Museumsdirektor fand Reformationsschriften auf Dachboden
Dresden, 4. Dezember 2019. 74 Jahre nach dem Kriegsende hat die sächsische Landes- und Uni-Bibliothek (Slub) heute in Dresden verschollen oder zerstört geglaubte Reformationsschriften zurück bekommen. Das hat Slub-Direktor Achim Bonte mitgeteilt. Dabei handele es sich um neun Predigt- und Erbauungsschriften aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert.
„Ein kleines Wunder“
Die Slub hatte diese Bücher bereits abgeschrieben. Doch dann entdeckte Sebastian Walther, der Direktor des Museums „Alte Pfefferküchlerei“ in Weißenberg bei Bautzen, die Schriften zufällig auf dem Dachboden seines Museums. Er hat sie nun nach Dresden zurückgebracht.
„Natürlich ist es für jeden Historiker gewissermaßen wie Weihnachten, wenn man nach über 70 Jahren der Erste ist, der so einzigartige Zeugnisse der Reformationszeit in den Händen hält“, betonte der Finder. „Vergegenwärtigt man sich, wann diese Drucke und Handschriften entstanden und welchen Weg sie durch die Jahrhunderte mit all ihren Kriegen und politischen Veränderungen genommen haben, so ist es beinahe ein kleines Wunder, dass uns diese Schätze bis heute erhalten sind.“
„Interessante Einblicke in die Netzwerke der Reformationszeit“
Auch Slub-Direktor Bonte freut sich: „Der Fund ist in vielerlei Hinsicht von besonderer Bedeutung. In den Schriften finden sich handschriftliche Vermerke, die interessante Einblicke in die Netzwerke der Reformationszeit ermöglichen. Ein Band enthält zum Beispiel eine eigenhändige Widmung von Johannes Bugenhagen, einem der wichtigsten Wegbegleiter Martin Luthers. Ein anderer stammt vermutlich aus der Bibliothek des Rektors der Fürstenschule St. Afra in Meißen, Georg Fabricius. Ein großer Teil seiner Bibliothek war zwischen 1580 und 1586 von Kurfürst August für seine Bibliothek erworben worden, wodurch diese den ersten Schritt von der privaten Liberey zur Kurfürstlichen, später Königlichen Bibliothek vollzog.“
Viele Kriegsverluste in der Landesbibliothek
Insgesamt hatte die Landesbibliothek – eine der Vorläuferinnen der Slub – während des II. Weltkriegs über 200.000 Bücher, Handschriften und Karten verloren. „Diese sind zum Teil während des Angriffs auf Dresden 1945 vernichtet worden“, schätzen die Bibliothekare ein. „Der größere Teil ist zwischen Mai 1945 und Mai 1946 nach Russland verbracht worden. Bis heute ist der Verbleib vieler Werke ungeklärt.“
Slub digitalisiert die Funde nun
Die Slub-Experten wollen die wiederaufgetauchten Reformations-Werke, insbesondere die handschriftlichen Vermerke, nun digitalisieren und der Öffentlichkeit zugänglich machen.
Autor: hw
Quelle: Slub
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