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Polen militarisiert sich

Deutsche Sturmgewehr auf einer fiktiven Waffenmesse. Foto: Heiko Weckbrodt

Sturmgewehr. Foto: Heiko Weckbrodt

Leibniz-Forscherin: Aus Angst vor Russland lernen die Bürger schießen – und denken dabei an die Heimatarmee

Leipzig, 9. November 2022. Die russische Annexion der Krim 2014 und der Angriff auf die Ukraine 2022 führen dazu, dass sich im Nachbarland Polen auch die Zivilgesellschaft verstärkt militarisiert. Das hat Dr. Bettina Bruns vom Leibniz-Institut für Länderkunde (IFL) in Leipzig eingeschätzt. Träger dieser Entwicklung sind nach ihrer Ansicht unter anderem Schießverbände und andere paramilitärische Organisationen, aber auch Schulen. Diese Akteure berufen sich dabei unter anderem auf die polnische Heimatarmee, die im II. Weltkrieg gegen die deutschen Besatzer kämpfte. Die Volkswagen-Stiftung gibt Bruns nun rund 300.000 Euro, damit sie ihr Forschungsprojekt ‚Wir wollen vorbereitet sein‘ – Zur paramilitärischen Herstellung von Sicherheit in lokalen sozialen Kontexten in Polen“ bis 2024 weiter vorantreiben kann.

„Russische Aggression gegen Ukraine schürt Ängste“

„Die russische Aggression gegen die Ukraine schürt vielerorts Ängste“, heißt es von den Leipziger Leibniz-Forschern. „Besonders groß ist die Sorge vor einer Ausweitung des Kriegs in Polen. Dort wächst die Zahl derer, die Patriotismus mit der Bereitschaft zur militärischen Verteidigung ihres Landes verbinden.“

Uniformierte Klassen und Schießen auf dem Stundenplan

Ein wichtige Rolle spielen dabei die Schützenvereine („Związki strzeleckie“). „Sie sehen sich als eine Art Jugendklub, der die Heranwachsenden von der Straße, Alkohol und Drogen fernhält und ihnen stattdessen Werte wie Disziplin und Loyalität vermitteln“, meint Bruns, nachdem sie Mitglieder dieser Vereine interviewt hat. Außerdem stehen in Polen seit September für Schülerinnen und Schüler ab 13 Jahren Waffentraining auf dem Stundenplan, und es werden mehr und mehr „Klassen in Uniform“ eingerichtet – ähnlich wie seinerzeit in der DDR. Zugleich bieten auch private Sicherheitsfirmen Schießübungen an.

Dr. Bettina Bruns ist laut dem IFL Projektleiterin und stellvertretende Koordinatorin der Forschungsgruppe „Geographien der Zugehörigkeit und Differenz“ im Institut. In ihrer Arbeit befasst sie sich mit kritischer Militärgeographie und erforscht unter anderem die Themen Sicherheit und Grenze in Polen und Belarus.

Autor: hw

Quelle: IFL

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt