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Forscher finden Turbobakterien für Biogas-Produktion

Die 35 Meter großen Fauleier der Stadtentwässerung in Dresden-Kaditz verwandeln Fäkalien und Fett in Energie. Künftig soll sort auch Küchenabfall rein und die Anlagen der Energie-Autarkie näher bringen. Foto: Stadtentwässerung Dresden

Auch in diesen 35 Meter großen Fauleiern der Stadtentwässerung in Dresden-Kaditz verwandeln Fäkalien und Fett in Biogas. Foto: Stadtentwässerung Dresden

TU Dresden und weitere Unis haben europaweit die Mikroorganismen in Biogasanlagen durchforstet

Dresden/Valencia, 12. September 2023. Eine neu klassifizierte Bakterien-Ordnung namens „Darwinibacteriales“ könnte die Ausbeute in Biogas-Anlagen deutlich erhöhen, solche Betriebe unabhängiger von Subventionen machen und „einen entscheidenden Wandel in der Energiewirtschaft“ auslösen. Das haben Kreislaufforscher der TU Dresden eingeschätzt, die am europäischen Verbundprojekt „Micro4Biogas“ beteiligt sind.

Darwinibacteriales sollen Europas Abhängigkeit von fossilen Brennstoffe mindern

Das Micro4Biogas-Konsortium sei nun in der Lage, maßgeschneiderte, hocheffiziente Populationen von Biogas produzierenden Mikroben zu schaffen, heißt es in einer Uni-Mitteilung. Richtig weiterentwickelt, könnten die Winzlinge letztlich helfen, Europas Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und Energieimporten zu senken.

Biogasanlagen könnten mit weniger Subventionen auskommen

Für ihre Analyse hatten die beteiligten Forscher 80 Proben aus 45 Biogasanlagen darauf untersucht, welche Mikroorganismen dort immer wieder vorkommen. Als die „üblichen Verdächtigen“ entpuppte sich eine bisher nicht erkannte Ordnung von Bakterien, die auf die Zersetzung von organischem Material spezialisiert sind. Diese „Darwinibacteriales“ tauchten in Deutschland, den Niederlanden und Österreich immer wieder in Biogasanlagen auf, selbst wenn die Standorte weit voneinander entfernt waren. Dies sind anscheinend die mikrobiellen Hauptakteure der anaeroben Gärung, die organisches Material abbaut und in energiereiches Gas umgewandelt. Die Idee ist nun, diese ohnehin schon spezialisierten Bakterien so weiter zu züchten, dass sie noch mehr Biogas produzieren. So könnten die Biogas-Anlagen endlich effizient genug werden, um sie kommerziell zu betreiben.

15 Partner aus Europa beteiligt

Am Projekt „Micro4Biogas“ sind 15 Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus sechs Ländern beteiligt. Die Federführung hat die Universitat de València übernommen. Mit an Bord sind die TU Dresden, die Brandenburgische TU Cottbus Senftenberg (BTU) und Bioenergie Verbund EV aus Deutschland sowie Gasterra BV (Niederlande), ABS International (Belgien), AEV Energy GMBH (Deutschland), Ayuntamiento de Aras de los Olmos (Spanien), Draxis Environmental SA (Griechenland) , Bioclear Earth BV (Niederlande), Universitat Politècnica de València (Spanien), Universiteit Gent (Belgien), Finrenes OY (Finnland), Darwin Bioprospecting Excellence SL (Spanien) und Scienseed SL (Spanien). Die EU fördert das Verbundprojekt über ihr H2020-Programm mit 5,7 Millionen Euro.

Quellen: TUD, Micro4Biogas

Wissenschaftliche Publikationen:

(noch nicht begutachtet)

„Unveiling the ecology, taxonomy and metabolic capabilities of MBA03, a potential key player in anaerobic digestion“ von Roser Puchol-Royo, Javier Pascual, Asier Ortega-Legarreta, Pascal Otto, Jeroen Tideman, Sjoerd-Jan de Vries, Christian Abendroth, Kristie Tanner, Manuel Porcar, Adriel Latorre-Perez, bioRxiv doi: https://doi.org/10.1101/2023.09.08.556800

„Multivariate comparison of taxonomic, chemical and technical data from 80 full-scale an-aerobic digester-related systems“ von Pascal Otto, Roser Puchol-Royo, Asier Ortega-Legarreta, Kristie Tanner, Jeroen Tideman, Sjoerd-Jan de Vries, Javier Pascual, Manuel Porcar, Adriel Latorre-Perez, Christian Abendroth, bioRxiv doi: https://doi.org/10.1101/2023.09.08.556802

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt