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IfW: De-Globalisierung würde Deutschland hart treffen

Prof. Gabriel Felbermayr, Ifo-Zentrum für Außenwirtschaft. Foto: Ifo

IfW-Präsident Prof. Gabriel Felbermayr. Foto: Ifo

Felbermayr: Wirtschaft sollte lieber mehr Lieferquellen auftun statt wieder alles selbst produzieren zu wollen

Kiel, 2. Februar 2021. Eine protektionistische Politik, die darauf zielt, Wertschöpfungsketten zurückzuverlagern und eine Regionalwirtschaft zu etablieren, würde zu erheblichen Wohlstandsverlusten für Deutschland und die Deutschen führen. Das schätzt das Institut für Weltwirtschaft (IfW) aus Kiel in einer Studie ein. Demnach würde das Realeinkommen in der Bundesrepublik durch solch einen Kurs jährlich um 3,3 Prozent schrumpfen. Wenn die betroffenen Zulieferländer Gegenmaßnahmen ergreifen, was zu erwarten sei, müsse sogar mit einem Rückgang um 6,9 Prozent gerechnet werden.

Corona-Krise hat die Verwundbarkeit internationaler Lieferketten gezeigt

„Die Corona-Krise hat die Verwundbarkeit internationaler Lieferketten gezeigt. Daraus den Schluss zu ziehen, Produktion wieder zurück in die Heimatländer zu holen, ist extrem teuer und daher der falsche Weg“, argumentierte IfW-Präsident Gabriel Felbermayr. „Zielführender wäre es, die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft beispielsweise durch stärkere Diversifizierung im Hinblick auf Zulieferer, vermehrte Lagerhaltung oder auch den erweiterten Einsatz von Recycling zu verbessern. Ein sehr restriktives Sorgfaltspflichtengesetz wäre da eher kontraproduktiv.“

Die Diskussion um eine De-Globalisierung und geschlossene regionale Wirtschaftskreisläufe ist nicht erst seit Corona entbrannt: Schon die Handelskriege des früheren US-Präsident Donald Trump (Die Republikaner), dass die globalen Produktionsströme empfindlicher sind als lange gedacht. Auch artikulieren in Deutschland vor allem grüne Politiker und Umweltaktivisten den Wunsch nach mehr lokalen, allenfalls regionalen Wirtschaftskreisläufen.

VDMA-Vize: „Geschäftsmodell Deutschlands beruht auf offenen Grenzen“

Dies aber würde das exportorientierte Deutschland mit seinem im Vergleich zu den USA oder China kleinen Binnenmarkt teuer zu stehen kommen, meint die „Impuls“-Stiftung des „Verbandes der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer“ (VDMA), die die IfW-Studie in Auftrag gegeben hatte. Die deutsche Volkswirtschaft verliert, wenn wir versuchen, die Globalisierung zurückzudrehen“, betonte VDMA-Vize Henrik Schunk namens der Impuls-Stiftung. „Das Geschäftsmodell Deutschlands im Allgemeinen und des Maschinenbaus im Besonderen beruht auf offenen Grenzen, Austausch und Vernetzung.“

Maschinenbau-Lobby fürchtet Sorgfaltspflichtengesetz

Dass der VDMA gerade jetzt solch eine Studie in Auftrag gegeben hat, ist auch im Kontext eines verschärften Sorgfaltspflichtengesetzes, auf das Politiker in Deutschland und in der EU dringen. Die Vorüberlegungen dazu sehen für im EU-Raum aktive Unternehmen weitgehende Dokumentationspflichten darüber vor, wie ihre Zulieferer weltweit Menschen-, Arbeitschutz- und Umweltstandards einhalten. Wirtschaftsvertreter wiederum hatten darauf verweisen, dass solche Verpflichtungen kleine und mittelständische Unternehmen völlig überfordert würden. Solch ein Gesetz könnte de facto ganz ohne Schutzzölle darauf hinauslaufen, dass nur noch schlagkräftige Konzerne die Chancen internationaler Wertschöpfungsketten nutzen können.

Autor: hw

Quelle: IfW, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt