschwimmen, sollen in naher Zukunft die Diagnose von Krebs und anderen schweren Erkrankungen beschleunigen. Um solche Mini-Sensorlabore mit Energie zu versorgen, hat ein Team um Professor Oliver G. Schmidt von der TU Chemnitz nun einen winzigen Biosuperkondensator konstruiert. Dieser Energiespeicher ist etwa 3000 Mal kleiner als alle bisherigen Bio-Kondensatoren. Das geht aus einer gemeinsamen Veröffentlichung der Chemnitzer Uni sowie der Leibniz-Institute für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) und für Polymerforschung (IPF) in Dresden hervor.
Vision: Sensor-U-Boote schwimmen durch die Blutbahnen
„Die Architektur unserer Nano-Bio-Superkondensatoren bietet die erste potenzielle Lösung für eine der größten Herausforderungen – winzige integrierte Energiespeicher, die den autarken Betrieb multifunktionaler Mikrosysteme ermöglichen“, betonte Dr. Vineeth Kumar aus dem Schmidt-Team. Damit rücke der Einsatz winzig kleiner Medizinroboter immer mehr in greifbare Nähe, sind die Forscher überzeugt: „Es ist äußerst ermutigend zu sehen, wie eine neue, extrem flexible und adaptive Mikroelektronik in die miniaturisierte Welt der biologischen Systeme vordringt“, erklärte Professor Schmidt.
Stromlieferant für mindestens 16 Stunden
Der nun in Chemnitz und Dresden entwickelte Stromspeicher ist kleiner als ein Staubkorn, hat das Volumen eines einigen Nanoliters und liefert über 16 Stunden lang im Patientenkörper die Strom. Dabei ist im Maximum die typische Spannung einer Knopfzelle möglich, also etwa 1,6 Volt. Als Elektrolyten verwende der bioverträgliche Kondensator keine giftigen chemischen Substanzen, sondern das Blut selbst, versicherte Schmidt. Durch Redox-Enzyme und lebende Zellen im Blut sei es möglich, die Leistung dieses Bauteils im 40 Prozent zu steigern.
Sensor-Supercap-Röhre misst Blut-Übersäuerung
Ein erstes Anwendungsszenario für solche Nano-Energiespeicher haben Forscher aus Sachsen auch schon prototypisch erprobt: Sie haben ihren Biokondensator mit einem winzigen Ringoszillator kombiniert, den sie mit einer selbstentwickelten Dünnschicht-Transistortechnologie hergestellt haben. Mittels Origami-Spannungstechnik erzeugten sie daraus ein röhrenförmiges Gespann aus Speicher und Sensor, das den pH-Wert von Blut ermitteln kann. Diese Daten können künftig Ärzten bei ihren Diagnosen helfen. Denn sowohl übersäuertes wie auch basisches Blut kann ein Indiz für gesundheitliche Störungen sein – von Vergiftungen bis hin zu Tumoren.
Oliver Schmidt und seine Kollegen hatten in der Vergangenheit schon mehrfach für Schlagzeilen an der Schnittstelle zwischen Medizin, Mikromechanik und Mikroelektronik gesorgt. Unter anderem bauten sie den – laut eigenen Angaben – kleinsten Raketenroboter der Welt für den Einsatz im menschlichen Körper.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quelle: TUC
Wissenschaftliche Publikation:
Lee, Y., Bandari, Li, Z., Vineeth Kumar Bandari, Oliver G. Schmidt und andere: „Nano-biosupercapacitors enable autarkic sensor operation in blood“, in: Nat Commun 12, 4967 (2021). Link zum Beitrag: https://www.nature.com/articles/s41467-021-24863-6
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