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Koboldfirma entsteht in Dresden

Übersetzerin Lisa Tashiro arbeitet in der Lingufino-Entwicklungsabteilung vonm Linguwerk Dresden an einer japanischen Version der Lingufino-Puppe und -Bücher. Foto: Heiko Weckbrodt

Übersetzerin Lisa Tashiro arbeitet in der Lingufino-Entwicklungsabteilung vonm Linguwerk Dresden an einer japanischen Version der Lingufino-Puppe und -Bücher. Foto: Heiko Weckbrodt

Linguwerk will seine Spielzeugsparte ausgründen

Dresden, 18. März 2019 Weil seine sprechende „Lingufino“-Puppen bei den Kindern gut ankommen, möchte Linguwerk-Chef Rico Petrick die Spielzeugsparte des Dresdner Technologie-Unternehmens ausbauen und internationalisieren. „Wir werden unsere Spielzeug-Aktivitäten dafür bald als eigene Firma ausgründen“, kündigte er auf Oiger-Anfrage an.

Chef will Geschäft mit Profi-Sprachsynthese und Konsumelektronik trennen

Ein Hauptgeschäftsfeld von Linguwerk ist mittlerweile die Sprachsynthese und -erkennung für Medizin, Autoindustrie und andere professionelle Kunden. Darauf wollen sich die Ingenieure an der Schnorrstraße auch weiter konzentrieren und sich nicht parallel dazu an ihren Konsumprodukten verzetteln. Eben deshalb will Petrick seine Spielzeugabteilung, die bereits jetzt unter der Marke „Dialog Toys“ firmiert, offiziell zu einem eigenen Unternehmen mit eigenen Ressourcen umformen.

Die Lingufinos von Linguwerk Dresden können sich mit Kindern über Bilderbücher unterhalten. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Lingufinos von Linguwerk Dresden können sich mit Kindern über Bilderbücher unterhalten. Foto: Heiko Weckbrodt

Lingufino-Puppe lernt Japanisch

Im Mittelpunkt steht dabei eine koboldartige Puppe namens „Lingufino“, die dank eingebauter Spezialelektronik mit Kindern zusammen Bilderbücher durchlesen kann und sich mit ihnen über das Gesehene unterhält. Lingufino kann also sprechen und auch verstehen, was Vier- bis Siebenjährigen da neben ihm sagen. Kind und Kobold gehen zum Beispiel der „Spur des weißen Büffels“ nach, finden eine „fantastische Flauschblume“ und erleben andere Abenteuer. Auf Wunsch lernt der Plüschkobold mit den Mädchen und Jungen auch Englisch. Nun weitere Sprachversionen auf der Agenda. Übersetzerin Lisa Tashiro und weitere Spezialisten feilen beispielsweise bereits an einem japanischen Lingufino mit dazu passenden Bilderbuch-Geschichten.

Werbevideo von Dialog Toys:

Offline-Puppe: Großer Bruder darf nicht mithören

Nun ist Spracherkennung in der Ära von Siri und Alexa zwar längst nichts Außergewöhnliches mehr. Aber bei Apple, Amazon & Co. sind das Cloud-Lösungen. Das heißt: iPhones und Echo-Boxen übertragen die Mikrophon-Aufnahmen per Internet zu Hochleistungscomputern, die erkennen die Sätze und senden das Ergebnis zurück ins Wohnzimmer. Da umstritten ist, wieviel die US-Konzerne dabei mithören, begeistert diese vernetzte Lösung nicht alle Eltern. Daher bleibt die Dresdner Sprachpuppe „offline“: Sie kann gar keine Verbindung ins Internet aufbauen. Linguwerk baut in die Lingufinos deshalb besonders leistungsfähige eigene Sprach-Elektronik ein, die die Ingenieure für den Profi-Sektor entwickelt hatten.

Elektronik-Entwickler Harald Wenzel testet bei Linguwerk Dresden ein Sprachsynthesemodul durch. Foto: Heiko Weckbrodt

Elektronik-Entwickler Harald Wenzel testet bei Linguwerk Dresden ein Sprachsynthesemodul durch. Foto: Heiko Weckbrodt

Produktion in China, Buchdruck im Vogtland

Produzieren lassen die Sachsen diese Gerätetechnik in China, den Buchdruck hat eine vogtländische Firma übernommen. Als eigene Kernkompetenz sehen die Dresdner die Konzeption der Buchgeschichten und vor allem die Entwicklung der Sprach-Elektronik.

So ähnlich soll die Zungenmaus aussehen: Die optoelektronische soll nicht beim Sprechen stören und an den Schneidezähnen befestigt werden. Mit seinen Zungenbewegungen kann der Träger dann Geräte und Computer steuern. Foto: Heiko Weckbrodt

So ähnlich soll die Zungenmaus aussehen: Die optoelektronische soll nicht beim Sprechen stören und an den Schneidezähnen befestigt werden. Mit seinen Zungenbewegungen kann der Träger dann Geräte und Computer steuern. Foto: Heiko Weckbrodt

Ãœber Linguwerk

Und eben damit hat das Team viel Erfahrung, die teils auf Forschungsarbeiten an der Technischen Universität Dresden (TUD) und an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) zurückgeht. 2009 wurde Linguwerk offiziell gegründet. 2010 bis 2012 residierte das Team in der HTW-Gründungsschmiede. Im Fokus stand zunächst vor allem die Wissensvermittlung an Vorschulkinder durch digitale Sprachsysteme. Die leistungsfähigen Mikrocontroller der Dresdner weckten allerdings bald auch das Interesse von Kunden aus Medizin, Autoindustrie und weiteren Branchen. So haben die Linguwerk-Ingenieure beispielsweise Spracherkenner für Autoradios konzipiert. Auch entwickeln sie gemeinsam mit der TUD und weiteren Partnern sogenannte „Zungenmäuse“ und Therapiegeräte. Die sollen dank innovativer Zungen-Sensoren und Sprachelektronik beispielsweise Schlaganfall-Patienten, Querschnittsgelähmten und Parkinson-Kranken helfen, wieder sprechen zu lernen beziehungsweise ihren Alltag besser zu meistern. Durch diese und weitere Projekte ist das Unternehmen stetig gewachsen. Linguwerk hat inzwischen 40 Mitarbeiter und realisiert Millionenumsätze.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt