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Europas Mikroelektroniker kooperieren enger

Ein Mitarbeiter des Mikroelektronik-Forschungszentrums Imec im belgischen Löwen schaut sich prüfend einen 300-Millimeter-Wafer an. Falls eine Euro-Foundry gebaut wird, steht auch dieser Standort zur Debatte. Foto: Imec

Ein Mitarbeiter des Mikroelektronik-Forschungszentrums Imec im belgischen Löwen schaut sich prüfend einen 300-Millimeter-Wafer an. Foto: Imec

Fraunhofer, Leti und Imec planen virtuelle Testfabrik für KI-Chips

Dresden/Löwen/Grenoble, 17. Juli 2022. Die Mikroelektronik-Forscher der deutschen Fraunhofer-Gesellschaft und der Großforschungszentren Leti in Frankreich sowie Imec in Belgien wollen künftig enger zusammenarbeiten. In diesem Zuge wollen sie eine über die drei Standorte verteile, aber vernetzte Test- und Versuchsanlage („Testing and Experimentation Facility“, kurz TEF) für neuartige Chips aufbauen, die dezentrale „Künstliche Intelligenzen“ („Edge AI“) unterstützen. Dafür haben die Partner 78 Millionen Euro Fördergeld von der EU beantragt, teilte das Centrum für Nanoelektronische Technologien (CNT) in Dresden mit, das sich als Teil der Fraunhofer-Photonikinstituts IPMS an dem Vorhaben beteiligt.

TEF-Projekt zielt auf Experimentier-Plattform für ganz Europa

Die geplante virtuelle TEF soll laut Ausschreibung „die Verfügbarkeit von vertrauenswürdigen, leistungsstarken und stromsparenden Komponenten und Technologien in Europa sicherstellen, um die massiven Datenverarbeitungsaufgaben von Künstlicher Intelligenz und die digitale Transformation zu unterstützen“. Entstehen solle so „eine europäische Plattform, die es Unternehmen ermöglicht, KI-Produktprototypen zu entwickeln, zu testen und damit zu experimentieren“.

Dresdner Forscher spekulieren auf rund 16 Millionen Euro EU-Geld

Als Projektumfang kalkuliert die EU rund 156 Millionen Euro, wobei sie davon die Hälfte – also 78 Millionen – als Fördergeld selbst beisteuern will. Die verbleibende Hälfte müssen dann die Länder der Antragsteller finanzieren. Auf deutscher Seite beteiligen sich die sächsischen Fraunhofer-Einrichtungen IPMS-CNT und IZM-ASSID sowie zwei bayrische Institute. Die Dresdner Institute könnten bei einem Zuschlag jeweils rund acht Millionen Euro Zuschüsse für ihren Anlagenpark erhalten, schätzt CNT-Programmkoordinator Martin Landgraf. Mit einem Projektstart rechnet er frühestes im Oktober 2022.

Ein gewisses Konkurrenzdenken war immer da

In der Vergangenheit hatte es immer ein gewisses Konkurrenzverhältnis zwischen den Mikroelektronik-Forschungseinrichtungen vor allem in Sachsen, Flandern und Frankreich gegeben. Der Freistaat hatte sich zeitweise auch sehr um eine Imec-Außenstelle in Dresden bemüht. Inzwischen neigen Fraunhofer, Imec und Leti jedoch stärker dazu, ihre jeweiligen, einander ergänzenden Spezialisierungen in der Halbleiterforschung herauszustreichen und mehr Kooperationen als früher anzustreben. Dazu gehört der gemeinsame TEF-Antrag. Auch in der sächsischen Halbleiterindustrie stößt dies auf positive Resonanz: „Wir können solche Kooperationen nur begrüßen“, betonte Jens Drews, der bei Globalfoundries Dresden unter anderem für die europäische Vernetzung zuständig ist. „Wir halten eine komplementäre Aufgabenteilung für sinnvoll.“

Weitere TEF-Projekte für andere Technologien und Wirtschaftssektoren sind ebenfalls geplant. Dazu gehören das Hochleistungsrechnen, Cybersicherheit und Vertrauen, fortgeschrittene digitale Kompetenzen, aber auch neue Fertigigungsprinzipien in der Industrie, die Landwirtschaft und das Gesundheitswesen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Fraunhofer CNT, CACHS-EÖ-Veranstaltung, Eurovienna

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt