Dresdner Planck-Physiker designen in neuen Laboren Werkstoffe aus einzelnen Atomen
Dresden, 23. Oktober 2014: Um neue Werkstoffe zu finden, die zu sehr schnellen Spintronik-Speicherchips und besseren Motoren für Elektroautos führen könnten, nimmt das Dresdner Max-Planck-Institut für „Chemische Physik fester Stoffe“ (MPI-CPFS) an der Nöthnitzer Straße Anfang November zwei neue, über zehn Millionen Euro teure Forschungslabore mit einer speziell für die Dresdner Physiker maßgeschneiderten „Sputter“-Anlage offiziell in Betrieb. Dabei handelt es sich um ein automatisch verknüpftes System von Hochvakuum- und Analyse-Kammern, in denen hauchdünne Beschichtungen möglich sind. Außerdem haben die Physiker ein extrem hochauflösendes Elektronenmikroskop bekommen, mit dem sie bis in die Welt der Atome hinabschauen können.
Dauermagneten für E-Autos ohne Seltene Erden
„Wir wollen zum Beispiel an neuen Permanentmagneten forschen, die ohne Seltene Erden auskommen“, erklärte Prof. Claudia Felser, die zuständige Direktorin für Anorganische Chemie am Institut. Das klingt für den Laien zunächst wenig aufregend, hat aber eine besondere wirtschaftspolitische Bedeutung: Die Elemente-Gruppe der Seltenen Erden nämlich wird beispielsweise benötigt, um leistungsfähige Motoren etwa für Elektroautos zu konstruieren.
„Da hat China den Daumen drauf“
Diese Werkstoffe sind aber – wie es der Name schon verrät – selten. „Da hat China den Daumen drauf“, erklärt Felser. Und da die chinesische Regierung regelmäßig zu Gunsten der eigenen Industrie Export-Embargos über Schlüsselwerkstoffe verhängt, könnten Dauermagneten ohne Seltene Erden helfen, die deutsche Wirtschaft und speziell auch die Elektroauto-Entwicklung unabhängiger vom Reich der Mitte machen. Zudem erhoffen sich die Forscher effektivere Elektromotoren durch solche neuen Magneten.
Spintronik soll Superspeicher ermöglichen
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt in dem neuen Komplex sollen neue Spintronik-Materialien sein. Dies sind Stoffe, die letztlich Daten in den „Spins“ (Drehmomenten) von einzelnen Elementarteilchen wie etwa Elektronen speichern. Gelänge es, solche Materialien bis zur Industriereife zu führen, könnten Halbleiterfabriken daraus noch bessere und schnellere Speicherchips produzieren, die sich selbst ganze Video-Sammlungen auf Daumennagelgröße merken könnten.
Atomstaub im Hochvakuum
Kernstück des Sputter-Labors ist eine über 9,4 Meter lange Transferstrecke aus verknüpften Hochvakuum-Kammern. In ihnen reißen Magnetrone einzelne Atome aus einem Quellmaterial und bestäuben damit luftempfindliche Proben mit immer neuen, extrem dünnen Funktionsschichten – die dann in Analysekammern zwischendurch immer wieder untersucht werden.
Supermikroskop macht einzelne Atome sichtbar
Das benachbarte Transmissions-Elektronenmikroskop (TEM) der japansichen Firma „Japan Electron Optics Laboratory“ (JEOL) wiederum kann selbst Strukturen von 50 Picometern (Milliardstel Millimeter) noch auswerten – und damit direkt für die Forscher einzelne atomare Verbindungen sichtbar machen. Laut Institut handelt es sich um eines der weltweit besten Mikroskope seiner Art. Die Wissenschaftler planen, das Labor in den nächsten Jahren um weitere Anlagen – zum Beispiel eine „Molekularstrahl-Epitaxie“ – zu erweitern. Autor: Heiko Weckbrodt
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