Dresden, 5. Juli 2017. Professorin Brigitte Voit leitet in Dresden das Leibniz-Institut für Polymerforschung. Die 54-jährige Chemikerin gehörte zu den Gründerinnen des Verbundes „DRESDEN-Concept“, der wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Exzellenz-Initiative der TU Dresden ein Erfolg wurde. In ihm sind zwei Dutzend universitäre und außeruniversitäre Institute organisiert. Inzwischen hat der Freistaat die besonderen Verdienste von Brigitte Voit um den Standort Dresden mit dem Sächsischen Verdienstorden gewürdigt. Oiger-Redakteur Heiko Weckbrodt hat die Wissenschaftlerin gefragt, wie es zum Pakt der Forscher kam und wie es damit weiter geht.
Ist die Kooperation der Forscher in Dresden wirklich so besonders?
Brigitte Voit: Ja, die Zusammenarbeit hier in Dresden hat eine besondere Qualität. Und an anderen Standorten schaut man mit Neid auf DRESDEN-Concept. Inzwischen versuchen viele andere Städte, Ähnliches zu schaffen.
Was unterscheidet Dresden da von anderen wichtigen Clustern, an denen es ja auch Unis, Planck-Institute et cetera gibt, die sich – wie man so hört – gelegentlich recht eifersüchtig umschleichen?
Brigitte Voit: Das hat auch viel mit Geschichte zu tun. Die Vorläufer vieler heutiger Leibniz-, Helmholtz- und Fraunhofer-Institute in Dresden gab es schon zu DDR-Zeiten. Und damals war die Kooperation zwischen den Einrichtungen der Akademie der Wissenschaften und der Uni schon gang und gäbe. Die Max-Planck-Institute hier wurden zwar neu gegründet. Aber, und das ist ein zweiter Punkt, die gemeinsame Aufbruchstimmung nach der Wiedervereinigung hat die universitären und außeruniversitären Wissenschaftler in Dresden zusammengeschweißt – mehr als anderswo.
Das klingt schlüssig. Aber die Erfahrung sagt auch, dass oft vieles an Personen hängt, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind…
Brigitte Voit: Ja, das waren Wissenschaftler wie Wieland Huttner vom Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik, Roland Sauerbrey vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, Ludwig Schultz vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung, Eckhard Beyer vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik und auch ich, die sich zusammengefunden hatten. Das war etwa zu der Zeit, als sich die TU Dresden um den Exzellenz-Zuschlag bemüht hat. Wir haben uns immer mal im Schillergarten getroffen und uns beim gemeinsamen Abendessen gefragt: Was können wir machen, damit die TU als Exzellenz-Uni punkten kann?
Das ist bemerkenswert: Von den Exzellenz-Fördermitteln für die Uni haben Sie als außeruniversitäre Institute – zumindest kurzfristig gesehen – ja erst mal nichts…
Brigitte Voit: Das stimmt. Aber wir haben strategischer gedacht. Unsere Überlegung war: Wenn wir eine exzellente Uni in Dresden haben, dann haben letztlich alle etwas davon.
Und hat sich diese Hoffnung bewahrheitet?
Brigitte Voit: Auf jeden Fall. Durch die exzellente Entwicklung der TU ist der ganze Standort attraktiver geworden. Jetzt kommen mehr und bessere Professoren und Studenten aus dem In- und Ausland her. Damit steigt einerseits die Qualität von Forschung und Lehre an der Uni, andererseits haben wir nun bessere Kooperationspartner, Studenten und Nachwuchswissenschaftler für unsere Institute.
Hat diese Attraktivität einen Dämpfer durch die ganzen Negativ-Schlagzeilen um Pegida bekommen?
Brigitte Voit: Das war nicht ideal für den Standort. Aber ganz nüchtern betrachtet, muss man sagen, dass Dresden unter Wissenschaftlern international weiter einen guten Ruf hat. Pegida ist ein Diskussionspunkt bei Berufungen von Professoren aus Deutschland – aber international wird das nur wenig wahrgenommen. Im Gegenteil: Vor allem die Kollegen aus Asien sind ganz begeistert von Dresden. Sie sagen immer wieder: eine schöne Stadt, viel Kultur, wenig Kriminalität, es ist so sauber hier und es gibt so viele Kitas.
Wo sehen sie die Zukunft für das DRESDEN-Concept?
Brigitte Voit: DRESDEN-Concept hatten wir eigentlich gegründet, um hier Forschung und Lehre voranzubringen. Wir diskutieren nun darüber, ob wir dieses Netzwerk weiterentwickeln wollen und können, so dass es auch den Transfer von Forschungsergebnissen in die Wirtschaft fördert. Dafür müssten wir auch Vertreter der Wirtschaft mit ins DRESDEN-Concept holen. An der Uni und an den einzelnen Instituten gibt es zwar teilweise schon Transfer-Einrichtungen. Gemeinsam könnte man da aber vielleicht noch viel mehr erreichen.
Mehr Infos dresden-concept.de und ipfdd.de
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