Bildung, Forschung, News, zAufi

Nur jeder 4. Uni-Prof ist weiblich

Studenten im Hörsaalzentrum der TU Dresden. Foto: TUD

Studenten und Studentinnen im Hörsaalzentrum der TU Dresden. Foto: TUD

24 % Frauenquote an TU Dresden – sächsische Universitäten platzieren sich in VSVBB-Umfrage nur im Mittelfeld

Berlin/Dresden/Koblenz, 17. August 2022. Professorinnen sind an deutschen Universitäten im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen immer noch deutlich unterrepräsentiert: Kaum mehr als ein Viertel, nämlich 27,7 Prozent aller Professuren sind weiblich besetzt, hat nun eine Umfrage des „Verbraucherschutzvereins Berlin/Brandenburg“ (VSVBB) unter den 40 größten Unis und Hochschulen in der Bundesrepublik ergeben.

Zehn befragte Unis wissen nicht mal, wieviel Frauen sie beschäftigen

„Generell haben wir im Rahmen unserer Befragung jedoch oftmals den Eindruck gewonnen, dass sich an den Universitäten und Hochschulen durchaus etwas tut“, betonte die VSVBB-Vorsitzende Angelika Menze. „So wurden in den vergangenen Jahren viele Gleichstellungsbüros eröffnet und vor allem Juniorprofessuren wurden, soweit wir es nachvollziehen konnten, vergleichsweise häufig mit Frauen besetzt.“ Enttäuschend sei allerdings gewesen, „dass zehn weitere Universitäten und Hochschulen, die wir zu dem Thema befragt haben, aktuell gar keinen Überblick darüber haben, wie viele Frauen sie beschäftigen.“

40 % Frauenquote in Koblenz – aber nur 15 % an TH Mittelhessen

Dabei klafft die Schere zwischen den einzelnen Standorten stark auseinander: zwischen Spitzenwerten von über 40 Prozent beim Erstplatzierten, der Universität Koblenz-Landau, und knapp 15 Prozent an der Technische Hochschule Mittelhessen. Sächsische Unis liegen eher im Mittelfeld: Laut Umfrage kommt die Uni Leipzig auf reichlich 29 Prozent Frauenquote, die Technische Universität Dresden (TUD) folgt auf Rang 16 mit knapp 29 Prozent.

Noch 2018 lag Frauenanteil in Dresdner Uni bei nur 17 %

Die Dresdner Uni selbst kommt allerdings selbst auf etwas andere, niedrigere Werte: Laut den eigenen Statistiken sind 24 Prozent ihrer Professuren weiblich besetzt. Damit würde Dresden dann sogar unter dem deutschen Durchschnitt liegen – wobei die Veränderungen in den vergangenen Jahren deutlich sind: Noch 2018 lag die Professorinnen-Quote an der Technischen Universität bei knapp 17 Prozent.

TU maßschneidert Ausschreibungen für potenzielle Bewerberinnen zurecht

Die TU Dresden werde sich damit auch nicht zufrieden geben, versicherte Uni-Vizesprecher Konrad Kästner: „Auf der Ebene der Professuren möchte die TU Dresden entsprechend des Gleichstellungskonzepts und des Frauenförderplans bis 2030 einen Frauenanteil von 23 bis 29 Prozent erreichen“, betonte er. Um mehr Akademikerinnen für eine Lehr- und Forschungstätigkeit in Sachsen zu gewinnen, setzt die Uni unter anderem die „Aktive Rekrutierung“ ein, um „rechtzeitig Veränderungen zur Optimierung von Profil- und Aufgabenbeschreibung mit Blick auf die Gewinnung exzellenter Wissenschaftlerinnen vornehmen zu können“. Übersetzt bedeutet das, dass die Uni bei einem sogenannten „Bewerberinnenfeldscreening“ schaut, welche Frauen für eine neue Professor-Stelle in Frage kommen könnten und die Ausschreibung dann maßgeschneidert für diese möglichen weiblichen Kandidatinnen umschreibt.

Blick über den nationalen Tellerrand

Außerdem hat die Dresdner Uni ihr Eleonore-Trefftz-Gastprofessorinnenprogramm seit 2018 stärker darauf ausgerichtet, sich stärker international umzuschauen, um Frauen für Dresden zu gewinnen. Dies gelte ebenso für das „Dresden Fellowship Programm“, das verstärkt um Wissenschaftlerinnen wirbt, erklärte der TUD-Sprecher. Um ihre Frauenquote zu erhöhen, lobt die Universität auch gezielt sogenannte Tenure-Track-Professuren für Frauen aus. Dabei handelt es sich um zunächst Stellen, auf denen sich die Forscherinnen oder Forscher erst bewähren müssen, bevor sie eine echte Lebenszeit-Professur bekommen. „Die bereits existierenden familienfreundlichen Rahmenbedingungen an der TU Dresden machen die Tenure-Track-Option zu einem Erfolgsmodell, das für Wissenschaftlerinnen mit Familie beziehungsweise Sorgearbeit sehr attraktiv ist, da der Weg zur Professur transparenter und planbarer wird“, erläuterte Konrad Kästner.

Knapp 18 % Frauen im Ingenieurstudium

In der Studentenschaft hat die Dresdner Uni übrigens schon die Parität zwischen Frauen und Männern erreicht, obwohl sich technische Fächer, wie sie an der TUD besonders prominent vertreten sind, traditionell eher niedrige Frauenquoten haben: Bei der jüngsten Erhebung im November 2021 waren 49,54 Prozent der Studierenden weiblich. In den Ingenieurwissenschaften sind Studentinnen mit einem Anteil von 17,8 Prozent zwar immer noch stark unterrepräsentiert. Aber in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern gibt es inzwischen sogar mehr Studentinnen (54,7 Prozent als Frauen). In den Gesellschaftswissenschaften liegt der Frauenanteil bei 66,2 Prozent, in den Wirtschaftswissenschaften bei 41,2 Prozent und in der Medizin bei 67,8 Prozent.

Wirtschaft setzt auch auf Frauen gegen Fachkräfteprobleme

Dass sich die TU Dresden und viele andere Unis um mehr Frauen in Studenten- und Professorenschaft bemühen hat nicht allein mit gesellschaftlich erwünschten Frauenquoten, Emanzipation und veränderten Lebensentwürfen junger Frauen zu tun, sondern auch mit handfesten Interessen in Wirtschaft und Behörden: Angesichts der Überalterung der Gesellschaft und wachsenden Problemen in immer mehr Branchen, genug Fachkräfte zu finden, wächst der Druck auf die Universitäten, mehr Frauen akademisch auszubilden beziehungsweise für Forschung und Lehre zu gewinnen. Gerade im „Silicon Saxony“ im Dreieck Dresden-Freiberg-Chemnitz, aber auch im Raum Leipzig haben beispielsweise Softwareschmieden, Chipfirmen und Maschinenbauer wachsende Probleme, genügend qualifizierte Leute zu gewinnen. Dafür setzen sie einerseits auf qualifizierte Zuwanderung, anderseits darauf, mehr Frauen für technische Berufe zu begeistern.

Fast 100.000 IT-Stellen unbesetzt

Allein die Hightech-Industrien im „Silicon Saxony“ brauchen bis zum Ende der Dekade rund 27.000 neue Fachleute. Deutschlandweit sind im informationstechnologischen Sektor laut dem Bitkom-Verband derzeit rund 96.000 Stellen unbesetzt.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: VSVBB, TUD, Bitkom, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt