Firma „3-5 Power Electronics“ produziert Gallium-Arsenid-Halbleiter für Elektroautos und Solarkraftwerke
Dresden, 11. April 2018. Das Unternehmen „3-5 Power Electronics“ (35PE) hat heute eine Mini-Fabrik für Hochspannungs-Spezialchips im Technologiezentrum Dresden offiziell eingeweiht. Dabei handelt es sich um sogenannte Leistungs-Halbleiter, die aus Gallium-Arsen-Verbindungen (GaA) statt aus dem sonst in Computerchips üblichen Silizium bestehen. Diese elektronischen Bauteile vertragen sehr hohe Spannungen und Stromstärken, wie sie zum Beispiel in Elektroautos, Batterie-Schnellladestationen, Motorsteuerungen, Solar- und Windkraftwerken oder auch in Notstrom-Batterien (USVs) für Rechenzentren auftreten. Laut 35PE-Geschäftsführer Gerhard Bolenz steckt dahinter eine weltweit einzigartige Fertigungstechnologie im Hochvakuum, die die Gründer in den vergangenen fünf Jahren selbst entwickelt haben.
Schlüsseltechnologie „Leistungshalbleiter“ führt Schattendasein
„Leistungshalbleiter sind eine wenig bekannte Schlüsseltechnologie“, schätzt Bolenz ein. Dabei steigt der Bedarf für Elektronikbauteile, die möglichst effizient Ströme über 100 Ampere und Spannungen von mehreren Hundert oder gar Tausend Volt verarbeiten, in vielen Branchen im Zuge der Energiewende an. Analysten gehen davon aus, dass sich die weltweiten Umsätze in dem Halbleitersegment, das 35PE bedienen will, bis zum Jahr 2025 auf 3,7 Milliarden Dollar (2,2 Milliarden Euro) etwa verzehnfachen dürften.
Verschiedene Materialien zur Wahl: Darf’s etwas Silizium sein, oder doch lieber Gallium, Stickstoff oder Kohlenstoff?
Einige Leistungshalbleiter werden heute aus Silizium hergestellt. Dieses Material ist vergleichsweise billig und bewährt, aber nicht wirklich ideal für starke Ströme und hohe Spannungen. Dafür eignen sich eher Verbindungs-Halbleiter aus Silizium und Kohlenstoff (SiC) oder aus Gallium und Stickstoff (GaN). Je nach Bauart sind sie doppelt bis vierfach so teuer wie funktionsgleiche Silizium-Bauelemente. Auch Gallium-Arsenid wird schon seit Jahren für Spezialchips verwendet, konnte sich bisher aber nicht recht durchsetzen: zum Beispiel, weil dabei das giftige Arsen verwendet wird, aber auch, weil diese Bauelemente bisher nur vergleichsweise niedrige Spannungen vertrugen.
Firmenname leitet sich von Hauptgruppen im Periodensystem der Elemente ab
Dieses Problem haben die drei Halbleiter-Experten Gerhard Bolenz, Volker Dudek und Richard J. Kulle laut eigenen Angaben inzwischen in den Griff bekommen. Sie gründeten daraufhin 2015 das Unternehmen „3-5 Power Electronics“ in Freital, das ein Jahr später nach Dresden umzog. Der Firmenname leitet sich einerseits von der englischen Bezeichnung für Leistungselektronik, andererseits von den Hauptgruppen III und V im Periodensystem ab, in denen sich die Elemente Gallium und Arsen finden.
Kristallwachstum im Hochvakuum
Um diese – an für sich schon lange bekannten –Verbindungshalbleitern mehr Spannung beizubringen, haben die 35PE-Gründer ein Verfahren entwickelt, bei dem in luftleeren Behältern das Kristallwachstum (Epitaxie) kontrolliert werden kann. Die nun eingeweihte Chip-Fertigungsanlage besteht im Wesentlichen auch nur aus diesem einen besonderen Prozessschritt. Die anderen Produktionsschritte übernehmen Auftragsfertiger.
Chinesen sind Hauptinvestor
Herstellen wollen die Dresdner zunächst Dioden, später auch Transistoren des Typs „IGBT“, der in der Leistungselektronik eine große Rolle spielt. Verticken möchten sie ihre hochspannenden Chips vor allem in den Märkten, die heute den Takt in der Solarindustrie und Elektromobilität vorgeben: in Asien. Dafür haben sich die 35PE-Gründer das chinesische Unternehmen „Shanghai Alliance Investment Ltd.“ (SAIL) als Schlüsselinvestor und Türöffner ins Reich der Mitte geangelt.
Silicon Saxony war erste Wahl
Trotz dieser asiatischen Marktausrichtung haben sich die 35PE-Chefs aber doch lieber in der sächsischen Landeshauptstadt angesiedelt: „Als wir nach einem Standort gesucht haben, war das Silicon Saxony mit Dresden als Zentrum erste Wahl“, betonten die beiden Geschäftsführer Bolenz und Volker Dudek unisono. „Wir sehen hier gute Chancen, gemeinsam mit weiteren Spezialisten in der Halbleiter-Forschung und -Industrie ein Kompetenzzentrum für Galliumarsenid-Leistungselektronik zu etablieren und damit auch global auszustrahlen.“ Das Unternehmen beschäftigt derzeit sechs Mitarbeiter. In den nächsten drei Jahren soll die Belegschaft auf über 20 wachsen. Insgesamt investiert 35PE in der ersten Phase rund zwei bis drei Millionen Euro im Technologiezentrum, wobei ein Großteil davon von den Chinesen finanziert wird.
Leistungs-Halbleiter haben Traditionen in Sachsen
35PE sind nicht die ersten und die einzigen, die sich in Sachsen mit Leistungselektronik beschäftigen: Zu DDR-Zeiten beschäftigte sich der VEB Spurenmetalle Freiberg mit diesen Technologien. Heute betreibt Infineon im Dresdner Norden auch eine 300-mm-Fabrik für Leistungs-Halbleiter. Die „Freiberger Compound Materials GmbH“ (FCM), die zur Federmann-Gruppe gehört, liefert GaA-Wafer. Weniger erfolgreich war Azzurro Dresden: Die auf Galliumnitrid-beschichtete Wafer spezialisierte Fabrik im Dresdner Nordosten ging 2014 pleite.
Autor: Heiko Weckbrodt
Ihre Unterstützung für Oiger.de!
Ohne hinreichende Finanzierung ist unabhängiger Journalismus nach professionellen Maßstäben nicht dauerhaft möglich. Bitte unterstützen Sie daher unsere Arbeit! Wenn Sie helfen wollen, Oiger.de aufrecht zu erhalten, senden Sie Ihren Beitrag mit dem Betreff „freiwilliges Honorar“ via Paypal an:
Vielen Dank!