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Die Pracht der Sachsenherzöge

Landschaftskleid des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen (1585–1656), 1611, Oberstoffe und Stickgarne: italienisch Schneiderarbeit: Dresden, Kurfürstliche Schneiderei, Stickerei: Hans Erich Friese, Dresden ,Posamentierarbeit: vermutlich sächsisch Teile: Mantel, Wams, Hose, Hut, Gürtel und Wehrgehänge, Seide, Silber, Gold, Leder, Rüstkammer, SKD, Foto: Jürgen Karpinski

Oigers Wochenendtipp: Singuläre Ausstellung „Kurfürstliche Garderobe“ im Residenzschloss Dresden zeigt prachtvolle Gewänder und Waffen

Dresden, 21. April 2017. Hier ist der arg strapazierte Superlativ „einzigartig“ richtig platziert: Seit dem 9. April zeigt eine neue Dauerausstellung „Kurfürstliche Garderobe“ im Residenzschloss Dresden dem Besucher noch nie zuvor Gesehenes, eben Einzigartiges! Fragen wir einen Besucher von Frankreichs musealen Kronjuwelen, des Pariser Louvre oder des Schlosses Versailles, was er dort an Kleidungstücken beispielsweise aus des Sonnenkönigs Ludwig XIV. Garderobe zu sehen bekommen hat, so lautet die lapidare Antwort garantiert: Nichts!

Video "Macht und Mode" (SKD):

Erstmals öffentlich gezeigt

Im Dresdner Residenzschloss wird jetzt dem Besucher die Garderobe der sächsischen Kurfürsten aus dem 17. Jahrhundert präsentiert. Und dies in einem Zustand, dass wir annehmen möchten, sie ist noch nie getragen, sie erlebt jetzt erst ihren ersten öffentlichen Auftritt. Was einst vorzugsweise in der Kurfürstlichen Schneiderei sowie beim „Leibschneider“ dem Seiden- und Perlensticker Hans Friedrich Friese in Dresden aus italienischer Seide geschneidert und anschließend in einer ebenso extrem zeitaufwendigen wie kunsthandwerklich hervorragenden Weise geschaffen wurde, macht uns geradezu fassungslos. Dem stehen die Erzeugnisse der Goldschmiede Michael Botza, Gabriel Gipfel und Daniel Kellerthaler nicht nach.

Landschaftskleid des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen (1585–1656), 1611 (Detail), historisch-künstlerische Ansicht der Residenzstadt Dresden, Oberstoffe und Stickgarne: italienisch Schneiderarbeit: Dresden, Kurfürstliche Schneiderei, Stickerei: Hans Erich Friese, Dresden ,Posamentierarbeit: vermutlich sächsisch Teile: Mantel, Wams, Hose, Hut, Gürtel und Wehrgehänge, Seide, Silber, Gold, Leder, Rüstkammer, © SKD, Foto: Jürgen Karpinski

Prunkwaffen symbolisierten dynastischen Machtanspruch

Die von Spanien und Italien geprägte europäische Fürstenmode des 16. Jahrhunderts wird heute einzig in Dresden durch vollständig erhaltene Gewandensembles repräsentiert. Die Bewahrung der kurfürstlichen Kleider über deren Tod hinaus wurde 1553 von August veranlasst und schließlich über Generationen hinweg verfolgt. Die Prunkgewänder wie auch die preziösen Prunkwaffen gehörten mit ihrem Reichtum an Seide, Gold, Silber, Edelsteinen und Perlen zum Staatsschatz. Sie bildeten zugleich persönliche Herrscherausstattungen bei bedeutenden Ereignissen, demonstrierten den dynastischen Machtanspruch.

Im April 2017 wurde der Renaissanceflügel des Residenzschlosses fertiggestellt. Er beherbergt jetzt die Ausstellung Macht & Mode.

Familiärer Zusammenhalt in feinstem Tuch demonstriert

Die Prunkgewänder und Prunkwaffen stammen vorwiegend aus der Ehe des Kurfürsten Johann Georg I. (1585-1656) mit Magdalena Sibylla (1587-1659) von Sachsen und deren Kindern. Mit ihren vier Söhnen und drei Töchtern galt die Ehe als ein dynastischer Erfolg. Der Zusammenhalt der Familie wurde auch in Bildnissen über Kleidung zum Ausdruck gebracht. Modebewusst präsentiert sich Magdalena Sibylla mit farbenprächtigen Kleidern, zarten Spitzen, preziösen Goldschmuck und Perlen, ihrer Haartracht und durch kosmetische Akzente.

KFG 0016 Interimsaufnahme wird später ersetzt durch Neuaufnahme

Mit Schweizer Hilfe restauriert

Der Anzug des knapp vierjährigen Prinzen Johann Georg (II.) war dessen erstes Jungenkleid. Die drei Kleider der Kurfürstin und ein Kleid ihrer jüngsten Tochter Magdalena Sibylla sind heute die einzigen fürstlichen Damengewänder der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, die heute noch erhalten sind: ein Schatz des Frühbarocks. Wir bewundern das Prunkkleid des Kurfürsten Moritz von Sachsen 81521-1553), in der einer Dresdner Schneiderwerkstatt angefertigt. Seinen heutigen Bestzustand verdankt es der als Schenkung erfolgten Restaurierung durch die Abegg-Stiftung in der Schweiz.

Prunkkleid der Kurfürstin Magdalena Sibylla von Sachsen, Seitansicht, um 1610–1620, Rüstkammer, Copyright: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Jürgen Karpinski

Selbstinszenierung als Feldherr und Jäger

Im Turmzimmer werden jene Gewänder, Sättel und Waffen präsentiert, die mit ihrer Pracht am stärksten die landesherrliche Regierung Christians II. und Johann Georg I. zum Ausdruck bringen. Der Mantel des „Landschaftskleides“ Johann Georg I. von 1611, der die Residenz Dresden an der Elbe zeigt, ist in der Mitte des Raumes und somit in der Achse des Schlossturmes, der stellvertretend für den Landesherrn weithin die kurfürstliche Residenz überragt, positioniert. Ein Kommandostab vom Kaiserbesuch 1617 und Prunkwaffen mit Darstellungen aus dem Dreißigjährigen Krieg würdigen Johann Georg I. als ruhmreichen Feldherrn, Jagdkleider und Jagdausstattungen als passionierten Weidmann.

„Kleine“ Weihnachtsfreuden unter Fürsten

Viele der prächtigen Gewänder und Waffen waren Weihnachtsgeschenke innerhalb der kurfürstlichen Familie. So geschehen mit einem Prunksattel, den der Kurfürst von seiner Gemahlin 1608 geschenkt bekam. Die edlen Stickereien auf dem Sattel dominieren Drachen und exotische Pflanzen. Daneben sind Vögel, Schmetterlinge und Eichhörnchen zu entdecken. Auch eine mit Smaragden bestückte Jagdwaffengarnitur, für Weihnachten 1608 bei Gabriel Gipfel in Dresden hergestellt, war lediglich eines der „bescheidenen“ Geschenke in der Familie des Kurfürsten.

Auf dem Weg zur Kurfürstenmacht

Kurfürstliche Garderobe ist nur eine der beiden Ausstellungen, die unter dem Titel „Macht & Mode“ gemeinsam im soeben fertiggestellten Renaissanceflügel des Residenzschlosses dauerhaft eröffnet wurden. „Macht & Mode“ ist als wichtigster Beitrag der SKD zum Reformationsjubiläumsjahr 2017gedacht. Wer noch Lust und Laune noch darauf hat, kann sich den zweiten Ausstellungsteil „Auf dem Weg zur Kurfürstenmacht“ gleich noch im Ostflügel anschauen. Hier wird ihm der Weg der Wettiner von der Erlangung der Kurfürstenwürde im Jahre 1423 bis zur Durchsetzung der albertinischen Linie im Jahre 1553 aufgezeigt. Der Oiger hebt sich dies für einen zweiten Besuch im Schloss auf.

Autor: Peter Weckbrodt

Aus den Ausstellungsräumen ist vorab schon ein Blick auf die Baustellle Schlosskapelle möglich

Besucherinformationen

Was?

Ausstellung „Kurfürstliche Garderobe“ in „Macht & Mode“

Wo?

Nordflügel des Residenzschlosses Dresden

Öffnungszeiten

täglich von 10 bis 18 Uhr, außer dienstags

Eintrittspreise

normal 12 Euro, erm. 9 Euro, bis 17 Jahre frei, gültig für Neues Grünes Gewölbe, Türckische Kammer, Rüstkammer, Fürstengalerie und Hausmannsturm.

Mehr Infos gibt es hier im Netz

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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