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Buch „Der Aquarist“: Teufel ist ein kreativer Beruf

"Der Aquarist" verwendet ganz eigene Werkzeuge. Foto: Salomo Publishing

„Der Aquarist“ verwendet ganz eigene Werkzeuge. Foto: Salomo Publishing

Drama über einen Totenwäscher – und was ihn in seinen Abgrund driften ließ

Dass Jochen etwas seltsam war, fand schon seine Mutter. Und die Kollegen während seiner ersten, unvollendeten Lehre. Und die Nachbarn. Und vielleicht hatte gerade das den jungen Mann innerlich erst zum wirklich Seltsamen deformiert. Halbwegs akzeptiert hat sich der Junge man wohl nur im „Abgrund“ unterm Kreiskrankenhaus gefühlt, als Wäscher der Toten. Was aber hinter seiner stillen Fassade lauerte, wusste keiner – bis sich all der Frust, der Hass, die zehrende Rachegier für all das, was er nicht haben konnte, in einem finalen Gewaltexzess entlud… Die Rede ist vom „Aquarist“. Und aufgeschrieben hat dessen gar mörderische Moritat der Wirtschaftsjournalist und Schriftsteller Michael Braun Alexander. Erschienen ist dieser Um-die-Ecke-Krimi im Dresdner Buchverlag.

Aus der Perspektive der Nachbarin erzählt

Dabei bedient sich der Autor des Matroschka-Prinzips, um den Leser zu umgarnen, zu fesseln und die Spannung zu steigern: Statt einer direkten Erzählstruktur bedient sich Alexander einer alten Dame, um seine Story auszubreiten. Die schweift zunächst oft gedanklich ab, belässt es zunächst in Andeutungen, worüber sie eigentlich berichten will. Um sich dann mit jeder Hülle, die abgestreift wird, klarer und klarer darüber zu werden, zu welchem (Un-)Menschen sich dieser Junge von nebenan entwickelt hat – und zumindest zu mutmaßen, warum dies geschah.

Denn hineingucken in den Kopf eines anderen kann man ja nun mal nicht, repetiert die alte Dame eine alte Binsenweisheit. Und wer weiß schon, welche scheinbaren Banalitäten den Menschen neben uns wahnsinnig machen?

„Es gibt so viele verschiedene Höllen, für jeden von uns eine eigene, die wird auf den Einzelnen zugeschnitten, auf die persönlichen Bedürfnisse. Was für den einen das Paradies ist, ist für den anderen eine Folterkammer, und wer meint, die Leiden alle zu kennen, der weiß nicht um die Gestaltungskraft des Bösen … Teufel ist ein kreativer Beruf.“

(Zitat aus „Der Aquarist“)

Was ist es also, was die bösartigen, kleinlichen, hinterhältigen, grausamen Impulse in uns weckt? Die uns asozial machen, vielleicht gar soziopathisch oder böse? Das ist das zentrale Thema in dieser Erzählung mit ihren sukzessive gesteigerten Grausamkeiten.

Michael Braun Alexander. Foto: Salomo Publishing

Michael Braun Alexander. Foto: Salomo Publishing

Insofern ist „Der Aquarist“ ein anfangs leicht daherplätscherndes, dann immer fesselnderes psychologisches Drama über die Abgründe, die ein jeder driften kann. Eine kleine Warnung indes: Tierfreunde und zarte Gemüter sollten zu einem anderen Büchlein greifen, dafür badet die Geschichte zu sehr in expliziten Tierquälereien.

Kurzüberblick:

Autor der Rezension: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt