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Agriphotovoltaik: Dresdner Ingenieure gehen unter die Bauern

Ein Traktor mäht einen Feldstreifen zwischen zwei Reihen senkrechter Solarkollektoren. Foto: Next2Sun

Ein Traktor mäht einen Feldstreifen zwischen zwei Reihen senkrechter Solarkollektoren. Foto: Next2Sun

HTW will im Feldversuch testen, wie gut welche Feldfrüchte unter zwiegesichtigen senkrechten Solarmodulen wachsen

Dresden-Pillnitz, 6. Oktober 2022. Ingenieure der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Dresden werden zu Bauern. Aber nicht wie zu DDR-Zeiten, um die Ernte durch Akademiker zu retten, sondern für einen Versuch, Energiewende und Ernte miteinander zu verheiraten. Ein Team um Prof. Karl Wild von der HTW-Fakultät Landbau/Umwelt/Chemie plant dafür in Dresden-Pillnitz einen Feldversuch in „Agriphotovoltaik“: Sie wollen ausprobieren, welche Feldfrüchte wie gut unter Solaranlagen gedeihen.

Den Boden zweifach nutzen: für Energie- und für Lebensmittel-Versorgung

Konkret stellen die HTW-Ingenieure auf einem Acker in senkrechter Bauweise sogenannte „bi-faziale“ Solarmodule auf, die Licht von beiden Seiten verwerten und in Strom umwandeln. Hinter diesem Agriphotovoltaik-Ansatz steckt die Idee, wertvollen Boden zwiefach zu nutzen: als Öko-Kraftwerk und als Essenslieferant. „Das Modellvorhaben soll das Potenzial solcher Anlagen abschätzen und erforschen, inwieweit sich dieses Verfahren auf die Themen nachhaltige Flächennutzung, Bodenschutz, Anpassung an den Klimawandel, Erhöhung der Biodiversität, Eingliederung in den Biotopverbund sowie Produktion regenerativer Energie mit geringer Netzbelastung und minimalem Flächenverbrauch anwenden lässt“, heißt es von der HTW.

Internationale Versuche: Mit Kartoffeln, Tomaten und Chilis kann das funktionieren

Bisherige Versuche im In- und Ausland hatten gezeigt, dass Agriphotovoltaik durchaus funktionieren kann, dass Schatten der Solarmodule manche Kartoffeln, Tomaten und Chilis sogar besser gedeihen lässt und den Boden vor Austrockung schützt – dies aber eben nicht für alle Ackerpflanzen gleichermaßen funktioniert. Das grün geführte sächsische Umweltministerium hatte sich in der Vergangenheit bereits für solche Versuche ausgesprochen. So soll beispielsweise auch das staatliche Lehrgut Köllitsch nahe Torgau eigene Agriphotovoltaik-Feldversuche unternehmen.

Vormittags liefert die Ostseite Strom, nachmittags die Westseite

Zudem hat Meyer Burger zugesagt, in seiner Freiberger Fabrik eben solche bifazialen Module herzustellen, wie sie für die neuere Agriphotovoltaik gebraucht werden. Insofern bestehen für die Sachsen Chancen, hier eine ganze Wertschöpfungskette aufzubauen. Gerade zweigesichtige Module könnten dabei eine Schlüsselrolle spielen. „Wir sehen in dieser Variante ein sehr großes Potential, weshalb ein Schwerpunkt in unseren Arbeiten auf diesem Anlagentyp liegt“, betont die Projektgruppe. Für ihren Feldversuch haben die Ingenieure im September 2022 senkrechte bifaziale Solarmodule auf einem Acker in Dresden-Pillnitz in Reihen von Nord nach Süd aufgestellt. Vormittags produziert vor allem die Ostseite Strom, nachmittags dann die Westseite. Die Anlage kann bis zu 140 Kilowatt liefern. Der so erzeugte Strom würde für etwa 40 Haushalte reichen. Die Forscher wollen ihn in der Praxis aber einsetzen, um Traktoren und andere Agrarmaschinen sowie Beregnungspumpen anzutreiben.

Autor: hw

Quellen: HTW Dresden, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt