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Viele Deutsche wollen Cyborgs sein

Wo endet der Mensch, wo beginnt die Maschine? Szenenfoto aus der Neuverfilmung des Cyborg-Thrillers "Robocop". Abb.: MGM

Wo endet der Mensch, wo beginnt die Maschine? Szenenfoto aus der Neuverfilmung des Cyborg-Thrillers „Robocop“. Abb.: MGM

Technologische Erweiterungen des menschlichen Körpers gelten längst nicht mehr nur als Horror- und Science-Fiction-Szenario

Ingolstadt, 20. September 2020. Viele Deutsche haben Filme und Serien wie „Robocop“ oder „Der 6-Millionen-Dollar-Mann“, in denen technologisch aufgerüsteten Menschen („Cyborgs“) wahre Wunderdinge vollbrachten, offensichtlich noch in guter Erinnerung: Sie würden nämlich auch gern ihren Körper mit mehr Stärke, bessere Sicht oder Sprungkraft ausstatten. Das geht aus einer Studie „The Future of Human Augmentation 2020: Opportunity or Dangerous Dream?“ des russischen Sicherheitssoftware-Unternehmens „Kaspersky“ hervor, die sich unter anderem auf eine Umfrage unter rund 1000 Bundesbürgern stützt.

Auszug aus der Cyborg-Umfrage. Grafik: Kaspersky

Auszug aus der Cyborg-Umfrage. Grafik: Kaspersky

Kaspersky-Umfrage: 90 % würden ihren Körper gern aufrüsten

Demnach möchten 90 Prozent der Deutschen ihren Körper verbessern, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Vor allem technologische Aufrüstungen, die generell die Gesundheit verbessern, stehen dabei hoch oben auf den Wunschlisten für eine „Human Augmentation“ („Menschliche Verbesserung“), aber auch ein besseres Sehvermögen (34 Prozent), mehr Kraft (31 Prozent) sowie ein attraktiverer Körper (29 Prozent).

Können sich nur Reiche „Human Augmentation“ leisten?

Allerdings gibt es selbst unter Befürwortern auch ernsthafte Sorgen über diesen möglichen Entwicklungspfad der Menschheit: „Der Großteil schätzt, dass sich Human-Augmentation-Technologie nur Wohlhabende werden leisten können (81 Prozent), während 87 Prozent die Sorge haben, ihr smarter werdender Körper könnte zum Hacking-Ziel für Cyberkriminelle werden“, berichtet die deutsche Kaspersky-Tochter in Ingolstadt aus den Umfrageergebnissen. Auch rechnen viele mit einer militärischen Nutzung dieser Technik.

Exoskelette, Hirnimplantate und subkutane Chips: Cyborg-Vorstufen sind längst möglich

Dabei sickern Vorstufen der Cyborg-Technologie längst schon in unseren Alltag: Beispielsweise experimentieren neben Militär und Raumfahrt inzwischen auch die Bauwirtschaft und immer mehr andere Branchen mit Exoskeletten, die sich Menschen umschnallen können, um dann enorme Lasten tragen zu können. Bisher sind solche Exoskelette für einen Masseneinsatz noch viel zu teuer und energiehungrig. Aber es gibt auch Überlegungen, künftig hochbetagten Senioren wieder Lauffreude und Sprungkraft zurückzugeben.

Auch medizinische Hirnimplantate, die zum Beispiel Epileptikern helfen, ihre Anfälle in den Griff zu bekommen, gibt es schon – wobei hier nicht die „Verbesserung“ des menschlichen Körpers im Fokus steht, sondern vielmehr die „Reparatur“.

Zudem bieten einige Technologiefirmen ihren Mitarbeitern an, sich Erkennungs-Chips unter die Haut („subkutan“) einpflanzen zu können, um so gewissermaßen mit ihrem Körper die richtigen Türen im Unternehmen öffnen können.

Elon Musk gilt als glühender Verfechter der Hirnaufrüstung

Für viel Aufsehen haben auch die Ankündigungen des US-Technologiepioniers Elon Musk gesorgt, neben Elektroautos, wiederverwendbaren Raketen, Flammwerfern und Tunnelbohrern auch Chipimplantate herzustellen, die sich Menschen in den Kopf einpflanzen können, um beispielsweise Musik ohne Umweg über die Ohren hören zu können. Womöglich könnte diese Technologie letztlich sogar zu einer Art „Gedankenlesen“ führen, wenn solcherart „verbesserte“ Menschen über ihre Funkchips stumm Texte, Bilder und Vorstellungen austauschen.

Auszug aus der Cyborg-Umfrage. Grafik: Kaspersky

Auszug aus der Cyborg-Umfrage. Grafik: Kaspersky

Kaspersky-Analyst fordert gemeinsame Standards für Cyborg-Technologien

„Human Augmentation ist heute einer der bedeutendsten Technologietrends“, ist Marco Preuss überzeugt, der Leiter des Forschungs- und Analyseteams von Kaspersky in Europa. „Wir sehen bereits eine Vielzahl praktischer Anwendungen, die in den alltäglichen Bereichen unseres Lebens wie Gesundheits- und Sozialwesen, Sport, Bildung und Verkehr eingesetzt werden. Exoskelette für Feuerwehr und Rettungsdienste oder Bioprinting von Organen sind einige Beispiele dafür.“ Doch viele Menschen sein zu Recht auch misstrauisch. „Augmentation-Fans testen bereits die Grenzen des Möglichen, doch wir brauchen gemeinsam vereinbarte Standards, um sicherzustellen, dass Human Augmentation sein volles Potenzial entfaltet und gleichzeitig die Risiken hinsichtlich Datenschutz und Cybersicherheit minimiert werden.“

Autor: hw

Quellen: Kaspersky, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt