Künstlicher Helfer soll in Obst- und Weinplantagen sprühen, mulchen und Kisten buckeln
Dresden, 11. August 2020. Landmaschinenbauer der TU Dresden konstruieren derzeit einen besonders wendigen und flexiblen Roboter, der Obstbauern und Winzern bald bei der Pflege ihrer Gärten hilft: Der „Elwobot“ („ELektrischen Wein- und ObstroBOTer“) soll sich autonom zwischen den Pflanzenreihen orientieren, schwächelnde Sträucher erkennen und bevorzugt mit Pflanzenschutzmitteln besprühen, Kisten für die Winzer schleppen und die Plantagen für den Winter mulchen. In etwa drei Jahren geht dieser gärtnernde Roboter in die Produktion, hat Projektbetreuer Jens Fehrmann vom Lehrstuhl für Agrarsystemtechnik der TU Dresden nun angekündigt.
Wendiges System
„Wir brauchen dafür ein sehr wendiges System“, betont der Ingenieur. „Zwischen den Sträuchern muss sich der Elwobot auf kleinstem Raum bewegen.“ Daher haben die Experten ihrem Roboter vier Räder verpasst, die sich locker um 90 Grad drehen. Dadurch kann der künstliche Gartenhelfer auch seitwärts fahren und sich auf der Stelle drehen. Je nach konkretem Einsatzzweck fährt der Elwobot mit diesel- oder batterieelektrischen Antrieben.
Video: Der Elwobot beim Testeinsatz in Dürrweitzschen (TUD):
Roboter erkennt Hinternisse mit Laseraugen
„Menschen und andere Hindernisse erkennt er mit 2D-Lasern“, erklärt Jens Fehrmann. Der Elwobot könne aber auch mit 3D-Lasern und einer ganzen Sensoren-Phalanx ausgerüstet werden. Mit Hilfe dieser künstlichen Augen und Ohren orientiert er sich dann selbst in unwegsamen und unübersichtlichen Gärten. Mit anderen Robotern vernetzt er sich per 5G-Mobilfunk. Seine Sprühanlagen, Mulchkisten oder andere Aufbauten sind modular austauschbar.
Sprühroboter sollen Geld sparen und die Umwelt entlasten
Das internationale Marktpotenzial für derartige Agrarroboter ist erheblich: Um etwa 90 Prozent könnte der Chemieverbrauch auf Feldern und Plantagen durch den Einsatz von Sprührobotern sinken, schätzt Dr. Khasha Ghaffarzadeh vom englischen Marktanalyse-Unternehmen „IDTechEx“ aus Cambridge. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass derartige Roboter es wirklich schaffen, erfahrene Bauern zu überflügeln: Sie müssen erst lernen einzuschätzen, welcher Apfelbaum oder welche Rebe wirklich chemische Unterstützung braucht und welche nicht. Dann können sie Pflanzenschutzmittel hochpräzise dosieren, viel genauer als ein Mensch – und damit nicht nur Kosten sparen, sondern auch die Umwelt schonen.
„Nicht zuletzt ist das auch eine Frage des Arbeitsschutzes“, sagt Jens Fehrmann. Denn wenn Roboter das Sprühen übernehme, sinke das Risiko für Menschen, mit Pflanzenschutzmitteln in Kontakt zu geraten.
Bauern lernen in der erweiterten Realität
Lernen muss aber nicht nur der Roboter, sondern auch der Bauer. Deshalb erproben die Dresdner Ingenieure für den Elwobot-Einsatz auch neue Schulungs- und Wartungkonzepte mittels erweiterter beziehungsweise „augmentierter Realität“: Wer verstehen will, wie der Roboter zu starten, zu bedienen und zu reparieren ist, guckt durch eine AR-Datenbrille oder durch einen Tablett-Computer auf den Elwobot. Das Lernprogramm überlagert dann das normale Kamerabild des Roboters mit zusätzlichen Erläuterungen, Grafiken und Lernvideos.
Die ersten Praxistests hat der Elwobot inzwischen auf Versuchsfeldern bestanden. „Nun sind wir dabei, ein marktfähiges Gerät daraus zu machen“, sagt Jens Fehrmann.
Kommt als nächstes der Pflückroboter?
Und die nächste Herausforderung wartet schon auf die Dresdner Agrarsystemtechniker: Viele Bauern hätten gern einen Ernteroboter, der Birnen, Tomaten, Weintrauben automatisch pflücken oder beispielsweise Spargel selbstständig stechen kann. Wie schnell menschliche Erntehelfer ausfallen können, hat jüngst erst wieder die Corona-Krise gezeigt. Bisher ist es weltweit aber noch keinem Institut oder Unternehmen gelungen, über Experimente hinaus praxistaugliche und serienreife Pflückroboter zu entwickeln. „Das wird noch mal ein ganzes Stückchen schwieriger als sprühen und mulchen“, meint TU-Ingenieur Fehrmann.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Vor-Ort-Recherchen TUD, IDTechEx, Oiger-Archiv
Zum Weiterlesen:
Die Zukunft auf dem Feld gehört den Robotern und Schwärmen
Sachsen wollen Feldschwarm zur Ernte schicken
5G-Testfeld für das Dorf der Zukunft
Ihre Unterstützung für Oiger.de!
Ohne hinreichende Finanzierung ist unabhängiger Journalismus nach professionellen Maßstäben nicht dauerhaft möglich. Bitte unterstützen Sie daher unsere Arbeit! Wenn Sie helfen wollen, Oiger.de aufrecht zu erhalten, senden Sie Ihren Beitrag mit dem Betreff „freiwilliges Honorar“ via Paypal an:
Vielen Dank!
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.