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Einstieg ins Wasserstoff-Geschäft beginnt sich für Xenon Dresden auszuzahlen

Die Xenon-Automaten stapeln - präzise ausgerichtet durch Elektronik und Sensoren - die Bipolarplatten und Membranen zu Stack-Zellen und die wiederum zu "Stacks". Foto: Xenon

Die Xenon-Automaten stapeln – präzise ausgerichtet durch Elektronik und Sensoren – die Bipolarplatten und Membranen zu Stack-Zellen und die wiederum zu „Stacks“. Foto: Xenon

Dresdner Ingenieure haben Montageautomaten für die „Herzen“ von Elektrolyseuren entwickelt – das Interesse aus der Wirtschaft ist groß

Dresden, 6. Oktober 2022. Als Beitrag zur Energiewende hat Xenon Dresden neuartige Montageanlagen entwickelt, mit denen sich die Reaktorstapel („Stacks“) von Brennstoffzellen und Elektrolyseuren hochautomatisiert und deutlich preiswerter als bisher herstellen lassen. Diese Maschinen sollen letztlich auch die elektrische Produktion von Öko-Wasserstoff verbilligen, der bisher immer noch um die fünf Euro pro Kilogramm kostet – und damit etwa dreimal so teuer wie Wasserstoff aus Erdgas ist.

Xenon-Chef Tobias Reissmann (links) und Geschäftsbereich-Entwickler Hartmut Freitag bereiten den Einstieg des Unternehmens in neue Geschäftsfelder wie die Wasserstoffwirtschaft vor. Hier stehen sie gerade vor einer Montagemaschine für Steckverbinder für 5G-Anlagen. Foto: Heiko Weckbrodt

Xenon-Chef Tobias Reissmann (links) und Geschäftsbereich-Entwickler Hartmut Freitag. Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsen sehen viel Potenzial in Europa, aber auch in China und Nordamerika

Xenon-Chef Tobias Reissmann sieht dieses neue Geschäftsfeld auch als Beitrag seines Unternehmens, Deutschland und Europa den Einstieg in eine leistungsstarke Wasserstoff-Wirtschaft zu erleichtern. „Wir investieren seit geraumer Zeit massiv in den Aufbau dieses Sektors“, sagte er im Oiger-Gespräch. Und die Nachfrage nach diesen neuen Anlagen sei bereits jetzt enorm. Durch deren Hochautomatisierungs-Ansatz lohne sich damit viel mehr als bisher, Elektrolyseure und Brennstoffzellen in Europa herzustellen. „Perspektivisch sehen wie aber auch viel Marktpotenzial in China und Nordamerika.“

Sondermaschinen-Firma baut neues Geschäftsfeld auf

Hintergrund: Xenon war 1990 aus dem Robotron-Kombinat heraus entstanden. Die Firma spezialisierte sich auf den Bau von Sondermaschinen und Automatisierungs-Taktstraßen für die Auto- und Elektronikindustrie sowie weitere Branchen. Vor etwa drei Jahren begannen Tobias Reissmann sowie die Spezialisten Hartmut Freitag und Benjamin Reichelt, mit drei Millionen Euro Investitionsaufwand ein neues Geschäftsfeld rund um die Themen Energietechnik und Wasserstoffwirtschaft aufzubauen.

Mit eigens dafür entwickelten Anlagen will Xenon den Sunfire-Kollegen helfen, die Montage der Reaktorstapel ("Stacks") und weiterer Komponenten künftiger Groß-Elektrolyseure stark zu automatisieren. Foto: Xenon Dresden

Mit eigens dafür entwickelten Anlagen will Xenon den Sunfire-Kollegen helfen, die Montage der Reaktorstapel („Stacks“) und weiterer Komponenten künftiger Groß-Elektrolyseure stark zu automatisieren. Foto: Xenon Dresden

Automatisierung könnte Stack-Kosten um bis zu 80 % drücken

Im Fokus stehen dabei einerseits Elektrolyseure, den umweltfreundlichen Energieträger Wasserstoff mit Ökostrom aus Wasser abspalten, sowie deren Gegenstücke, die Brennstoffzellen, die mit Wasserstoff Strom erzeugen und statt allerlei Abgasen lediglich Wasser ausstoßen. Die Herzstücke beider Anlagentypen sind Stapel („Stacks“) aus Zellen, die wiederum aus metallischen oder keramischen Bipolarplatten und Membranen bestehen, durch die der Wasserstoff bei der elektrochemischen Reaktion strömt. Diese Stacks werden bis heute oft noch in Handarbeit gestapelt. Gelingt es nun, Roboter mit dieser Hochstapelei zu beauftragen, kann dies die Stack-Herstellung deutlich verbilligen. Die Dresdner Ingenieure gehen davon aus, dass sie mit ihren innovativen Anlagen die Produktionskosten für die Reaktorstapel um 70 bis 80 Prozent senken können.

Erste Automaten bei Sunfire im Einsatz

Erste Stack-Automaten für den Elektrolyseur-Bau hat Xenon nun für staatlich geförderte „Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse“ (Ipcei) geliefert, unter anderem an Sunfire Dresden. Im praktischen Einsatz zeichnen sich bereits – neben dem Kostenvorteil – weitere Pluspunkte durch die Xenon-Automaten ab: „Bei der Entwicklung unserer Anlagen konzentrieren wir uns auch auf die Qualitätssicherung in der Stack-Montage und die Nachverfolgbarkeit aller Komponenten konzentriert“, betont Freitag. Angesichts der großen Kundennachfrage rechnet er damit, dass das neue Energietechnik-Geschäftsfeld bereits in diesem Jahr fünf bis zehn Prozent zum Xenon-Jahresumsatz beisteuern wird – Tendenz: steigend.

Reissmann: 2023 erreichen wir wieder das Vorkrisen-Niveau

Auch in anderen Sektoren erholt sich das Dresdner Technologieunternehmen gerade von Corona-Krise, Lieferketten-Störungen und den Transformationsbeben in der sächsischen Automobilbranche. Nach einem etwa 30-prozentigen Rückgang im Corona-Jahr 2020 samt Kurzarbeit hat sich die Wirtschaftsleistung – mit diesem Parameter rechnen die Xenon-Manager anstelle von Umsätzen – des Unternehmens im Jahr 2021 bei rund 60 Millionen Euro stabilisiert. Für 2022 rechnet Xenon-Chef Reissmann mit über 66 Millionen Euro. Das Vorkrisen-Niveau von etwa 70 Millionen Euro werde die Firma wahrscheinlich 2023 wieder erreichen – bei einer die ganze Zeit über nahezu konstanten Belegschaft um die 400 Beschäftigte in Dresden, im chinesischen Suzhou und im mexikanischen Querétaro.

Neue Fabrik in China angemietet

Während derzeit gerade viele westliche Unternehmen die Geschäftsaussichten im Reich der Mitte mit seinen ständigen Corona-Lockdowns, den vielen Restriktionen und dem Gebaren in Hongkong und gegen Taiwan eher skeptisch beurteilen, sieht Xenon sein China-Geschäft auf einem aufsteigenden Ast: Gerade erst haben die Dresdner in Suzhou ein neues, rund 6000 Quadratmeter großes Werk angemietet. Dort sollen die 80 Xenon-Beschäftigten vor Ort nun auch größere Anlagen nach sächsischen Entwürfen montieren. Ein Schwerpunkt sind dabei mit Robotern gekoppelte Spritzgießmaschinen. Außerdem hat Xenon für den Radeberger Maschinenbauer „Alphaplan“ Auftragsmontagen in China übernommen – auch dafür ist im neuen Werk nun mehr Platz.

Nachhol-Investitionen in Auto- und Elektronikbranche sorgen für Rekord-Auftragseingänge

Ganz generell füllen sich bei Xenon nun die Ordnerbücher wieder deutlich. Neben dem neuen Wasserstofftechnik-Sektor seien dabei vor allem die Automobil- und die Elektronikindustrie wichtige Treiber, sagt Reissmann. „Dabei handelt es sich teilweise um Nachhol-Effekte.“. Unter anderem habe man Aufträge von Infineon, von Kongsberg, Bosch sowie von einem Schweizer Sensorhersteller akquirieren können. Und die Automobilindustrie ordere zum Beispiel Montageautomaten für Steuergeräte fürs autonome Fahren, Rundumsicht-Kameras und Lenkungsteuergeräte. Reissmann: „Im Moment haben wir Rekord-Auftragseingänge und starten richtig durch.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Xenon (Vor-Ort-Gespräch), Oiger-Archiv, Irina-Studie „Making the breakthrough: Green hydrogen policies and technology costs“

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt