Die Forscher wollen mehr Firmen ausgründen. Die Wirtschaftsförderer drängen auf eine neue Straßenbahn-Trasse zum Fraunhofer-Campus Ost.
Dresden, 4. Dezember 2019. Um mehr Ausgründungen aus Forschungs-Instituten zu ermöglichen und externe Tech-Firmen in Dresden anzusiedeln, will Wirtschaftsförderungs-Chef Robert Franke weitere Technologiezentren in der Stadt bauen. In diesem Zuge plädiert er auch für eine neue Straßenbahnlinie über die Tiergartenstraße zum Fraunhofer-Campus Strehlen und zum Wissenschaftspark Ost. „Die Nachfrage von Unternehmen nach Büros und Laboren ist sehr hoch, die Kapazitäten sind aber bereits stark ausgelastet“, betonte Franke. Selbst die Flächen im jüngst erst vergrößerten Nanocenter in Klotzsche seien inzwischen zu 90 Prozent belegt. „Das heißt: Wir müssen neu investieren.“
Ausbau der „Universellen Werke“ ist eine Option
Erweiterungsmöglichkeiten sieht Franke einerseits neben dem Nanocenter im Norden und andererseits in den „Universellen Werken“ im Süden: Das Immobilien-Unternehmen Immopact und die Stadt haben an der Zwickauer Straße schon einen Teil der ehemaligen Maschinenbau-Fabrik saniert zu einem Technologiezentrum umgebaut. Eingemietet haben sich da bereits Ableger der TU-Leichtbauer, ein DLR-Forschungsinstitut, ein koreanisches Entwicklungszentrum und Überreste des Digitalpapier-Unternehmens „Plastic Logic“. Andere Flügel der „Universellen Werke“ wären für ein erweitertes Technologiezentrum umrüstbar.
Spagat nötig: Radschnellstraße und Ausbau für Autoverkehr zum Tech-Zentrum
Allerdings muss Franke, der neben der Wirtschaftsförderung momentan auch das Straßen- und Tiefbauamt leitet, eher oder später einen Kompromiss mit der Radfahrer-Lobby finden. Denn weil Budapester und Chemnitzer Straße wenig radlerfreundliche Pisten sind, steht eine breite Fahrrad-Schnellstraße an der parallel dazu verlaufenden Zwickauer Straße zur Debatte. Ein neues und wachsendes Technologiezentrum wiederum funktioniert nicht ohne eine leistungsfähige Anbindung für Autos und Laster. Die holprige „Zwickauer“ muss daher dringend auch für den Straßenverkehr ertüchtigt werden. Indes müsse das andere nicht ausschließen, erklärte Franke auf Nachfrage und versprach: „Wir finden eine Lösung.“
Neues Technologiezentrum im Osten Dresdens geplant
Schwieriger dürfte die Verkehrslösung für ein ganz neues Technologiezentrum sein, das Franke nahe der Reicker Straße bauen lassen will. Dort entsteht nämlich ohnehin ein Gewerbegebiet namens „Wissenschaftspark Ost“. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) will darin vor allem Hochtechnologie-Ausgründungen vom benachbarten Fraunhofer-Institutscampus Bauland offerieren.
Immer wieder Verzögerungen für den Wissenschaftspark Ost
Daran laboriert er allerdings bereits seit Jahren herum – seit der Zeit, als er noch Wirtschaftsbürgermeister in Dresden war. Eigentlich sollte der Gewerbepark 45 Hektar zwischen Reicker Straße und Bahnlinie umfassen und längst fertig sein. Doch dann gab es Mittelkürzungen durch den Stadtrat. Auch erwiesen sich Umzugs-Verhandlungen mit Kleingärtnern, die auf einem Teil der Fläche sitzen, als schwierig. Zudem liegt immer noch nicht das Okay vom Eisenbahn-Bundesamt vor, eine alte Bahnunterführung für Autos wiederzueröffnen. Doch ohne solch eine Verbindung zu den Fraunhofer-Instituten auf der anderen Damm-Seite wäre der Gewerbepark nur halb so viel wert. All diese Probleme haben das Vorhaben immer weiter verzögert.
Daher haben die Planer das Gebiet inzwischen in drei Bauabschnitte unterteilt, um überhaupt noch voranzukommen. Das zeigt Wirkung: Erste Grundstücke an der Reicker Straße will Franke demnächst ansiedlungswilligen Firmen anpreisen.
Neuer Plan: Tech-Zentrum und Straßenbahnanschluss sollen Gewerbepark aufwerten
Damit dieses Gewerbegebiet aber ein echter Erfolg und auch für Ausgründer der TU im Süden interessanter wird, hat der Amtsleiter nun neue Pläne geschmiedet. Zum einen möchte er im Wissenschaftspark Ost nicht nur Grundstücke für Firmen offerieren, die selbst bauen. Vielmehr soll dort auch ein fünftes städtisches Technologiezentrum entstehen, das bezugsfertige Mietbüros und -labore bietet. Dafür dringt Franke auf eine leistungsstarke und umweltgerechte Verkehrsanbindung: Von der Uni über den Zelleschen Weg und die Oskarstraße kommend, sollen Straßenbahnen künftig nicht nur links, sondern auch nach rechts in die Tiergartenstraße abbiegen können. Eine neue Trasse solle dann über die Karcherallee in Richtung Wissenschaftspark Ost weiterführen.
Verkehrsbetriebe: Bedarf für neue Strab-Trasse ist da
Das klingt angesichts der Querelen um die „Stadtbahn 2020“-Projekte der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) erst mal utopisch, hat aber durchaus Chancen, realisiert zu werden: „Die Überlegung gibt es schon lange, über die Tiergartenstraße eine Straßenbahnlinie bis nach Blasewitz zu führen“, erklärte DVB-Sprecher Falk Lösch. „Den Bedarf dafür sehen wir.“
Bisher wenig Begeisterung im Villenviertel
Allerdings müssen die Verkehrsbetriebe dicke Bretter bohren, bis die Blasewitzer eine Straßenbahn in ihrem Villenviertel akzeptieren. „Das wird heute oder morgen nichts – da sprechen wir vielleicht über zehn oder 15 Jahre“, schätzt Lösch.
Erster Schritt: Straßenbahn wird bis zum Betriebshof Gruna verlängert
Schneller realisierbar sei eine Schritt-für-Schritt-Lösung: Etwa binnen fünf Jahren wäre demnach im ersten Schritt eine neue Trasse machbar, die zunächst von der Oskarstraße über die verlängerte Tiergartenstraße bis zum Betriebshof Gruna führt. Von dort wären es dann nur noch ein paar Fußminuten zum Fraunhofer-Campus und zum künftigen Wissenschaftspark „Dort könnte man erst mal eine Gleissschleife hinsetzen und später weiterbauen“, meint Lösch.
Unterm Bahndamm durch
Ohnehin plant die Stadt, die Tiergartenstraße in Zukunft mindestens bis zum bisher toten Ende der Liebstädter Straße weiter zu bauen. Von dieser neuen Kreuzung aus soll die Straße dann weiter durch den Bahndamm zum Wissenschaftspark Ost und zur Reicker Straße führen. Dies könnte die staureiche Rayskistraße etwas entlasten. Auch wäre es für die DVB eine Gelegenheit, an der neuen Straßenbahntrasse zu bauen. Wobei all dem zunächst der Stadtrat zustimmen und auch Geld herausrücken müsste. Denn kosten würde solch eine neue, etwa anderthalb Kilometer lange Trasse samt Schleife einen zweistelligen Millionenbetrag. Auf Zahlen will sich Lösch indes nicht festlegen: „Wir haben bisher weder konkrete Trassenführungen noch Zeitpläne.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Vor-Ort-Recherche, Amt für Wirtschaftsförderung Dresden, DVB, Oiger-Archiv
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