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Planck-Forscher: Indogermanen kamen aus dem Iran

Nach einer neuen Studie begann sich die indogermanische Sprachfamilie vor etwa 8100 Jahren von ihrer Urheimat unmittelbar südlich des Kaukasus ausgehend zu verzweigen. Eine Migrationswelle erreichte vor etwa 7000 Jahren die pontisch-kaspische sowie die Waldsteppe, von wo ausgehend vor etwa 5000 Jahren weitere Wanderungen in weitreichende Teile Europas folgten. Grafik: P. Heggarty u.a. aus: Science (2023) via MPI-Eva

Nach einer neuen Studie begann sich die indogermanische Sprachfamilie vor etwa 8100 Jahren von ihrer Urheimat unmittelbar südlich des Kaukasus ausgehend zu verzweigen. Eine Migrationswelle erreichte vor etwa 7000 Jahren die pontisch-kaspische sowie die Waldsteppe, von wo ausgehend vor etwa 5000 Jahren weitere Wanderungen in weitreichende Teile Europas und Asiens bis hin nach Indien folgten. Grafik: P. Heggarty u.a. aus: Science (2023) via MPI-Eva

Linguisten und Genetiker kreisen Ursprung der Sprachfamilie südlich vom Kaukasus ein

Leipzig, 27. Juli 2023. Die einen haben sie in Indien verortet, die nächsten in der südrussischen Steppe, wieder andere in Anatolien: die Heimat der Indogermanen, also jener Menschen, auf die die meisten heutigen europäischen Sprachen zurückgehen. Das Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (Eva) in Leipzig hat nun aber gemeinsam mit Genetikern und Linguisten von weiteren Instituten eine andere Heimat jener legendären Proto-Indogermanen ausgemacht: das Gebiet südlich des Kaukasus-Gebirge, das heute zum Iran, teilweise auch zur Türkei und zum Irak gehört. Das geht aus einer Eva-Mitteilung hervor.

„Anatolischer Zweig des Indogermanischen stammt nicht aus der Steppe“

Und die Forscherteams sind ziemlich davon überzeugt, dass sie damit richtig liegen: Sie haben für ihre Suche sprachliche und genetische Untersuchungsmethoden kombiniert und genauer als bisher das Alter der verschiedenen indogermanische Sprach-Abspaltungen datiert. „Jüngste DNA-Daten weisen darauf hin, dass der anatolische Zweig des Indogermanischen nicht aus der Steppe stammt, sondern von weiter südlich, im oder nahe dem nördlichen Bogen des Fruchtbaren Halbmonds“, betont Studien-Erstautor und Eva-Forscher Paul Heggarty. Hier sei wohl die „früheste Quelle der indogermanischen Familie“ zu finden.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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Was ist der „fruchtbare Halbmond“?

Als „fruchtbaren Halbmond“ bezeichnet die Wissenschaftlergemeinde eine sichelförmiges Gebiet im Nahen und Mittleren Osten, das sich von Nord-Ägypten über die heutigen Staaten Libanon, Syrien, Teile Anatoliens, den Irak und Iran bis hinunter zum persischen Golf erstreckte. Dort waren die Böden besonders fruchtbar, dort liegt auch das Zweistromland, das als eine wichtige Wiege der modernen Zivilisationen gilt. Von daher würde dies auch gut zur Eva-Theorie passen, denn vieles spricht dafür, dass sich mit der indogermanischen Sprachfamilie auch viele Erfindungen und kulturellen Errungenschaften in Asien und später auch über den Mittelmeerraum und Europa verbreitet haben. Heute sprechen weltweit rund drei Milliarden Menschen indogermanische beziehungsweise indoeuropäische Sprachen. Damit ist dies die größte Sprachfamilie.

Allerdings gibt und gab es auch viele Befunde, die hinter den Indogermanen Reitervölker der heutigen südrussischen Steppen vermuteten. Aber auch die heutige Türkei als sehr altes Siedlungsgebiet kam und kommt als Ursprung der Proto-Indogermanier in Frage.

Ursprache etwa 8100 Jahre alt

Das Eva-Team hat neben dem Ursprung auch das Alter dieser Sprachfamilien neu bestimmt. Die Genetiker und Sprachforscher der neuen Studie gehen davon aus, dass die proto-indogermanische Ursprache etwa 8100 Jahre alt ist und sich davon vor 7000 Jahren fünf Hauptzweige abgespaltet haben, um dann in Jahrtausenden über die Welt zu diffundieren. „Dies ist ein großer Schritt weg von den sich gegenseitig ausschließenden, früheren Szenarien hin zu einem plausibleren Modell, das archäologische, anthropologische und genetische Erkenntnisse integriert“, meint Eva-Gruppenleiter Wolfgang Haak von der Abteilung für Archäogenetik.

Autor: hw

Quellen: MPI-Eva, Wikipedia

Wissenschaftliche Publikation:

„Language trees with sampled ancestors support a hybrid model for the origin of Indo-European languages“ von Paul Heggarty u.a., in: „Science“, 28. Juli 2023, DOI: https://doi.org/10.1126/science.abg0818

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt