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Kritik an geplantem EU-Pressegesetz

Das Hauptquartier der EU im Berlaymont-Gebäude in Brüssel. Foto: EU-Presseservice

Das Hauptquartier der EU im Berlaymont-Gebäude in Brüssel. Foto: EU-Presseservice

Über 400 Verlage und Zeitungen senden offenen Protest-Brief nach Brüssel

Berlin, 27. Juni 2023. „Ernsthafte Bedenken“ gegen das von der EU-Kommission geplante „Europäische Medienfreiheitsgesetz“ („European Media Freedom Act“ = Emfa) haben über 400 Verlage, Zeitungen, Zeitschriften und Verbände aus Deutschland heute in einem offenen Brief vorgebracht. Anders als es der Name verspricht, schränke der Gesetzentwurf in seiner derzeitigen Fassung die Pressefreiheit eher ein als sie zu fördern.

„Kontraproduktiv für den Schutz der Pressefreiheit“

„Nach Auffassung der Unterzeichner sind mehrere Bestimmungen des EMFA kontraproduktiv für den Schutz der Pressefreiheit und missachten einige bewährte nationale Rahmenbedingungen und verfassungsrechtlich geschützte Verfahrensweisen“, kritisieren der „Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger „(BDZV) und der „Medienverband der freien Presse“ (MVFP), die zu den Unterzeichnern des offenen Briefes gehören. „Medienfreiheit und Pluralismus werden nicht dadurch erreicht, dass die Medienregulierung europaweit harmonisiert und in funktionierende und seit langem etablierte rechtliche Rahmenbedingungen in den Mitgliedstaaten eingegriffen wird.“

Kommission will Medien über eine Superbehörde überwachen

So stößt sich die Journalisten beispielsweise am Plan der Kommission, ein ihr unterstelltes „European Board for Media Services“ zu schaffen. Solch eine zentrale Presseaufsichtsbehörde wäre nahezu das Gegenteil der Freiheitsgrundsätze, die sich in Deutschland seit dem II. Weltkrieg herausgebildet haben. Solch eine Aufsichtsbehörde sei eine direkte Bedrohung der Pressefreiheit, heißt es in dem Brief. Zudem würden so bewährte nationale Reglungen und Rechtstraditionen ausgehebelt. So hätten in dem Kommissions-Gesetz beispielsweise solche selbstregulierende Instanzen wie der Presserat keinen Platz mehr. Auch müsse das EU-Pressegesetz dem Schutz der Meinungsfreiheit ein viel größeres Gewicht als im Entwurf festgeschrieben geben, statt die ohnehin schon wachsenden Zensureingriffe auf großen Internetplattformen weiter auszudehnen.

Schon als Familienministerin galt von der Leyen als „Zensursula“

Schon in der Vergangenheit hatte es wiederholt Kritik bis hin zu Massen-Demonstrationen gegen die zahlreichen Regulierungsversuche der EU-Kommission insbesondere im Internet gegeben. Diese Durchregulierungs-Neigung hatte der einstigen Bundesfamilienministerin und heutigen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) einst den Beinamen „Zensursula“ eingebracht.

EU-Kommissare sehen im Gesetz Schutzmechanismus für Pluralität

Die EU-Kommission sieht in ihrem Gesetzentwurf hingegen einen wichtigen Beitrag „zum Schutz des Medienpluralismus und der Unabhängigkeit in der EU“.

„Medienunternehmen spielen eine wichtige Rolle, sind jedoch mit sinkenden Einnahmen, Bedrohungen der Medienfreiheit und -pluralität, der Entstehung sehr großer Online-Plattformen und einem Flickenteppich unterschiedlicher nationaler Vorschriften konfrontiert“, argumentiert beispielsweise Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton. „Das Europäische Medienfreiheitsgesetz sieht gemeinsame Garantien auf EU-Ebene vor, um eine Pluralität der Stimmen zu gewährleisten und sicherzustellen, dass unsere Medien ungehindert funktionieren können, sei es privat oder öffentlich. Eine neue europäische Aufsichtsbehörde wird die wirksame Anwendung dieser neuen Regeln zur Medienfreiheit fördern und Medienkonzentrationen überprüfen, damit sie die Pluralität nicht behindern.“

Autor: hw

Quellen: BDZV, EU-Kommission

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt