Forschung, Medizin & Biotech, News, zAufi

Wasserstoff-Eis liefert Protonenkanonen die Munition gegen Krebs

Sehr stark, für das Antimaterie-Experiment aber nicht so gut geeignet: "Draco" ist einer der stärksten Laser im helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. Foto: André Wirsig für das HZDR

Mit Superlasern wie dem „Draco“ will das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf neue Beschleuniger für die Protonentherapie bauen – und setzt dabei nun gefrorenen Wasserstoff als Teilchenquelle ein. Foto: André Wirsig für das HZDR

Dresdner Forscher arbeiten an neuen Laser-Protonen-Beschleunigern

Dresden, 4. August 2023. Helmholtz-Forscher aus Dresden haben einen coolen Dreh für den Bau kleiner Protonenkanonen für den Kampf gegen Krebs gefunden: Sie nutzen einen gefrorenen Strahl aus Wasserstoff, um die vergleichsweise schweren Elementarteilchen loszueisen und per Laser aufs Ziel zu schubsen. Das geht aus einer Mitteilung aus dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf hervor.

Der Teilchenbeschleuniger im Protonenstrahl-Therapiezentrum Dresden, OncoRay, Foto: Christoph Reichelt , Uniklinik Dresden

Archivaufnahme vom Teilchenbeschleuniger im Protonenstrahl-Therapiezentrum Dresden, OncoRay, Foto: Christoph Reichelt , Uniklinik Dresden

Klassische Protonen-Beschleuniger sind sehr teuer und groß

Die Vorgeschichte: Einige große Krankenhäuser wie beispielsweise das Uniklinikum Dresden haben große, kraftfeldbetriebene Ringbeschleuniger, die Protonen bis nahe an die Lichtgeschwindigkeit bringen. Mit diesen Elementarteilchen aus dem Innern von Atomen lassen sich besonders tief im Kopf oder Bauch versteckte Tumoren oft besser zerstören als mit harten Röntgenstrahlen, die auch das Gehirn oder andere Organe rings zum die Krebsgeschwüre mit beschäftigen. Diese Ringbeschleuniger sind allerdings teurer, so groß wie ganze Gebäude und brauchen auch aufwendige Strahlenschutzwände.

Blick auf die Gantry, gewissermaßen die "Lupe", die die Protonenstrahlen auf die Tumore im Patienten lenkt, im Uniklinikum Dresden. Foto: Universitätsklinikum CGC Dresden

Blick auf die Gantry, gewissermaßen die „Lupe“, die die Protonenstrahlen auf die Tumore im Patienten lenkt, im Uniklinikum Dresden. Foto: Universitätsklinikum CGC Dresden

Laser-basierte Beschleuniger sollen auch für kleinere Kliniken erschwinglich sein

Daher arbeiten Physiker, Ingenieure, Mediziner und andere Experten weltweit an kompakten Beschleunigern, die Protonen mit Superlasern auf Trab bringen. Die wären dann nur noch so groß wie ein Wohnzimmer oder gar wie eine Schrankwand – und so preiswert, dass auch kleinere Krankenhäuser künftig Protonentherapien anbieten könnten.

Bisher meist Metallfolien als Protonenquelle

Allerdings sind die bisherigen Versuchsanlagen zu langsam, liefern nicht den raschen und kontrollierten Protonenfluss, den die Onkologen beispielsweise brauchen, um Hirntumore oder Bauchspeicheldrüsen-Krebs zu zerstören. Das liegt unter anderem an den bisher eingesetzten Metallfolien als Protonenquelle. Daher jagen die HZDR-Forscher nun als alternative Teilchenquelle einen sich ständig erneuernden Strahl aus gefrorenem Wasserstoff in eine Vakuumkammer, in der ein Superlaser dann auf dieses Ziel schießt. Dabei trennen sich Protonen und Elektronen in den Wasserstoff-Atomen, erzeugen ein Kraftfeld, das schließlich die Protonen auf Tempo bringt.

H2-Eisfaden sorgt für besseren Protonenfluss

Die Resultate sind vielversprechend: „Wir konnten Protonen bis auf eine Energie von 80 Megaelektronenvolt bringen“, berichtet der HZDR-Physiker Dr. Karl Zeil. „Das ist nahe des bisherigen Rekords für die Laser-Protonenbeschleunigung. Doch anders als frühere Anlagen hat unsere Technik das Potential, mehrere Protonenpulse pro Sekunde zu erzeugen.“

Einfachste Atom-Art im Universum lässt sich besser im Computer simulieren

Weiterer Vorteil: Weil Wasserstoff-Atome sehr einfach gestrickt sind, nämlich im Regelfall nur aus einem Proton und einem Elektron bestehen, lassen sich die komplexen Prozesse bei der Laserbeschleunigung nun auch einfacher in Supercomputern simulieren und optimieren. Und dafür sind wiederum die Physiker vom HZDR-Tochterzentrum „Casus“ in Görlitz spezialisiert. „Dadurch können wir die Wechselwirkungen zwischen Laser und Materie besser verstehen und optimieren“, meint Zeil. Nun wollen die Fachleute auch noch Künstliche Intelligenzen (KI) einsetzen, um die Trefferquote zwischen Laserblitz und gefrorenem Wasserstoff zu erhöhen.

Autor: hw

Quelle: HZDR

Wissenschaftliche Publikation:

„Ultra-short pulse laser acceleration of protons to 80 MeV from cryogenic hydrogen jets tailored to near-critical density“ von M. Rehwald, S. Assenbaum, C. Bernert, F. Brack, M. Bussmann, T. Cowan, C. Curry, F. Fiuza, M. Garten, L. Gaus, M. Gauthier, S. Göde, I. Göthel, S. Glenzer, L. Huang, A. Huebl, J. Kim, T. Kluge, S. Kraft, F. Kroll, J. Metzkes-Ng, T. Miethlinger, M. Loeser, L. Obst-Huebl, M. Reimold, H. Schlenvoigt, C. Schoenwaelder, U. Schramm, M. Siebold, F. Treffert, L. Yang, T. Ziegler und K. Zeil, in: „Nature Communications“, 2023, DOI: 10.1038/s41467-023-39739-0

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt