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Neues Netzwerk will Cybersicherheit in Sachsen verbessern

Bricht die Firewall? Zu viele Unternehmen tun zu wenig für ihre informationstechnologische Sicherheit, meint das neue Cyber-Sicherheitsnetzwerk Sachsen. Visualisierung: Dall-E

Bricht die Firewall? Zu viele Unternehmen tun zu wenig für ihre informationstechnologische Sicherheit, meint das neue Cyber-Sicherheitsnetzwerk Sachsen. Visualisierung: Dall-E

Verbund sendet 130.000 IT-Notfallkarten aus

Dresden, 21. September 2023. Manchmal sind es Erpresser aus dem Internet mit Millionenforderungen, dann wieder Weil sich die Cyberattacken-Anzeigen in Sachsen binnen fünf Jahren verdoppelt haben, viele Unternehmen solche Angriffe noch nicht einmal melden, ist mittlerweile ein „Cyber-Sicherheitsnetzwerk Sachsen“ entstanden. Die Digitalagentur Sachsen, Wirtschaftskammern und das Landeskriminalamt (LKA) haben sich in diesem Verbund zusammengetan, um erste Hilfe für attackierte Betriebe im Freistaat zu vermitteln, einen Kreis vertrauenswürdiger Präventiv-Berater aufzubauen und die betroffenen Unternehmen zu ermuntern, ihren informationstechnologischen (IT) Schutz zu verbessern.

Sachsen wollen vertrauenswürdige Ersthilfe und Prophylaxe sichtbar machen

„Wir wollen bestehende Angebote sichtbarer machen und zeigen, was davon vertrauenswürdig ist“, erklärte Gerd Neudert vom Verband „Cluster IT Mitteldeutschland“. Nicht zuletzt gehe es darum, sächsische Unternehmen künftig besser und intensiver durch Vor-Ort-Hilfen bei Cyberangriffs-Vorsorge und -Abwehr zu unterstützen, ergänzte die sächsische Digital-Beauftragte Ines Fröhlich. „Wir wollen eine 1:1-Betreuung erreichen.“ Zum Auftakt versendet das neue Cyber-Sicherheitsnetzwerk nun rund 130.000 IT-Notfallkarten an Unternehmen in ganz Sachsen. Diese Karten enthalten unter anderem Abstreichlisten, was bei einem Cyber-Angriff als erstes zu tun ist.

So sehen die IT-Notfallkarten vom Cyber-Sicherheitsnetzwerk Sachsen aus. Foto: Heiko Weckbrodt

So sehen die IT-Notfallkarten vom Cyber-Sicherheitsnetzwerk Sachsen aus. Foto: Heiko Weckbrodt

Cyberkriminalität verdoppelt

Hintergrund: Zwischen 2018 und 2022 hat sich die Zahl der staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen Cyberkriminalität in Sachsen von rund 6500 auf 23.700 in etwa verdoppelt. Dazu gehörten Cyberangriffe auf die Industrie- und Handelskammern Chemnitz und Plauen sowie auf die Bergakademie Freiberg, die teils für monatelange Störungen sorgten.

Tatsächliche Fallzahl womöglich zehnmal so hoch

Justizministerin Katja Meier (Grüne) geht allerdings davon aus, dass im Schnitt nur einer von zehn Cyberangriffen überhaupt zur Anzeige kommt. Die Gründe sind vielfältig: Manche Unternehmer schämen sich ob ihres informationstechnologischen Versagens oder in der Opferrolle zu sehr. Andere fürchten um ihre Firmengeheimnisse, wenn sie die Cyberpolizei ins Haus lassen.

Kammervertreter: Datensicherung auf externer Festplatte ist schon mal ein guter Anfang

Hinzu kommt, dass gerade viele kleine Unternehmen, wie sie typisch für Sachsens Wirtschaft sind, das ganze Thema Cybersicherheit chronisch vernachlässigen oder die Kosten scheuen. „Viele unserer Betriebe haben nur fünf bis sieben Mitarbeiter“, erzählt Volker Lux, Geschäftsführer der Handwerkskammer zu Leipzig. „Von denen hat keiner einen eigenen IT-Sicherheitsexperten.“ Und gerade in diese Breschen will nun eben das Cyber-Sicherheitsnetzwerk springen, indem es eben auch externe Experten vermittelt, die es als vertrauenswürdig eingestuft hat. Zudem müsse Cyber-Prophylaxe nicht immer gleich ein Mega-Projekt sein, betont Lux: „Wenn zum Beispiel die Frisörin wenigstens mal eine externe Festplatte kauft und einmal im Monat ihre Daten sichert, ist schon viel gewonnen.“

LKA Sachsen registriert 2,5 Millionen Euro angezeigte Schäden in einem Quartal

Denn anderseits sind die Schäden, die bei Verschlüsselungs-, Erpresser- und Ausspäh-Attacken über das Internet oder eingeschmuggelte Infektions-USB-Sticks entstehen, oft genug für das betroffene Unternehmen regelrecht existenzbedrohend: Zu viele Absatzwege und andere Geschäftsprozesse laufen selbst bei Mini-Unternehmen inzwischen digital ab – und wenn da Computer und Internet lahmgelegt oder alle Betriebsdaten heimtückisch verschlüsselt sind, bricht schnell mal der ganze Betrieb zusammen. Wie hoch die gesamten jährlichen Schäden sind, die durch Cyberkriminalität im im Freistaat entstehen, lässt sich allerdings wegen der hohen Dunkelziffern außerhalb offizieller Statistiken nur ungefähr abschätzen. So hatte das LKA in seinem Cyber-Dashbord für Cyberkriminalität allein für das vierte Quartal 2022 rund 2,5 Millionen Euro angezeigte Schäden registriert. Geht man tatsächlich von einem Verhältnis zwischen angezeigter und tatsächlicher Cyberkriminalität von 1 zu 10 aus, entspräche dies mindestens 25 Millionen Euro Schäden. Für die gesamte Bundesrepublik hatte der deutsche Digitalverband „Bitkom“ erst kürzlich die Schäden durch Cyberkriminalität auf 206 Milliarden Euro durch durch Datendiebstahl, Spionage und Sabotage geschätzt. Umso wichtiger sei es, so Staatssekretärin Fröhlich, endlich die „Hemmschwelle in den Betrieben zu senken“, Cyberangriffe auch anzuzeigen und ihnen vor allem besser vorzubeugen.

-> Das Cybersicherheits-Netzwerk Sachsen ist über diese Adresse zu erreichen: cyber-sicherheitsnetzwerk.sachsen.de.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Auskünfte LKA, Digitalagentur Sachsen, Staatssekretärin Fröhlich, Handwerkskammer Leipzig, Industrie und Handelskammer Leipzig, IHK Dresden, IT-Cluster Mitteldeutschland, Oiger-Archiv, SMJus, Bitkom

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt