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Champions in der Nische: Die Turbomaschinen-Konstrukteure aus Dresden

CFTurbo-Ingenieur Marius-Korfanty mustert nach einem Simulationsdurchgang die Strömungslinien am Entwurf für einen Verdichter: Wo ist Optimierungspotenzial? Foto: Heiko Weckbrodt

CFTurbo-Ingenieur Marius-Korfanty mustert nach einem Simulationsdurchgang die Strömungslinien am Entwurf für einen Verdichter: Wo ist Optimierungspotenzial? Foto: Heiko Weckbrodt

Mit der Software von CFturbo konstruieren Ingenieure weltweit

Dresden, 1. August 2019. Wenn irgendwo auf der Welt eine Klimaanlage surrt, ein Kühlschrank-Kompressor anspringt oder eine Kehrmaschine das Laub von der Straße pustet, summt in vielen Fällen sächsische Entwurfskunst mit. Verantwortlich dafür ist einer jener legendären kleinen Technologie-Champions, die kaum ein Normalsterblicher namentlich kennt, die mit ihren Nischenprodukten aber dennoch weltweit erfolgreich sind.

Hidden Champion für besondere CAD-Software

„CFturbo“ ist solch ein „Hidden Champion“, der mit ganz besonderem Know-How international inzwischen Millionen-Umsätze generiert: Mit der speziellen Entwurfs-Software der Dresdner entwickeln Ingenieure rund um den Globus Turbolader für Schiffe und Autos, Lüfter für Computer, Pumpen-Bauteile und andere sogenannte „Turbomaschinen“.

CFturbo-Geschäftsführer Gero-Kreuzfeld zeigt Prototypen für einen Ansauger, der mit der Software aus Dresden entworfen wurde. Foto: Heiko Weckbrodt

CFturbo-Geschäftsführer Gero-Kreuzfeld zeigt Prototypen für einen Ansauger, der mit der Software aus Dresden entworfen wurde. Foto: Heiko Weckbrodt

Überschaubauer Nischenmarkt

Programme für den computergestützten Entwurf (CAD) gebe es zwar viele, räumt CFturbo-Chef und -Mitgründer Dr. Gero Kreuzfeld ein. Aber wer Turbomaschinen entwerfen wolle, also Aggregate mit drehenden Teilen und strömenden Gasen oder Flüssigkeiten, komme um die Software aus Dresden kaum herum. „Außer uns gibt es nur wenige Anbieter in diesem Nischenmarkt – zwei Amerikaner und ein Brite“, sagt Kreuzfeld. „Unser CAD-Programm gilt als besonders nutzerfreundlich, wird gerne von jungen Ingenieuren genutzt und enthält enorm viel Expertise sowie Erfahrungen aus dem Turbomaschinenbau.“

TU Dresden entwickelte zu DDR-Zeiten CAD-Sofware für Kombinate

Das Expertenwissen, von dem der CFturbo-Geschäftsführer da spricht, haben sächsische Ingenieure über Jahrzehnte hinweg angesammelt: Die Technische Hochschule und spätere TU Dresden war seit jeher als eine Hochburg des Turbomaschinen-Baus bekannt. In den 1980er Jahren, als die Digitalisierung in der DDR Fahrt aufnahm, schrieben die TU-Spezialisten für die staatlichen Kombinate eine erste hochspezialisierte Entwurfs-Software für Turbomaschinen. Diese Entwicklung setzten die TU-Absolventen Gero Kreuzfeld und Ralph-Peter Müller fort und gründeten 2008 die CFturbo GmbH.

Illustrer Kundenkreis von Airbis bis Kärcher

Die hat inzwischen 15 Mitarbeiter. Binnen einer Dekade haben sich die Umsätze mehr als vervierfacht: von knapp 480 000 Euro im ersten vollen Geschäftsjahr 2009 auf zuletzt 2,25 Millionen Euro. Für das Jahr 2019 rechnen die Chefs mit einem weiteren Zuwachs um 13 Prozent auf etwa 2,55 Millionen Euro. Zu diesem Wachstum trägt auch die breite Auftragsbasis bei: Rund 150 Kunden hat CFturbo mittlerweile weltweit. Dazu zählen solch namhafte Unternehmen wie BMW, Bosch, Airbus, Audi oder auch Kärcher.

Deutschland international führend im Turbomaschinenbau

Erst kürzlich haben die Dresdner eine erste Außenstelle in New York gegründet. Von dort aus will Geschäftsführer Ralph-Peter Müller nun den amerikanischen Markt beackern. Die meisten Abnehmer für die sächsische Entwurfs-Software sitzen aber in Europa: „Vielen ist das gar nicht so bewusst, aber Deutschland ist international führend im Turbomaschinenbau“, erzählt Kreuzfeld. Entsprechend hoch sei die Nachfrage für Computerlösungen, die die Entwicklung solcher komplexen Anlagen automatisieren und beschleunigen.

Nie mehr zurück ans Reißbrett: Automatische Optimierung immer mehr gefragt

Denn auch die digitale Auftrags-Entwicklung aus einem Guss gehöre zu den besonderen Stärken von CFturbo. Dieses Geschäftsfeld steuert neben dem Software-Verkauf auch zum Umsatz bei und wird derzeit ausgebaut. „Der Einsatz von Optimierungs-Software ist seit fünf, sechs Jahren ein wichtiger Trend“, erzählt Kreuzfeld. Das heißt: Früher musste der Ingenieur zurück ans Reißbrett, wenn der Prototyp seiner frisch entwickelten Turbine beim ersten Praxistest dramatisch lahmte. Heute testet und optimiert hingegen geballte Rechenkraft virtuelle Prototypen, lange bevor der erste Prototypen-Drucker angeworfen und die erste Turbinenschaufel gegossen ist.

Optimierungs-Software kitzelt die Effizienzreserven aus dem Entwurf heraus

Dafür koppeln die Dresdner ihre Entwurfs-Software mit Simulationsprogrammen. Die jagen zum Beispiel virtuellen heißen Wasserdampf durch das Computermodell der neuen Turbine, um Schwachstellen zu erkennen. Eine Optimierungs-Software wiederum meldet diese Schwächen automatisch zurück ans Entwurfsprogramm und verändert das Turbinen-Design ohne menschliches Zutun solange, bis die letzten Effizienzreserven herausgekitzelt sind. „Derartige Lösungen werden in Zukunft eine noch viel größere Rolle spielen“, ist Kreuzfeld überzeugt. „Und da macht uns nicht so schnell jemand etwas vor: Solch eine Integration von Entwurf, Simulation und Optimierung bekommt nicht jeder hin.“

Kurzporträt:

  • Name: CFturbo
  • Sitz: Dresden-Neustadt
  • Geschäftsfelder: Entwurfs-Software für Turbomaschinen, Auftragsentwicklung und Entwurfs-Automatisierung
  • Belegschaft: 15 Mitarbeiter
  • Umsatz: 2,25 Millionen Euro (2018)
  • Mehr Infos im Netz: cfturbo.com

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Recherche CFturbo, Wikipedia

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt