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Neutronenstern-Verschmelzung in Erdnähe?

Gestatten: eine "Kilonova". Die Visualisierung zeigt, wie bei der Kollision zweier Neutronensterne ein gewaltiger (für das menschliche Auge tatsächlich aber unsichtbarer) Gamma-Blitz entsteht. Visualisierung: NASA

Die Visualisierung zeigt, wie bei der Kollision zweier Neutronensterne ein gewaltiger (für das menschliche Auge tatsächlich aber unsichtbarer) Gamma-Blitz entsteht. Visualisierung: NASA

Dresdner Helmholtz-Forscher berichten über kosmisches Plutonium vom Grund des Pazifik

Dresden, 13. Mai 2021. Womöglich sind zwei Neutronensterne in – nach kosmischen Maßstäbe – Erdnähe miteinander verschmolzen. Doch keine Panik: Wenn überhaupt, dann ereignete sich diese Superkatastrophe im All bereits vor Millionen von Jahren. Indizien dafür haben nun internationale Forschungsteams tief unten auf dem pazifischen Meeresboden entdeckt, berichtet das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), das an den Experimenten beteiligt war.

Forscher sind begeistert

„Wir waren begeistert, interstellares Plutonium in unserem Probenmaterial zu entdecken“, berichtet HZDR-Forscher Prof. Anton Wallner. „Es ist das erste Mal, dass Spuren seines Vorhandenseins in geologischen Archiven der Erde so deutlich gefunden wurden.“

Teil des Plutoniums stammt von Atomwaffentests – der andere aus dem All

Spuren von Plutonium hatten die Teams mit neuester Analysetechnik in den Bodenproben aus dem Ozean gefunden. Dieses Element kommt natürlich eigentlich nicht auf der Erde vor, weil es stark radioaktiv ist und sich selbst abbaut. Ein Teil dieses Plutoniums vom Meeresboden ist menschengemacht und rührt von Atomwaffentests aus dem Kalten Krieg her.

 Diese künstlerische Darstellung zeigt die Staubbildung in der Umgebung einer Supernova-Explosion. Visualisierung: ESO/M. Kornmesser, CC BY-SA 4.0

Diese künstlerische Darstellung zeigt die Staubbildung in der Umgebung einer Supernova-Explosion. Visualisierung: ESO/M. Kornmesser, CC BY-SA 4.0

Aber die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Australien, Israel, Japan, der Schweiz und Deutschland fanden auch das Plutonium-Isotop 244. Und das kann nur aus dem All gekommen sein. Entweder entstand es, als mehrere große Sterne in der Nachbarschaft unseres Sonnensystems am Ende ihres „Lebens“ als Supernovae explodierten. Hinweise auf solch eine Folge von Sternenexplosionen in den vergangenen zehn Millionen Jahren hatten Forscher aus Dresden, Berlin und Canberra bereits vor fünf Jahren über Eisen-60-Isotope im Meeresboden entdeckt. Aber für das kosmische Plutonium gibt es noch eine andere, spektakulärere Deutung. Demnach rieselte es wie Sternenstaub nach einem noch gewaltigeren kosmischen Ereignisses auf die Erde, nämlich nach der Verschmelzung zweier extrem dichter Neutronensterne.

„Doch um diese Spekulationen aufzuklären, sind weitere Daten erforderlich“, hieß es vom HZDR. „Das gilt ebenso für eine Untermauerung von Vorstellungen, die Supernova-Einflüsse auf das Klima und die Evolution der Erde für denkbar halten.“

Autor: hw

Quelle: HZDR

Wissenschaftliche Publikation:

Wallner, M.B. Froehlich, M.A.C. Hotchkis, N. Kinoshita, M. Paul, M. Martschini, S. Pavetich, S.G. Tims, N. Kivel, D. Schumann, M. Honda, H. Matsuzaki, T. Yamagata, 60Fe and 244Pu deposited on Earth constrain the r-process yields of recent nearby supernovae, in Science, 2021.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt