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Dresdner bringen DDR-Computer „Cellatron 8205 Z“ nach Jahrzehnten zum Laufen

Ein DDR-Werbeheft für die Cellatron 8205 Z mit dem Pumpspeicherwerk  Pumpspeicherwerk Hohenwarte in Thüringen im Hintergrund. Foto: Heiko Weckbrodt

Ein DDR-Werbeheft für die Cellatron 8205 Z mit dem Pumpspeicherwerk Pumpspeicherwerk Hohenwarte in Thüringen im Hintergrund. Foto: Heiko Weckbrodt

Betagter Rechner beruhte auf dem PC-ähnlichen „D4a“ von 1963 der TU Dresden

Dresden, 3. Oktober 2021. Ehemalige Ingenieure des DDR-Computerkombinats „Robotron“ und andere Elektronikexperten haben einen rund 50 Jahre Computer aus ostdeutscher Produktion aus einer Garage geborgen, repariert und in den Technischen Sammlungen Dresden (TSD) wieder zum Laufen gebracht. Am 2. Oktober 2021, also genau 60 Jahre nach der Geburtsstunde des heutigen Dresdner Mikroelektronik-Clusters, nahmen die Enthusiasten die betagte Datenverarbeitungsanlage des Typs „Cellatron 8205 Z“ aus den Jahren 1974/75 nun wieder in Betrieb. Zum Neustart haben sie en passant bewiesen, dass der Uralt-Computer auch spielefähig ist: Sie programmierten ein kleines Retrotechnik-Quiz (siehe Video), wobei die Ein- und Ausgabe über eine angesteuerte Robotron-Schreibmaschine erfolgt.

Video:  8205 Z in Aktion
mit Quiz-Spiel
(Video: Heiko Weckbrodt)

Größtenteils mit Original-Ersatzteilen repariert

Die „Cellatron 8205 Z“ habe jahrelang in einer Garage gestanden, „zum Glück gut und trocken gelagert“, erzählte TSD-Kurator Dr. Ralf Pulla. Der Besitzer habe die Anlage schließlich den Technischen Sammlungen überlassen. Ex-Robotroner und andere Elektronikexperten reparierten den alten Computer weitgehend mit Originalteilen. Viele Kollegen, die vor der Wende bei Robotron, im ZMD oder anderen DDR-Technologieschmieden in und um Dresden arbeiteten, steuerten dafür Dioden, Widerstände und andere diskrete Elektronik-Bauelemente bei, berichtete einer der Bastler.

Das Bedienpult der Cellatron 8205 Z erinnert an frühe Science-Fiction-Ästhetik à la Raumschiff Enterprise. Hier zeigt die rote Statusleuchte links gerade einen "Halt" in den Rechenoperationen an. Foto: Heiko Weckbrodt

Das Bedienpult der Cellatron 8205 Z erinnert an frühe Science-Fiction-Ästhetik à la Raumschiff Enterprise. Hier zeigt die rote Statusleuchte links gerade einen „Halt“ in den Rechenoperationen an. Foto: Heiko Weckbrodt

Ein Hauch von Ur-„Enterprise“

Nachdem die Cellatron 8205 Z wieder startbereit war, koppelten die Enthusiasten sie noch mit zeitgenössischer Speicher- und Peripherietechnik. Anstelle einer damals noch nicht verfügbaren Festplatte speichert die Anlage ihre Daten primär auf einer Magnettrommel „SpE“ ab. Externe Daten liest die Anlage mit dem „Lochbandleser 302“ von Papierlochbändern aus, kann sie aber auch andersherum mit dem „Lochbandstanzer C8021“ auf dieses Medium speichern. Der Bediener steuert den Cellatron-Rechner mit einem speziellen Bedienpult, das ein wenig an eine lustig blinkende Konsole aus der ersten Fernsehserie rund um das Raumschiff „Enterprise“ anmutet. Ursprünglich gab es noch ein spezielles Schreibwerk für die Ein- und Ausgabe von Texten – den Part übernimmt im Museum nun eine etwas neuere elektronische Robotron-Schreibmaschine.

Der Tischrechner D4a von N. J. Lehmann aus Dresden war der erste Transistor-Rechner der DDR - hier ein Exemplar in den Technischen Sammlungen Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Der Tischrechner D4a von N. J. Lehmann aus Dresden war der erste Transistor-Rechner der DDR – hier ein Exemplar in den Technischen Sammlungen Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Vom Tischrechner des ostdeutschen Computerpioniers Lehmann abgeleitet

Die 8205 Z kehrt gewissermaßen zu ihren Wurzeln zurück, wenn sie nun in Dresden blinkt und rattert: Hergestellt wurde dieser „Kleinrechner“-Typ zwar ab 1969 vom VEB Rechenelektronik Meiningen in Zella-Mehlis (daher auch: „Cellatron“). Doch die Technik geht im Kern auf den Tischrechner „D4a“ des Dresdner Computerpioniers Prof. Nikolaus Joachim Lehmann von der TU Dresden zurück. Lehmann konstruierte 1963 den ersten volltransistorisierten Rechner, der also weitgehend ohne Relais oder Elektronenröhren auskam. Viele nennen den D4a aus heutiger Sicht den ersten PC aus Ostdeutschland. Allerdings ging er nie in Serie.

Das war bei der vom D4a abgeleiteten, aber samt Peripherie deutlich größeren Cellatron 8205 beziehungsweise 8205 Z schon anders: Mit 3000 Stück erreichte dieser „Kleinrechner“ eine für die damalige Zeit beachtliche Stückzahl.

Die Cellatron 8205 Z mit Lochkartenstanzer (ganz links), Lochkartenleser (Mitte) und Bedienpult (rechts) in den technischen Sammlungen Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Cellatron 8205 Z mit Lochkartenstanzer (ganz links), Lochkartenleser (Mitte) und Bedienpult (rechts) in den technischen Sammlungen Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Wo besichtigen?

Die „Elektronische Rechenanlage Cellatron 8205 Z“ kann nun zu den üblichen Öffnungszeiten (Di – Fr 9 bis 17 Uhr Sa/So 10 bis 18 Uhr) der Technischen Sammlungen Dresden, Junghansstraße 1, in der Abteilung für Rechentechnik in der dritten Etage der ehemaligen Ernemann-Kamerawerke besichtigt werden. Mehr Infos: tsd.de

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Termin, Auskünfte Kurator und Reparaturteam, robotrontechnik.de, Oiger-Archiv

Lochbandleser der Cellatron 8205 Z. Foto: Heiko Weckbrodt

Lochbandleser der Cellatron 8205 Z. Foto: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt