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Ifo-Chef Fuest gegen „Brückenstrompreis“

ifo-Präsident Clemens Fuest. Foto: Heiko weckbrodt

Ifo-Präsident Clemens Fuest. Foto: Heiko Weckbrodt

Gründe: Politiker verknappen Energie dauerhaft, andere Länder besser für Ökostrom-Erzeugung geeignet

München, 20. Oktober 2023. Gegen den „Brückenstrompreis“ genannten Plan, besonders energiehungrigen Industriebetrieben auf Jahre den Strompreis herunter zu subventionieren, hat sich Ifo-Präsident Prof. Clemens Fuest ausgesprochen. Denn ein Ende dieser staatlichen Beihilfen sei gar nicht absehbar.

Atomausstieg und Fracking-Verbot tragen zu Verknappung bei

Es sei zu erwarten, dass die Stromkosten in Deutschland dauerhaft höher seien als in vielen anderen Ländern, betont der Ökonom. Das liege zum einen daran, dass andere Länder Vorteile bei der Erzeugung erneuerbarer Energien hätten und Speicher teuer seien. Zum anderen daran, dass Deutschland mit dem Atomausstieg und dem Verzicht auf eigene Schiefergasförderung eine Politik der Verknappung betreibe.

„Gefahr einer Deindustrialisierung ist ernst zu nehmen“

„Politik für den Industriestandort Deutschland sollte nicht an Strukturen festhalten, die nicht mehr wettbewerbsfähig sind“, fügte Fuest hinzu. Es sei allerdings „leichtsinnig, Deindustrialisierung schulterzuckend hinzunehmen“, betonte er. „Die Herausforderungen für den Industrie- und Wirtschaftsstandort sind groß, und die Gefahr einer Deindustrialisierung ist durchaus ernst zu nehmen.“

„Dennoch führt letztlich kein Weg daran vorbei, dass sich die deutsche Industrie an die veränderten Energiepreise anpasst“, fordert der Ökonom. „Dabei wird nicht zu verhindern sein, dass besonders energieintensive Teile der Produktion abwandern oder ausgelagert werden. Entscheidend ist, dass dieser Verlust an Wertschöpfung durch andere Aktivitäten ausgeglichen wird.“

Habeck-Idee bleibt umstritten

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will mit dem sogenannten „Brückenstrompreis“ auf die jüngsten Energiepreis-Schocks in Deutschland antworten und auf die Drohung vieler Unternehmen, ihre Industrieproduktion in Deutschland einzustellen oder zu mindern. Seine Idee: Zeitweise die Strompreise für die großen Energiefresser mit Steuergeldern herunter subventionieren, gegen Ende der Dekade seien Solar-, Wind- und andere Ökostrom-Quellen so billig und breit verfügbar, dass sich das Problem von allein erledige. Bisher hat Habeck dafür zwar einige Unterstützer in den Reihen der Grünen und der SPD gewonnen, aber keine Mehrheit in der Ampel. Zudem warnen neben Fuest auch andere Wirtschaftsforscher vor einem Fass ohne Boden.

Autor: hw

Quelle: Ifo München

Wissenschaftliche Publikation:

„Industriestandort Deutschland“ von Clemens Fuest, in: Ifo-Standpunkt Nr. 254, München, 2023, Fundstelle im Netz hier

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt