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Dresdner Studenten sollen sich in Taiwan für TSMC fit machen

Blick in eine Fabrik von TSMC - das taiwanesische Unternehmen ist die weltweit größte Chip-Foundry. Abb.: TSMC

Blick in eine TSMC-Fabrik. Abb.: TSMC

Sachsen startet Fachkräfte-Inkubatorprogramm in Asien

Dresden/Taipeh, 19. September 2023. „Von Taiwan heißt siegen lernen“: In freier Abwandlung einer alten DDR-Losung startet Sachsen ein Fachkräfte-Ausbildungs- und -Gewinnungsprogramm in Taiwan. In einem ersten Schritt schickt die Technische Universität Dresden (TUD) ab dem Sommer-Semester 2024 talentierte Mikroelektronik-Studenten auf die fernöstliche Insel. Die sollen dort nach dem selben Lehrplan lernen wie einheimische Nachwuchs-Akademiker, um sich für die Ansiedlung der TSMC-Chipfabrik in Dresden vorzubereiten. Letztlich wollen Freistaat und TU Dresden so taiwanesische Halbleiter-Expertise und Lehrmethoden nach Sachsen transferieren. Entsprechende Vereinbarungen haben heute Vertreter der Technischen Universität Dresden und taiwanesischer Unis in Taipeh unterzeichnet.

„Fachkräftebedarf wird massiv steigen“

Die Verfügbarkeit von geeigneten Fachkräften sei für TSMC eine wichtiges Kriterium gewesen, sich in Dresden anzusiedeln, erklärte der sächsische Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU). Und bereits vor der Entscheidung der Taiwanesen, in Sachsen eine zehn Milliarden Euro teure Chipfabrik zu bauen, sei eines absehbar gewesen: „Der Fachkräftebedarf unserer gesamten Halbleiterindustrie wird ohnehin massiv steigen“, sagte Gemkow. Auch deshalb werde Sachsen ein akademisches Austauschprogramm mit Taiwan auflegen.

1. Delegation mit 40 Studenten wechselt zum Sommersemester 2024 nach Taiwan

In diesem Zuge delegiert die TU Dresden zunächst 40 Studenten nach Taiwan, im nächsten Schwung dann 100 Nachwuchsakademiker. Die Nachfrage aus der Dresdner Studentenschaft, an diesem „Semiconductor Talent Incubation Program“ teilzunehmen, sei groß, betonte TUD-Sprecherin Marion Schmidt. In der Delegation sollen verschiedene mikroelektroniknahe Fachrichtungen vertreten sein, darunter Elektrotechnik, Informatik und Chemie.

Dresdner Uni richtet Verbindungsbüro in Taiwan ein

Außerdem will die Dresdner Uni ein Verbindungsbüro in Taiwan einrichten. Es soll in Taiwan Fachkräfte für die Arbeit in der Dresdner Mikroelektronik und in weiteren Branchen gewinnen, zudem den akademischen Austausch in beiden Richtungen unterstützen. Auch Sprachkurse für Studenten und Fachkräfte, die im jeweils anderen Land lernen oder arbeiten wollen, könnte diese neue TUD-Außenstelle womöglich anbieten. Als Startbudget haben Freistaat und Uni rund 1,5 Millionen eingeplant: eine Million für das Büro und eine halbe Million für die Austausch-Studenten.

Pilotprojekt für weitere sächsische Akquise-Büros in Indien, Usbekistan und Vietnam

Das Büro in Taiwan ist gleichzeitig als Pilotprojekt für weitere Auslandsstellen zur sächsischen Fachkräfte-Akquise gedacht. Ähnliche Verbindungsbüros wollen die Sachsen später in weiteren ausgewählten Zielregionen wie Indien, Usbekistan oder Vietnam einrichten.

Ursprünglich für Intel-Ansiedlung ausgeknobelt

Das „Semiconductor Talent Incubation Program“ und das Uni-Büro in Taiwan sind Bausteine eines größeren Programms, mit dem der Freistaat sicherstellen will, dass die TSMC-Ansiedlung nicht an mangelnden Fachkräften scheitert. Ursprünglich hatte sich die Staatsregierung ein ähnliches Programm für Intel erwogen, um den US-Konzern eine Ansiedlung in Sachsen schmackhaft zu machen – doch bekanntlich entschieden sich die Amerikaner letztlich für Magdeburg. TSMC ist nun der erste Großinvestor, für den der Freistaat solch ein Fachkräfte-Sicherungspaket nun tatsächlich schnürt.

Mehr englische Studien in Dresden geplant

Zu diesem Paket gehören unter anderem auch eine Weiterentwicklung der Mikroelektronik-Studien an den Unis Dresden, Chemnitz und Freiberg nach taiwanesischen Erfahrungen und eine bessere Auslastung der existierenden elektrotechnischen Studiengänge vor allem jenseits der Großstädte. Zudem plant die TU Dresden, künftig mehr englische Studiengänge anzubieten, um mehr internationale Jungakademiker anzulocken. Bei Bedarf werde das Land die Studienkapazitäten an den sächsischen Unis auch aufstocken, versprach Gemkow.

Sachsens Chipindustrie braucht bis 2030 mindestens 26.000 neue Fachkräfte

Hintergrund: TSMC braucht für seine geplante Chipfabrik in Dresden rund 2000 Fachleute. Hinzu kommt der Zusatzbedarf in der Zulieferindustrie und Umfeldwirtschaft für die neue Fab – hier ist von mehreren Tausend Fachkräften auszugehen. Außerdem hatte der Branchenverband „Silicon Saxony“ bereits vor dem TSMC-Zuschlag errechnet, dass die sächsische Halbleiterindustrie, die Softwarewirtschaft und verwandte Branchen bis 2030 rund 24.000 weitere Fachkräfte brauchen werden. In Summe werden bis zum Ende der Dekade inklusive TSMC-Bedarf also mindestens 26.000 zusätzliche Mikroelektroniker in Sachsen gebraucht.

Diesen Bedarf können die Unis, Beruf schulen und Ausbildungszentren im Freistaat im derzeitigen Ausbauzustand und mit Blick auf die überalternde Bevölkerung im Freistaat nicht befriedigen. Daher sind sowohl in der Berufsausbildung wie auch im akademischen Sektor und bei der Auslandsakquise Ausbauprogramme geplant.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: SMWK, TUD, Oiger-Archiv

Damit die neue TSMC-Chipfabrik in Dresden genug Fachkräfte bekommt, startet Sachsen ein Inkubator-Programm in Taiwan und entsendet Studenten-Delegationen.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt