IHK Dresden: Die Pandemie wird die vernetzte Weltwirtschaft nicht entglobalisieren – aber womöglich auch in Sachsens Industrie für ein Umdenken sorgen
Dresden, 24. März 2020. Die Corona-Pandemie und die vorausgegangenen Handelskriege werden die Globalisierung nicht rückgängig machen. Aber ein „Weiter so wie früher“ wird es danach wohl auch nicht geben. Für die sächsische Wirtschaft stehe derzeit zwar die Krisenbewältigung im Vordergrund, meint Lars Fiehler, der Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden. Doch langfristige Konsequenzen seien danach auch hier sinnvoll und nötig.
Die Kehrseite der Just-in-Time-Produktion
„Corona wird keine Rolle rückwärts auslösen“, ist Fiehler überzeugt. „Das arbeitsteilige Arbeiten in einer vernetzten Welt ist ein sehr erfolgreiches Modell. Aber die Industrie wird sich fragen müssen, ob sie die Vernetzung und die Just-in-Time-Produktion ohne größere Lagerbestände nicht zu weit getrieben hat.“
Wenn China ausfällt, stottert die Industrie in Europa
Denn das Corona-Virus hat zu Jahresbeginn viele chinesische Zulieferer-Betriebe binnen weniger Wochen oder gar Tage lahmgelegt. Kurz darauf wurden auch die Grenzen für Zulieferer und Arbeiter aus Osteuropa immer weniger durchlässig. All dies offenbarte, wie verletzlich eine zu knapp auf Kante vernetzte Industrie in solch eine Krise ist. Ein Fruchtsaft-Hersteller aus Ostsachsen beispielsweise habe seine Schraubverschlüsse bisher komplett in China herstellen lassen, erzählt der IHK-Sprecher. Als die Chinesen wegen Corona nicht mehr lieferten, konnte auch der Getränkeproduzent keine Säfte mehr verkaufen. „Da sollte man schon darüber nachdenken, ob man wirklich jedes Teil unbedingt aus Asien beziehen muss oder den Auftrag nicht doch lieber an eine Firma aus dem Gewerbegebiet nebenan vergibt, die das Teil auch herstellen kann, nur eben für ein paar Cent mehr.“
Auch Klimaschutz und Kostenvorteile der Industrie 4.0 sprechen für mehr Produktion in der Region
Solch eine partielle Neuausrichtung sei auch sinnvoll mit Blick die Klimafolgen langer Transportwege. Dafür spricht aber auch der digitale Wandel in der Wirtschaft. „Viele rechnen damit, dass durch Digitalisierung, Automatisierung und Industrie 4.0 ohnehin der Kostenvorteil vieler Billiglohnländer stark schmelzen wird“, betont Fiehler.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quelle: IHK Dresden
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