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DDR-Forschungsreaktor Dresden-Rossendorf eingeebnet

Experimentiereinrichtungen am Forschungsreaktor. Foto: VTKA

Experimentiereinrichtungen am Forschungsreaktor in Rossendorf zu DDR-Zeiten. Fotonachweis: VTKA

Radioaktive Abfälle harren allerdings weiter auf ein Endlager

Dresden-Rossendorf, 15. September 2019. 62 Jahre nach seinem ersten Start ist der Forschungsreaktor in Dresden-Rossendorf nun endgültig Geschichte: Der eigenes dafür eingesetzte Verein „Strahlenschutz, Analytik & Entsorgung Rossendorf“ (VKTA) hat den Reaktor und dessen Gebäude abgerissen. Ab dem 19. September 2019 fällt die einst mit so viel Aufwand von der damals noch jungen DDR installierte Anlage aus dem bundesdeutschen Atomgesetz heraus, wie der VKTA jetzt angekündigt hat.

Das Bild zeigt den einbau der Reaktorgrundplatte (um 1956?). Fotonachweis: VTKA

Das Bild zeigt den einbau der Reaktorgrundplatte (um 1956?). Fotonachweis: VTKA

1955 stieg DDR in Kerntechnik ein

Die Entlassung aus dem Atomgesetz ist eine Art offizieller Schlussstrich unter das ostdeutsche Nuklearprogramm. 1955 hatten die SED-Parteispitze und die Regierung beschlossen, dass die DDR mit sowjetischer Hilfe in die „friedliche Nutzung der Kernenergie“ einsteigt. Eines der ersten Großprojekte war der Forschungsreaktor für das neue „Zentralinstitut für Kernforschung“ (ZfK), das in den Wald von Dresden-Rossendorf hineingebaut wurde. Dieser Reaktor diente – anders als die späteren Aggregate in Rheinsberg und Greifswald – nicht der Energieerzeugung, sondern sollte ostdeutsche Ingenieurprojekte für Kernkraftwerke ermöglichen und radioaktive Stoffe für den medizinischen und industriellen Einsatz erzeugen. „Nach kurzer Bauzeit wurde der Forschungsreaktor Ende 1957 erstmals kritisch und konnte mit mehr als 100.000 Stunden sicher bis 1991 betrieben werden“, ruft der VKTA in Erinnerung.

Blick in die Reaktorwarte Rossendorf zu DDR-Zeiten. Foto: VTKA

Blick in die Reaktorwarte Rossendorf zu DDR-Zeiten. Fotonachweis: VTKA

Aus nach der Wende

Nach der Wende wurde der Reaktor stillgelegt. Das frühere Akademie-Institut ZfK wandte sich neuen Forschungsaufgaben zu: Inzwischen gehört es zur Helmholtz-Gemeinschaft und konzentriert sich beispielsweise auf Materieforschung, starke Magnetfelder, Superlaser und Medizintechnik. Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf kümmert sich auch weiter um die Produktion radioaktiver Isotopen für Ärzte, hat dafür aber eigene Anlagen gebaut. Der 1992 gegründete VKTA kümmerte sich derweil um die Beseitigung der radioaktiven Altlasten. Seitdem sind große Teile dieser Aufgabe bewältigt: Der Reaktor, seine Infrastruktur, die anderen kerntechnischen Einrichtungen wie die Isotopenproduktion und Anlagen der nuklearen Entsorgungswirtschaft sind nun wieder eine grüne Wiese. „Die Fläche steht wieder dem Forschungsstandort für eine freie Nutzung zur Verfügung“, betont Vereinsdirektor Dr. Dietmar Schlösser.

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Reaktorbetrieb in Rossendorf um 1970. Fotonachweis: VTKA

Reaktorbetrieb in Rossendorf um 1970. Fotonachweis: VTKA

Warten auf das Bundes-Endlager „Konrad“

Allerdings kann sich der Verein noch nicht auflösen, denn die wohl problematischste Altlast bleibt: „Die Entsorgung der radioaktiven Abfälle in das Bundes-Endlager Konrad, welches voraussichtlich erst 2027 öffnet, wird aus heutiger Sicht noch bis 2056 andauern“, schätzt die VKTA-Spitze ein. „Gleichermaßen ist der Verbleib der im Zwischenlager Ahaus befindlichen Brennelemente derzeit ungeklärt. Ein Endlager des Bundes für diese Abfälle soll frühestens 2051 zur Verfügung stehen.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: VTKA, Oiger-Archiv, HZDR

Wo einst das Reaktorgebäude stand, ist heute eine Wiese mit Bäumen. Foto: Gregor Beger, VKTA

Wo einst das Reaktorgebäude stand, ist heute eine Wiese mit Bäumen. Foto/ Visualisierung: Gregor Beger, VKTA

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt