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Baut TSMC eine milliardenteure Chipfabrik in Dresden?

Vor allem die modernen 300-mm-Fabriken von TSMC sind stark ausgelastet. Foto: TSMC

Vor allem die modernen 300-mm-Fabriken von TSMC sind stark ausgelastet. Foto: TSMC

Taiwanesen und Dresdner wollen Meldungen nicht kommentieren

Dresden, 14. Juli 2021. Die weltweit größte Halbleiter-Foundry „TSMC“ aus Taiwan erwägt laut Meldungen von Branchenmagazinen, in Dresden und im japanischen Kumamoto große Chipfabriken zu bauen. An beiden Standorten habe TSMC „Vereinbarungen mit lokalen Behörden getroffen und sei in Gesprächen mit lokalen Kunden“, heißt es Berichten von „Digitimes“ und „EE News Europe“.

Angeblich steht milliardenteure 12-Nanometer-Fab zur Debatte

Zur Debatte steht demnach in Sachsen eine Fabrik, die integrierte Schaltkreise der Strukturgenerationen 12 und 16 Nanometer herstellt. Dies liegt zwar etwa drei Generationen hinter der von der EU gewünschten Fabrik der Zwei-Nanometer-Klasse. Dennoch wäre auch das für Europa bereits ein großer Fortschritt. Sollten sich diese Meldungen bestätigen, würde dies ein- bis zweistellige Milliardeninvestitionen der Taiwanesen in Dresden nach sich ziehen und den gesamten Mikroelektronik-Standort stark aufwerten.

TSMC in Schweigeperiode

Die Taiwanesen und die Landeshauptstadt Dresden wollen diese Meldungen weder bestreiten noch bestätigen. TSMC befinde sich derzeit in einer börsenrechtlichen Schweigeperiode („quiet period“), in der das Unternehmen keine Kommentare dazu abgeben dürfe, erklärte Mark Pinsent im Namen von TSMC auf Oiger-Anfrage.

Robert Franke leitet die städtische Wirtschaftsförderung in Dresden. Foto: Frank Grätz für die LHD

Robert Franke leitet die städtische Wirtschaftsförderung in Dresden. Foto: Frank Grätz für die LHD

Wirtschaftsförderung will „konkrete Verhandlungen mit einzelnen Akteuren weder bestätigen noch kommentieren“

„Der weltweite Halbleiter-Mangel führt dazu, dass sich die Hersteller mit Erweiterungs- und Ansiedlungsvorhaben Europas größten Mikroelektronikstandort genauer ansehen“, erklärte der Dresdner Wirtschaftsförderungs-Chef Robert Franke ebenfalls auf Oiger-Anfrage. „Wir bitten um Verständnis, dass wir konkrete Verhandlungen mit einzelnen Akteuren weder bestätigen noch kommentieren können.“ Ein klares Dementi klingt anders.

Nach Trump-Singularität könnten Taiwanesen auch anderswo investieren

TSMC ist der weltweit größte Auftragsfertiger für Chips und beherrscht die modernsten Produktionsverfahren, die nur noch Samsung, nicht aber beispielsweise der US-Halbleiterkonzern Intel in den Griff bekommen hat. In der Vergangenheit hatte das Unternehmen seine Produktionskapazitäten in Taiwan konzentriert und zeigte auch wenig Interesse daran, das zu ändern. Auf Druck des früheren US-Präsidenten Donald Trump (Republikaner) wich die Konzernspitze aber bereits von diesem Dogma ab und kündigte den Bau einer großen Chipfabrik in den USA an. Insofern ist ein Expansion nach Deutschland und Japan – beides wichtige Mikroelektronik-Abnehmerländer – inzwischen nicht mehr abwegig für die Taiwanesen. Zudem wollen die EU und speziell auch Deutschland Milliarden-Subventionen in einen neuen Anlauf für eine Mikroelektronik-Aufholjagd pumpen.

Intel-Chef Pat Gelsinger. Foto: Intel

Intel-Chef Pat Gelsinger verhandelt dem Vernehmen nach auch über Subventionen für den Bau von neuen Intelfabriken in Europa – zur Debatte steht auch hier der Standort Dresden. Foto: Intel

Auch Intel liebäugelt mit Fabrikbau in Sachsen

Dem Vernehmen nach liebäugelt deshalb auch Intel mit dem Bau mehrerer großer Chipfabriken in Deutschland und womöglich speziell in Sachsen – dem größten deutschen Mikroelektronik-Standort. Bereits in den vergangenen Wochen war durchgesickert, dass die EU und wohl auch der deutsche Wirtschaftminister Peter Altmaier (CDU) parallel sowohl mit Intel, TSMC und womöglich auch anderen potenziellen Halbleiterkonzernen über bezuschusste Großinvestitionen in Sachsen diskutieren.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier bei einem Besuch bei Infineon Dresden am 1. Juli 2021. Foto: Heiko Weckbrodt

Wirtschaftsminister Peter Altmaier bei einem Besuch bei Infineon Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Ansiedlung hätte Vorteile für beide Seiten

Derzeit stellt die größte Chipfabrik in Sachsen – Globalfoundries Dresden – Schaltkreise bis hinunter zu 22 Nanometern her, feinere Strukturklassen sind noch nicht möglich. Die Glofo-Technologie zielt allerdings auch in eine besondere Marktnische. Insofern würden TSMC und Globalfoundries – obwohl beides Auftragsfertiger – sich am Standort eher ergänzen, als direkt zu konkurrieren. Durch solch eine Großinvestion in Sachsen würde TSMC jedenfalls näher an zunehmend wichtige Kunden aus Europas Autoindustrie und Maschinenbau heranrücken. Zudem hatten Trumps protektionistische Handelskriege, die Corona-Krise und weitere Störungen des freien Welthandels auch den Taiwanesen vor Augen geführt, dass es vielleicht gar nicht so schlecht ist, Produktionsstandorte auf mehreren Kontinenten und in verschiedenen Zielmärkten zu haben.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: TSMC, LHD, Digitimes, EE News Europe

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt