Medizin & Biotech, News, zAufi

Corona greift Riech-Zellen der Kranken an

Wie sicher sind Corona und der Verlust des Geruch- oder Geschmackssinnes gekoppelt? Eine internationale Umfrage soll das klären. Foto: Heiko Weckbrodt

Wie sicher sind Corona und der Verlust des Geruch- oder Geschmackssinnes gekoppelt? Eine internationale Umfrage ist dabei, das zu klären. Foto: Heiko Weckbrodt

Internationale Studie: Berichte über Geschmacksverlust könnten auf Missverständnissen beruhen

Dresden, 1. Juni 2020. Manche Corona-Kranke verlieren die Fähigkeit zu riechen – und dieser Schaden kann in manchen Fällen dauerhaft sein. Diese zunächst nur vereinzelt aus China berichteten Befunden haben sich nun in der Zwischenauswertung einer internationalen Studie bestätigt. Demnach greift das Corona-Virus offenbar Zellen des Riechepithels an. Das teilte Professor Thomas Hummel von der Medizinischen Fakultät der TU Dresden mit, der die Studie in Sachsen betreut hat.

25.000 Probanten werden befragt

Nachdem Covid19-Patienten zunächst vereinzelt berichtet hatten, sei könnten nicht mehr riechen und schmecken, taten sich rund 600 Wissenschaftler weltweit zusammen, um dies zu überprüfen. Sie befragten insgesamt über 25.000 Probanten. Eine erste Zwischenauswertung liegt nun vor und basiert auf den Antworten von 4039 Studienteilnehmern aus reichlich 40 Ländern, bei denen durch Tests oder durch klinische Methoden Corona diagnostiziert worden war. Demnach mindert das Virus deutlich die Fähigkeit der Kranken, zu riechen, zu schmecken und anderweitig chemische Reize wahrzunehmen.

Professor Thomas Hummel . Foto: TUD

Professor Thomas Hummel . Foto: TUD

Geruchsverlust kann Corona-Indiz sein

Die Betroffenen haben dabei aber keine verstopfte Nase, wie es bei Riechstörungen durch eine Grippe manchmal vorkommt. Daher werten die Mediziner diese Riech- und Schmeckstörungen als Indizien, um zusammen mit anderen Kriterien eine Covid19-Erkrankung treffsicherer zu diagnostizieren. Auch könnte dieser Befund auch telemedizinische Diagnosen erleichtern, sprich: Ein geschulter Arzt könnte auch durch eine Befragung etwa in einem Videotelefonat mit einem potenziellen Patienten leichter klären, um weitere Corona-Tests überhaupt sinnvoll sind. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine plötzlich aufgetretene Störung der chemosensorischen Funktion als möglicher Indikator für eine Covid-19-Infektion angesehen werden sollte“, erklärte Professor Thomas Hummel, der am Dresdner Uniklinikum das interdisziplinäre Zentrum „Riechen und Schmecken“ leitet.

Manche riechen auch nur „falsch“

In der Online-Befragung hatten die Corona-Kranken unter anderem berichtet, dass sie vorübergehend überhaupt nichts mehr riechen konnten. „Einige berichten aber auch von Geruchsverdrehungen, bei denen Gerüche nur in Teilen erfasst werden, was zu sehr unangenehmen Wahrnehmungen führen kann“, teilte das Uniklinikum Dresden mit. Dass viele Patienten parallel auch über Veränderungen bei der Geschmackswahrnehmung berichten, könnte laut Prof. Hummel ein Interpretationsfehler sein, weil sie nicht mehr richtig riechen können.

Selbstheilung wahrscheinlich

Immerhin gibt es Hoffnung Da sich die Zellen des Riechepithels regelmäßig erneuern, klingt bei vielen Covid-19-Patienten die Geruchsstörung wieder ab. Professor Hummel vermutet, dass Frauen von der Wahrnehmungsstörung stärker betroffen sind als Männer, „weil sie besser riechen und damit die Einschränkung auch intensiver wahrnehmen“.

Autor: hw

Quelle: Uniklinik Dresden / Med. Fakultät der TUD

Wissenschaftliche Publikation:

Der Vorabdruck (doi: 10.1101/2020.05.04.20090902) ist unter https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.05.04.20090902v3 einsehbar. Die gutachterliche Beurteilung der Veröffentlichung ist noch nicht abgeschlossen. Die Bewertung soll in der Zeitschrift Chemical Senses publiziert werden.

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt