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Sachsens Wirtschaft baut Lieferketten um

Die Wirtschaft von Sachsen und Tschechien vernetzt sich wieder enger - auch in Konsequenzen der Lieferstörungen mit China. Hier ein Blick auf das nächtlich Prag. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Wirtschaft von Sachsen und Tschechien vernetzt sich wieder enger – auch in Konsequenzen der Lieferstörungen mit China. Hier ein Blick auf das nächtlich Prag. Foto: Heiko Weckbrodt

Wegen Corona, Handelskriegen und Zulieferstörungen aus China: Unternehmen vernetzen sich stärker mit Polen und Tschechien

Dresden, 30. März 2023. Der Wandel in der sächsischen Wirtschaft in Konsequenz aus Corona-Krise, Lieferketten-Störungen, wachsendem Protektionismus und Ukraine-Krieg ist mittlerweile deutlich sichtbar: Die Unternehmen im Freistaat antworten auf diese Transformations-Auslöser unter anderem durch eine stärkere Vernetzung mit der tschechischen und polnischen Wirtschaft, einen Ausbau der Logistik-Kapazitäten im Freistaat sowie eine gezielte Marktakquise jenseits traditioneller Außenhandels-Partner wie den USA und China. Das haben Wirtschaftsminister Marin Dulig (SPD) und Thomas Horn, der Chef der Wirtschaftsförderung Sachsen (WFS), heute in Dresden eingeschätzt.

Der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD). Foto: Heiko Weckbrodt

Der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD). Foto: Heiko Weckbrodt

Wirtschaftsminister Dulig: Sachsens Betriebe sind widerstandsfähiger als gedacht

„Die Wirtschaft ist 2022 nicht in dem von vielen erwarteten Umfang eingebrochen “, betonte Dulig. „Unsere Unternehmen sind offensichtlich resilienter als oft angenommen.“ Diese Einschätzung teilt auch Horn. Speziell mit Blick auf die traditionell engen Außenwirtschaftsbeziehungen nach Osteuropa habe die sächsische Wirtschaft recht rasch auf den russischen Angriff auf die Ukraine reagiert: „Der erwartete volkswirtschaftliche Schaden ist nicht eingetreten“, sagte Horn. „Russland spielt für Sachsens Ausfuhren kaum noch eine Rolle.“ Schon vor dem Krieg waren die sächsischen Exporte gen Russland geschrumpft, von 1,35 Milliarden Euro im Jahr 2012 auf zuletzt nur noch 371 Millionen Euro. Bei einem Gesamtexportvolumen von 52,7 Milliarden Euro machen damit diese Ausfuhren kaum noch ein Prozent aus.

Thomas Horn ist Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Sachsen. Foto: Heiko Weckbrodt

Thomas Horn ist Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Sachsen. Foto: Heiko Weckbrodt

„Near Shoring“-Trend: Alternativen zu China gefragt

Auch die Handelskriege zwischen den USA und China, die Lieferausfälle in der Corona-Zeit und die konfrontative China-Linie der Ampel machen sich längst im sächsischen Außenhandel bemerkbar: Zwar sind China und USA immer noch die wichtigsten Export-Zielländer, aber gleich darauf folgen bereits die europäischen Nachbarn Tschechien und Polen. Und auf der Importseite hat Tschechien sogar China als wichtigster Lieferant überholt. Dies dürfte unter anderem auf den sogenannten „Near Shoring“-Trend in der Wirtschaft zurückzuführen sein: Statt sich zu sehr von einer billigen Lieferfabrik in China abhängig zu machen, erschließen sich mehr und mehr Unternehmen zusätzliche Quellen im nahen europäischen Ausland, in Vietnam oder anderen Alternativ-Lieferanten.

„Wertschöpfungsketten haben sich durch die Pandemie neu ausgerichtet“

Die aktuellen Exportzahlen für Tschechien und Polen, die mittlerweile auf Platz 3 und 4 vorgerückt sind, bestätigen unsere Einschätzung zur wachsenden Bedeutung der Nachbarmärkte“, erklärte Horn. „Internationale Liefer- und Wertschöpfungsketten haben sich durch die Pandemie neu ausgerichtet.“ Und damit steige auch der Bedarf an Logistikstandorten. Als Beispiel nannte der WFS-Chef mehrere Ansiedlungen: In Glaubitz entstehen 100 neue Jobs, weil dort ein Logistik-Unternehmen Kapazitäten für Wacker Nünchritz aufbaut. Und in Siebenlehn, wo bereits der Dresdner Computerhändler „Cyberport“ sein Großlager unterhält, baut nun auch das junge Dresdner Unternehmen ein Depot auf. „Wenn Lieferketten kürzer werden, wächst eben auch die Logistik-Nachfrage in Sachsen selbst“, so Horn.

Görlitz wirkt als Magnet auf Forscher und Wirtschaftsberater

Und auch der Transformations-Prozess in der Lausitz hin zu neuen Jobmaschinen für die Zeit nach dem Braunkohle-Ausstieg ist nach Einschätzung der Wirtschaftsförderer bereits in Gang gekommen: Da sind einerseits mehrere Ansiedlungen und Erweiterungen in Görlitz; durch Unternehmen wie Deloitte oder Forschungseinrichtungen wie Casus, Senckenberg, Fraunhofer, das Deutsche Zentrum für Astrophysik oder das „Construction Future Lab“ (CFLabab) der TU Dresden.

Blick auf BASF Schwarzheide von der Eindampfanlage (EDA). Im Hintergrund befindet sich das Blockfeld für die geplante Anlage für Kathodenmaterialien, die bis 2022 in der Lausitz entstehen soll. Foto. Kai Abresch für BASF

Blick auf BASF Schwarzheide. Foto. Kai Abresch für BASF

WFS-Chef: Lausitz wird „Hotspot der Batterietechnologien“

Und anderseits entwickele sich die Lausitz immer mehr zu einem „Hotspot der Batterietechnologien“, meint WFS-Geschäftsführer Horn. „Das hat mit der Fabrik von Akkumotive-Daimler in Kamenz angefangen und setzt sich nun an weiteren Standorten fort.“ Beispiele seien die Investitionen von BASF in die Akku-Material-Produktion in Schwarzheide, die Altech-Pläne für eine Festkörperakku-Produktion in Schwarze Pumpe, die avisierte Lithium-Hydroxid-Produktion der deutsch-kanadischen Firma „Rock Tech“ in Guben und dergleichen mehr. Dabei arbeiten laut Horn die sächsischen Wirtschaftsförderer eng mit ihren Kollegen aus Brandenburg zusammen, betreiben auch eine gemeinsame Dependance in Weißwasser. „Insgesamt haben wir in den vergangenen fünf Jahren rund 20 Projekte in der Lausitz begleitet“, berichtet der WFS-Chef. Aus diesen Vorhaben seien bisher 800 neue Arbeitsplätze entstanden, weitere 500 seien versprochen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: WFS, SMWA, Oiger-Archiv, SK Brandenburg

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt