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Bluray „Golem Wiedergeburt“: Hanna beschwört einen Horror-Beschützer

Hanna (Hani Furstenberg) will zunächst nicht wahrhaben, dass sie einen Beschützer erschaffen hat, der zugleich Vernichter ist. Abb.: Sony

Hanna (Hani Furstenberg) will zunächst nicht wahrhaben, dass sie einen Beschützer erschaffen hat, der zugleich Vernichter ist. Abb.: Sony

100 Jahre nach Paul Wegener interpretieren die Paz-Brüder eine alte jüdische Legende neu

Mit seinem expressionistischen Stummfilm „Der Golem, wie er in die Welt kam“ setzte der deutsche Regisseur Paul Wegener vor 100 Jahren einer alten jüdischen Legende ein Denkmal – und prägte unser Bild von diesem mystischen Beschützer der jüdischen Diaspora in Europa. Die Gebrüder Yoav und Doron Paz haben in ihren Horrorfilm „Golem Wiedergeburt“, der nun fürs deutsche Heimkino erschienen ist, die Wegener-Ideen aufgenommen, aber der alten Legende auch einen neuen Dreh gegeben.

Werbevideo (Sony):

Die Story: Christen geben Juden schuld an der Pest, Dorfschönheit kreiert einer Kindergolem

Ihr Golem nämlich ist zwar auch monströs, aber kein Riese, sondern ein auf den ersten Blick unschuldiger kleiner Junge. Den hat die rothaarige Hanna (Hani Furstenberg), die einst ihr eigenes Kind verlor, aus Lehm, kabbalistischer Weisheit und natürlich einer Schriftrolle geschaffen. Dieser Junge mit dem Wort „Wahrheit“ auf der Stirn soll eine jüdische Dorfgemeinschaft im Litauen des 17. Jahrhunderts vor übergriffigen Christen schützen. Letztere nämlich vermuten schwarze jüdische Magie hinter dem Pestausbruch, der ihre eigenen Reihen lichtet. Sie drohen, das ganz Dorf auszulöschen, wenn die Juden nicht die Tochter ihres Anführers retten – was ohne Antibiotika natürlich etwas schwierig ist. Deshalb spricht Hanna die Worte und formt die Erde … und entfesselt eine Kraft und Eigendynamik, die sie bald kaum noch zu beherrschen kann.

Die Pestmasken der christlichen Nachbarn erinnern in "Golem Wiedergeburt" ein wenig an die Masken der Weltkriege oder aus "Starwars". Abb.: Sony

Die Pestmasken der christlichen Nachbarn erinnern in „Golem Wiedergeburt“ ein wenig an die Masken der Weltkriege oder aus „Starwars“. Abb.: Sony

Von Bildsprache der alten flämischen Meister inspririert

So etwas kann in Horror-Müll ausarten, tut es bei den Paz-Brüdern aber dankenswerterweise nicht: Ihr neuer Golem hat interessante Facetten, erzählt in einer kurzen, aber dichten Geschichte und mit einer Bildsprache, die stellenweise an die alten flämischen Meister erinnert. Da und dort streuen die Macher kleine Anachronismen ein, etwa die Glaselemente der Pestmasken, die den Träger zu einer Art Darth Vader machen. Auch entwickelt ihre Idee, ihren Golem zum impulsgetriebenen Kinde zu machen, einen ganz eigenen Reiz im Gegensatz zwischen dem unschuldigen Äußeren und der wilden, oft grausamen Kraft des künstlich geschaffenen Wesens. Und doch kommen sie immer wieder auf ein ursprüngliches Motiv der Golem-Sage zurück, das alte Vorstellungen vom gottgegebenen Gleichgewicht in der Welt aufnimmt. Tenor: Wer mit schwarzer Magie experimentiert, sich gewissermaßen einen Vorteil gegen einen übermächtigen Gegner vom großen Schöpfer „borgt“, der muss eher oder später auch dafür bezahlen…

Der Golem ist ein Kind - zügellos, impulsiv, gierend nach Liebe, grausam. Abb.: Sony

Der Golem ist ein Kind – zügellos, impulsiv, gierend nach Liebe, grausam. Abb.: Sony

Nur wenig Bonusmaterial

Sicher wäre es interessant, mehr über die Gedanken der Macher darüber zu erfahren. Als Bonus hat Tiberius-Film der Bluray aber leider nur ein paar Schnipsel beigefügt – ein kurzes Making-Of, ein paar geschnittene Szenen und ein eher nichtssagendes Kurzinterview mit den Paz-Brüdern.

Zum Weiterlesen:

Der Golem erwacht zu DJ-Klängen

Die Mühle und das Kreuz

Fazit: Überraschend gut

Abgesehen davon ist „Golem Wiedergeburt“ ist eine klare Empfehlung für Cineasten wie auch für Freunde alter Sagenwelten: Dies ist mehr als nur ein Horror-B-Movie, sondern eine ganz eigene, faszinierende Neu-Interpretation einer jüdischen Legende in teils sehr schönen Bildern.

Kurzüberblick:

  • Titel: „Golem Wiedergeburt“
  • Genre: Horror
  • Alterseinstufung: FSK 16
  • Länge: 95 Minuten
  • Studio: Epic
  • Produktionsland und -jahr: Israel 2018
  • Regie: Doron Paz, Yoav Paz
  • Darsteller: Hani Furstenberg, Ishai Golan, Adi Kvetner, Brynie Furstenberg, Lenny Ravich
  • Deutsche Heimkino-Veröffentlichung: Sony / Tiberius-Film 2019
  • Preis: Bluray 13 Euro, DVD 11 Euro

 

Autor der Rezension: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt