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Neuer Anlauf für künstliche Organe

Züchten wir in Zukunft neue, genau passende Herzen im Bioreaktor? Visualisierung: Dall-E

Züchten wir in Zukunft neue, genau passende Herzen im Bioreaktor? Visualisierung: Dall-E

Sprind Leipzig hofft auf Durchbruch für Produktion maßgeschneiderter Nieren, Muskeln und Bindegewebe

Leipzig, 2. August 2023. Um die Überlebens-Chancen von Menschen mit Nierenschäden, schweren Verbrennungen oder kaputten Lungen zu verbessern, hat die Sprunginnovations-Agentur „Sprind“ in Leipzig ein „Tissue Engineering“-Projekt angeschoben. Das mit bis zu 4,6 Millionen Euro dotierte Innovationsvorhaben zielt darauf, binnen zehn Monaten künstliches Gewebe zu züchten, das sich tatsächlich für die Transplantation in menschliche Patienten eignet – sei es nun als einfaches Stützgewebe oder künftig sogar in Form künstlich gewachsener Organe. Das hat Sprind nun angekündigt.

Zu wenige Spender, zu viele Abstoßungsreaktionen

Hintergrund: In Deutschland gibt es sei Jahr und Tag nicht genug Spender für Nieren, Herzen und andere Organe. Auf eine neue Niere müssen Patienten beispielsweise im Schnitt acht Jahre warten, auf ein Spenderherz etwa acht bis zehn Monate. Zudem stoßen viele Patienten dann auch noch Spender-Organe auch ab, weil das körpereigene Immunsystem sie als Fremdkörper einstuft.

Ziel ist maßgeschneiderte „Ersatzorgan“-Zucht im Bioreaktor

Zwar gibt es schon lange die Idee, diese Probleme durch künstlich erzeugte und maßgeschneiderte Ersatzorgane zu lösen. Auch lassen sich Zellen im Grundsatz bereits seit Jahren im Labor züchten. Doch bis zum heutigen Tage ist es nicht gelungen, daraus eine Art „Ersatzteillager“ mit einpflanzbaren Ersatz-Organen und anderen künstlichem Gewebe für Unfallopfer, Diabetiker und andere Kranke zu machen. Das will die in Sachsen angesiedelte „Bundesagentur für Sprunginnovationen“ nun ändern.

Der 3D-Drucker für lebende Zellen ist eine Spezialanfertigung aus Sachsen. Foto: Heiko Weckbrodt

Der 3D-Drucker für lebende Zellen ist eine Spezialanfertigung aus Sachsen. Foto: Heiko Weckbrodt

Lungen aus dem 3D-Drucker?

„Ziel ist es, ein fortschrittliches Konzept zu entwickeln, welches das bisher am weitesten entwickelte künstliche Gewebe hervorbringt“, heißt es in der Sprind-Ausschreibung. „Wir suchen nach fortschrittlichen Techniken wie 3/4D-Bioprinting, Mikrofabrikation und biomimetische Gerüste, die zur Schaffung komplexer Gewebestrukturen eingesetzt werden, die dem natürlichen Gewebe sehr ähnlich sind. Dieses Gewebe muss dem natürlichen Gewebe des Menschen so nahe wie möglich kommen und kann Elemente wie das Engineering von Zellen, die Entwicklung von Gewebearchitektur oder technische Materialien umfassen.“ Und weiter: „Je komplexer das 3D-Gewebemodell ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Antragsteller mit seiner Einreichung erfolgreich sein wird. Die Komplexität wird dabei als aufsteigend von Bindegewebe, über Muskelgewebe bis hin zu komplexen Organen verstanden.“

Wettbewerb mit bis zu 4,6 Millionen Euro dotiert

Um dies zu erreichen, gibt Sprind acht ausgewählten Teams jeweils bis zu eine halbe Million Euro, um binnen achten Monaten künstliches Gewebe zu demonstrieren, das sich wirklich für den klinischen Einsatz eignen könnte. Die sechs besten Entwickler-Kollektive erhalten dann noch mal je bis zu 100.000 Euro und zwei Monate Zeit, um die ersten Tests am Menschen vorzubereiten. Dieses neue Eilfinanzierungskonzept nennt sich „Sprind-Funken“ und soll für wichtige Initialzündungen in der Organtransplantation sorgen.

Bewerben können sich interessierte Forscherteams bis zum 30. September 2023. Weitere Infos zum Procedere gibt es hier im Netz.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Sprind, iqwig.de, Eurotransplant

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt