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Wenn Corona den Urlaub streicht, starten die Raketen

Der Innenhof der Technischen Sammlungen Dresden ist einsturzgefährdet. Menschen trägt er noch, für Autos ist er aber schon gesperrt. Foto: Heiko Weckbrodt

Der Innenhof der Technischen Sammlungen Dresden ist einsturzgefährdet. Menschen trägt er noch, für Autos ist er aber schon gesperrt. Foto: Heiko Weckbrodt

Technische Sammlungen Dresden locken mit Quanten, Klimawandel und 5G-Debatten

Dresden, 5. Juni 2020. Direktor Roland Schwarz rechnet auch nach der Corona-Zwangspause mit deutlich weniger Besuchern in den Technischen Sammlungen Dresden (TSD) als früher üblich. Er will aber mit neuen Attraktionen gegensteuern und dabei auch heiß diskutierte Themen wie Klimawandel und 5G-Angst aufgreifen.

Indirekte Seuchenfolgen drücken Besucherzahlen auf Monate

„Seit dem 4. Mai haben wir wieder geöffnet, aber nur mit den klassischen Museumsabteilungen zum Anschauen, ohne die interaktiven Teile. Die Besucherzahlen steigen zwar langsam, aber es sind eben weit weniger als sonst“, skizziert der TSD-Direktor die Lage. „Ab Samstag öffnen wir als ersten interaktiven Abschnitt das Erlebnisland Mathematik wieder – aber für höchstens 60 Besucher.“ Normalerweise, so Schwarz, würden oft rund 200 Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichzeitig dort knobeln und spielen. Wegen Abstandsregeln, Exponat-Desinfektionen und anderen Hygiene-Auflagen seien die Spielräume derzeit aber eben stark eingeschränkt. So müsse es am Matheland – und später wohl auch an den peu à peu öffnenden anderen Mitmach-Abteilungen – Einlasskontrollen geben. Insofern drückt Corona wahrscheinlich noch über Monate hinweg die Besucherzahlen und Ticket-Einnahmen des Mitmach-Technikmuseums in Striesen und treibt dafür die Betriebskosten in die Höhe.

Hof einsturzgefährdet, Reparatur steht in den Sternen

Hinzu kommen die indirekten Folgen: Als der Ernemann-Komplex noch eine Kamerafabrik und kein Museum war, wurde der gesamte Innenhof unterkellert. Inzwischen sind diese Unterbauten marode, dass der Innenhof für Autos gesperrt werden musste. Ihn zu sanieren, gilt als Top-Priorität im Verbund der städtischen Museen. Zudem will Schwarz dort schon seit Jahren einen dauerhaften Wissenschaftsgarten für die Freiluft-Aktivitäten und Feste des Museums einrichten. Wegen der Corona-Haushaltssperre ist aber nun noch nicht mal absehbar, wann der Stadtrat Geld dafür springen lässt.

Roland Schwarz, Direktor der Technischen Sammlungen Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Roland Schwarz, Direktor der Technischen Sammlungen Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Müsste der Innenhof irgendwann auch für Fußgänger gesperrt werden, bekäme das Museum ein noch viel ernsteres Problem, warnt Schwarz: „Dann könnten wir ganz zumachen, weil über den Hof Rettungswege führen.“

Mehr Ferienspiele, wenn Familien daheim bleiben müssen

Aber deshalb werfen die TSD-Leute die Flinte längst nicht ins Korn: Sie arbeiten nun an neuen Angeboten, die auch ohne anrückende Bagger machbar sind. So bereiten die Museumspädagogen für diesen Sommer besonders viele Ferienspiele mit Solar-, LED- und Wasserraketen-Basteleien vor, weil sie damit rechnen, dass viele Familien 2020 gar nicht verreisen können.

Neues „Schaufenster“ für Top-Forschungsprojekte in Dresden

Auch will Schwarz – mit corona-bedingter mehrmonatiger Verzögerung – im September ein „Schaufenster der Forschung“ an der Junghansstraße eröffnen: Dort wollen Wissenschaftler und TSD-Kuratoren gemeinsam wechselnde Ausstellungen über besonders faszinierende Forschungen in Dresden zeigen. Zum Start erklären die Experten vom Uni-Exzellenzcluster „ct.qmat“, warum „toplogische Eigenschaften von Quantenmaterialien“ so eine aufregende Sache sind. „Das klingt zwar trocken, hat aber enormes Zukunftspotenzial für die Informationstechnologien“, orakelt Roland Schwarz.

5G-Antennenmast von Vodafone an der Overbeckstraße in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

5G-Antennenmast von Vodafone an der Overbeckstraße in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Dialog über 5G-Risiken geplant

Parallel dazu erklären Barkhausen-Elektroniker von der TU Dresden ihre Arbeit am Internet der Dinge und an wirklich abhörsicherer Kommunikation. Zudem möchten sie mit den Besuchern über jene 5G-Ängste reden, die englische Radikale jüngst dazu trieben, Stationen für den Mobilfunk der 5. Generation (5G) anzuzünden, um Corona auszubremsen. „Wir planen da Dialogveranstaltungen inklusive der Kontroversen und Risiken rund um 5G“, verspricht der Direktor. Ein wenig später startet eine neue Dauerausstellung: Unter dem Titel „Wolke 8“ wollen Leibniz-Forscher und Museumsexperten in der achten Etage des Ernemann-Turmes den Klimawandel beleuchten. „Das war eigentlich für April geplant“, erzählt Schwarz. „Doch dann kam Corona.“ Deshalb werde Wolke 8 wohl erst im Januar 2021 aufsteigen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Interview TSD-Direktor Schwarz, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt