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Galliumoxid soll bessere Akkus und hochspannende Chips ermöglichen

Dr. Gregor Hlawacek experimentiert an einem Helium-Ionen-Mikroskop im HZDR. Foto: A. Wirsig, HZDR

Dr. Gregor Hlawacek experimentiert an einem Helium-Ionen-Mikroskop im HZDR. Foto: A. Wirsig, HZDR

Mit Ionenbeschuss will Helmholtz Dresden den widerspenstigen Halbleiter kontrollieren

Dresden/Oslo, 15. Juli 2022. An einem neuen Material für neue Energiespeicher und Leistungselektronik arbeitet derzeit ein Team um Dr. Gregor Hlawacek vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) gemeinsam mit den Unis Oslo und Helsiniki: Aus Galliumoxid hergestellte Akkus sollen effizientere Akkus für die Elektroautos der Zukunft ermöglichen, aber auch hochspannende Chips für bessere Solaranlagen und Windkraftwerken ermöglichen – und dabei weniger Energie verplempern. Das geht aus Mitteilungen des HZDR und der Akademie von Finnland hervor.

Halbeleiter mit großer Bandlücke vertragen höhere Spannungen und arbeiten zuverlässiger

Hintergrund: Seit Dekaden bereits ist Silizium der meistgenutzte Halbleiter, daraus bestehen auch die allermeisten heutigen Computerchips. Sollen die Schaltkreise aber auch hohe Spannungen und starke Ströme vertragen, kommen inzwischen mehr und mehr auch andere Halbleiter wie Galliumnitrid oder Siliziumkarbid zum Einsatz. In diesen Materialien brauchen die äußeren Elektronen der Atome aus dem sogenannten „Valenzband“ einen besonders kräftigen steuernden „Energieschubs“ von außen, damit sie in das sogenannte „Leitungsband“ gelangen, wo ein freier Stromzufluss möglich ist. In der Physik heißen solche Materialien „Halbleiter mit großer Bandlücke“.

Material neigt leider zum Polymorphismus

„Die Bandlücke von Galliumoxid gilt unter Fachleuten als ultrabreit“, erklärte HZDR-Forscher Hlawacek, warum sich sein Interesse auf diesen Halbleiter gerichtet hat. Diese Bandlücke mache das Material besonders attraktiv für Energiespeichertechnik und Leistungselektronik, die bei hohen elektrischen Feldstärken arbeiten, bei denen heute etablierte Halbleitermaterialien unweigerlich zerstört würden. Allerdings lässt sich Galliumoxid nur schwer kontrollieren, denn es neigt zum „Polymorphismus“: Wer immer versucht hat, daraus möglichst gleichmäßige Kristalle zu züchten, scheiterte an der Neigung des Material, viele unterschiedliche Kristallstrukturen nebeneinander zu bilden.

Inzwischen haben norwegische Forscher aber einen Weg gefunden, durch Beschuss mit Atomrümpfen (Ionen) etwas gleichmäßigere Galliumoxid-Schichten zu erzeugen. Daher haben sich nun die Kollektive aus Dresden. Oslo und Helsinki im Forschungsprojekt „Gallium Oxide Fabrication with Ion Beams“ („Gofib“) zusammengetan, um diese Technik für die praktische Mikroelektronik und Akkuproduktion nutzbar zu machen. Als Etappenziel haben sie sich Galliumoxid-Schichten aus einer gezielt eingestellten Abfolge bestimmter Kristallstrukturen vorgenommen. Durch die Kontrolle der verschiedenen Kristallphasen sollte es dann auch möglich sein, deren elektrische, optische und thermoelektrische Eigenschaften genau einzustellen.

Finnen simulieren, Norweger produzieren, Sachsen schießen

Im Zuge des Projektes wollen die Finnen die Bestrahlungs- und Diffusionsprozesse im Galliumoxid zunächst theoretisch simulieren. Die Norweger werden das vorsortierte Galliumoxid bereitstellen. Und die Sachsen beschießen das Material dann mit Helium-, Neon-, Lithium-, Gallium- und Zinn-Ionen. „Der Ionenbeschuss verursacht einen sich allmählich ansammelnden Strahlenschaden, der zum Aufbau von Druckspannungen im Material führt und den Übergang in eine andere Modifikation zur Folge hat“, erklärt Dr. Hlawacek. „Diese Methode lässt sich sowohl auf großen Wafer-Flächen als auch lokal begrenzt anwenden.“ Die Federführung für das Gesamtprojekt hat Prof. Andrej Kuznetzov von der Uni Oslo übernommen.

Quelle: HZDR

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt