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TU Dresden richtet erste 5G-Baustelle in Deutschland ein

Auf der 5G-vernetzten, digitalen Baustelle arbeiten Mensch und Maschine effizienter und machen weniger Fehler, hoffen die Forscher der TU Dresden, Foto: Oliver Koch für die TUD

Auf der 5G-vernetzten, digitalen Baustelle arbeiten Mensch und Maschine effizienter und machen weniger Fehler, hoffen die Forscher der TU Dresden. Foto: Oliver Koch für die TUD

9 Millionen Euro teures Verbundprojekt soll Automatisierung und Vernetzung auf dem Bau vorantreiben

Dresden, 1. August 2019. Ingenieure der TU Dresden wollen eine digital gesteuerte und durch den neuen 5G-Mobilfunk vernetzte Forschungs-Baustelle einrichten – die erste dieser Art in Deutschland. Das hat Professor Jürgen Weber vom Institut für Mechatronischen Maschinenbau heute angekündigt.

Industrie ist mit an Bord

Weber koordiniert das neun Millionen Euro teure Verbundprojekt, an dem sich über 20 Baufirmen, Baumaschinen-Hersteller, Softwareschmieden und weitere Uni-Institute beteiligen. Die Partner möchten bis Mitte 2022 eine automatisierte Pilot-Baustelle in Dresden zum Laufen bringen. Dafür wollen sie Baumaschinen mit digitalen Assistenten und 5G-Modulen nachrüsten und mit einer neuartigen Baustellen-Cloud (Rechnerwolke) vernetzen.

Ziele: Weniger Baumängel, mehr Termintreue, runter mit den Kosten

Im Fokus steht die Zukunft der Baubranche: „Auf Baustellen, die die Vorteile von Digitalisierung und Virtualisierung richtig ausschöpfen, können Maschinen und Menschen effizienter, produktiver und in höherer Qualität arbeiten“, erklärte der Fluidtronik-Spezialist Weber einige Ziele des Projektes. Letztlich könnten der Mobilfunk der 5. Generation (5G), digitale Zwillinge und Computerwolken für einen Produktivitätsschub auf Baustellen führen. Diese und weitere moderne Prozesstechnologien sollen den Pfusch am Bau begrenzen, für mehr Termintreue sorgen, aber auch Kosten und Personal einsparen.

Baumaschinen werden künftig teilautomatisiert arbeiten - ein Mensch wird aber vorerst an Bord weiter gebraucht. An der TU Dresden wollen Ingenieure dies auf einer 5G-Pilotbaustelle erproben. Foto: Oliver Koch für die TUD

Baumaschinen werden künftig teilautomatisiert arbeiten – ein Mensch wird aber vorerst an Bord weiter gebraucht. An der TU Dresden wollen Ingenieure dies auf einer 5G-Pilotbaustelle erproben. Foto: Oliver Koch für die TUD

Digitale Assis sollen Bauleuten helfen, statt sie zu verdrängen

Dabei gehe es aber nicht darum, nur noch Automaten statt Bauarbeiter zu beschäftigen, betonte der Professor. Das Konsortium werde sich noch nicht auf autonome Baumaschinen ohne Menschen an Bord fokussieren, sondern auf die Teilautomatisierung und Vernetzung. „Dabei wollen wir die Maschinenbediener mit digitalen Assistenz-Systemen bei ihrer Arbeit unterstützen“, sagte Weber. Dadurch werden als Baggerfahrer oder Radlader-Bediener nicht unbedingt mehr spezialisierte Facharbeiter benötigt. Dies könnte insofern auch helfen, den Fachkräftemangel auf dem Bau zu mindern – auch ohne dass die Roboter den Menschen die Arbeit wegnehmen.

Cloud hockt im Container und errechnet in Echtzeit digitale Zwillinge

So wollen die Ingenieure beispielsweise Baumaschinen nachautomatisieren. Mit speziell dafür entwickelten 5G-Sendern sollen sich Bagger, Radlader, Kipper oder Bauroboter sehr schnell untereinander abstimmen, ihre Positionen und aktuellen Aufgaben an Leitrechner senden und auch mit ihren menschlichen Kollegen kommunizieren. Die Rechnerwolken im Hintergrund erstellen aus diesen Informationen dann einen „digitalen Zwilling“ der gesamten Baustelle: ein ständig aktualisiertes Computermodell, das jederzeit weiß, wer wo ist, was jede Maschine und jeder Arbeiter gerade tut und wo noch Baustoffe oder Personal frei verfügbar sind.

Prof. Jürgen Weber. Foto: Christian Hüller für die TUD

Prof. Jürgen Weber. Foto: Christian Hüller für die TUD

Datenbrille warnt Bauarbeiter vor versteckten Leitungen und Kanälen

Die „Cloud“-Rechner wiederum sollen in Containern direkt auf der Baustelle residieren, um binnen Millisekunden auf Probleme zu reagieren. Die Cloud würde den Baggerfahrer beispielsweise per Datenbrille warnen, wenn sich seine Schaufel einer Stromleitung zu sehr nähert. Ein anderes Szenario skizziert Weber auch: „Ein komplett vernetzter Radlader sendet live das Gewicht seines Schaufelinhaltes an eine Baustellen-Cloud. Die digitale Baustelle überwacht den Ladeprozess und warnt den Maschinenführer rechtzeitig, bevor die erlaubte Achslast des Lasters überschritten wird.“

Pilotbaustelle in Dresden geplant

In der ersten Projektphase probieren die TU-Ingenieure ihre Ideen in einer großen Testhalle an der Fabrikstraße in Dresden. In der zweiten Phase richten sie dann die Pilot-Baustelle ein, um ihre Konzepte in der Praxis zu erproben und sie mit Industriepartnern einzuüben.

Millionenzuschuss vom Bund

Das Bundesforschungsministerium bezuschusst die Dresdner 5G-Baustelle in den nächsten drei Jahren mit 4,8 Millionen Euro. Weitere 4,2 Millionen Euro steuern die Projektpartner bei. Dass der Bund dafür Sachsen ausgewählt hat, ist kein Zufall: Die TU Dresden gilt auch international als ein wichtiger Entwicklungsstandort für den 5G-Funk. Daher sind unter anderem die Funk- und Elektronikexperten Prof. Gerhard Fettweis und Prof. Frank Fitzek beteiligt. Zudem haben Prof. Weber und Prof. Frank Will von der Baumaschinen-Professur bereits einschlägige Erfahrungen mit großen Verbundprojekten in der Bausparte. Als Uni-Partner ist außerdem die TU München beteiligt.

Autor: Heiko Weckbrodt
Quelle: TU Dresden

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt