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Infineon kauft Waferspalt-Firma Siltectra Dresden

Siltectra-Technik-Chef positioniert einen Test-Wafer unter dem eigenentwickleten Multi-Photonen-Laser. Foto: Heiko Weckbrodt

Arbeit am Multi-Photonen-Laser, der Sollbruchstellen im Wafer-Material erzeugt. Foto: Heiko Weckbrodt

Halbleiterkonzern bezahlt 124 Millionen Euro

Dresden/München, 12. November 2018. Infineon kauft für 124 Millionen Euro die Firma Siltectra Dresden. Das teilten Infineon und Siltectra heute mit. Das 2010 gegründete Unternehmen Siltectra hatte zuvor eine neue „Cold Split“-Technologie entwickelt, um Silizium- und Kohlenstoff-Scheiben („Wafer“) kosten- und materialsparend zu spalten, statt sie zu zersägen.

Reinhard Ploss. Foto: Infineon

Reinhard Ploss. Foto: Infineon

Münchner wollen mit Dresdner Know-How Ausbeute von Karbid-Wafern steigern

Der deutsche Halbleiterkonzern aus München will mit dem Know-How der Dresdner vor allem die Ausbeute im Segment der Leistungs-Halbleiter verbessern, die auf Siliziumkarbid-Wafern (SiC) erzeugt werden. Infineon werde die „Cold Split“-Technologie zum Spalten solcher SiC-Wafern einsetzen, wodurch die Anzahl der Chips aus einem Wafer verdoppelt werden könne, hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens. „Nachdem wir gezeigt haben, dass unsere Cold Split-Technologie bei Infineon verwendet werden kann, arbeiten wir nun gemeinsam an der Einführung in die Serienfertigung“, kündigte Siltectra-technikchef Jan Richter ein.

Infineon rechnet mit steigenden Nachfrage für Leistungshalbleiter für E-Autos und Energiewende

„Diese Akquisition wird uns dabei helfen, unser exzellentes Portfolio auch bei dem neuen Material Siliziumkarbid auszubauen“, schätzte Infineon-Konzernchef Reinhard Ploss ein. „Die höhere Verfügbarkeit von SiC-Wafern dank der Cold Split-Technologie wird das Hochfahren unserer SiC-Produkte gerade mit Blick auf den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und den zunehmenden Einsatz von SiC im Antriebsstrang von Elektrofahrzeugen deutlich erleichtern.“

Zunächst in USA entwickelt

Die Spalt-Basistechnologie hatte hatten ursprünglich der Physiker Dr. Lukas Lichtensteiger und der Mediziner Dr. Christian Pfeffer an der „Harvard University“ in Boston in den USA. 2010 wurde die deutsche Beteiligungsgesellschaft „MIG“ (steht für „Made in Germany“) auf das Verfahren aufmerksam, stieg in das Projekt finanziell ein, stellte aber eine Bedingung für ihren Kapitaleinsatz: Die entstandene Firma wird nach Deutschland verlagert. Daraufhin gründeten Physiker und Ingenieure aus dem Dunstkreis der Technischen Universität die Siltectra GmbH in Dresden, die das Verfahren zur Industriereife weiterentwickelte.

Die Wafer werden mit Polymeren beschichtet, thermischem Stress ausgesetzt und spalten sich in Sekundenbruchteilen. Foto: Siltectra

Die Wafer werden mit Polymeren beschichtet, thermischem Stress ausgesetzt und spalten sich in Sekundenbruchteilen. Foto: Siltectra

Spalten durch Kälte

Dabei punktieren die Dresdner den zu spaltenden Wafer mit einem Speziallaser, beschichten ihn dann mit einem Polymer, tiefkühlen das Material, um es dann wieder dosiert zu erwärmen. Durch die thermischen Spannungen zieht die Polymerschicht dann dünne Wafer wie Klebezettel vom Wafer-Stapel ab. Das Verfahren eignet sich laut Siltectra auch für Gallium- und Kohlenstoff-Verbindungen sowie Saphierglas. Gegenüber den Sägeverfahren, die bis zu 50 Prozent des teuren Materials sinnlos zerspanen, soll diese Technologie nur noch 5 % Materialverlust haben.

Siltectra-Chef war lange Zeit Wolfram Drescher – ein Doktorand von TU-Mobilfunkguru Prof. Gerhard Fettweis, der bereits andere Dresdner Hightech-Firmen wie Systemonic und BlueWonder zum Erfolg und zum Verkauf an große Hightech-Konzerne wie NXP und Intel führte. Im Sommer 2017 übernahm dann der Physiker Harald Binder die Siltectra-Führung, während Drescher zum jungen Dresdner Nanoelektronik-Unternehmen „Ferroelectric Memory Company“ (FMC) wechselte.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt