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Auftragsbücher der Industrie rekordverdächtig gefüllt

Der Auftragsstau in der deutschen Industrie hat ein Rekordhoch erreicht. Grafik: Ifo

Der Auftragsstau in der deutschen Industrie hat ein Rekordhoch erreicht. Grafik: Ifo

Betriebe kommen jedoch mit Abarbeitung kaum hinterher

München, 16. Mai 2022. Wenn die Industrie so produzierten könnte, wie sie wollte, könnte sie derzeit 4,5 Monate durcharbeiten, ohne dass sie einen einzigen neuen Auftrag brauchte: Der Auftragsbestand hat ein neues Rekord-Hoch erreicht, teilte das Ifo-Institut aus München mit.

Besonders groß sei die Auftragsreichweite in der Autoindustrie mit 7,4 Monaten, hieß es vom Ifo-Institut. Im Maschinenbau betrage der Auftragsvorlauf 6,5 Monate und bei den Herstellern von Datenverarbeitungsgeräten bei 6,3 Monaten. Am kürzesten reichen die Aufträge der Textil-Hersteller mit 1,7 Monaten.

Ifo-Experte rechnet mit Verschärfung der Lieferengpässe

In der Praxis allerdings bremsen die weiter global gestörten Lieferketten den Aufschwung stark aus. „Der Auftragsstau spiegelt nicht nur die hohe Nachfrage nach deutschen Industriewaren in den vergangenen Monaten wider, sondern auch die Schwierigkeiten der Unternehmen, die bestehenden Aufträge aufgrund des Mangels an wichtigen Vorprodukten und Rohstoffen zeitnah abzuarbeiten“, schätzte Ifo-Konjunkturexperte Timo Wollmershäuser ein. „Falls sich die Lieferengpässe in den kommenden Monaten auflösen würden, könnte die Produktion in der deutschen Industrie durchstarten. Das würde dann die Wirtschaftsleistung kräftig anschieben. Allerdings spricht derzeit vieles eher für eine Verschärfung der Lieferengpässe, vor allem als Folge der rigorosen Lockdowns in China, von wo Deutschland zuletzt 15 Prozent seiner importierten Vorprodukte bezog.“ Hinzu kommen die Auswirkungen des russischen Krieges gegen die Ukraine und der deshalb verhängten Sanktionen.

Auftragseingang schwächt sich inzwischen ab

Und womöglich zeichnen sich am Konjunktur-Horizont bereits dunkle Wolken ab: Einerseits wirken Spekulationen über einen Abschwung oft wie selbsterfüllende Prophezeiungen. Anderseits registrieren die Unternehmen inzwischen bereits weniger neue Aufträge als noch vor kurzem. „Der Zuwachs an Reichweite ist jetzt nur noch gering“, informierte Timo Wollmershäuser. „Das deutet darauf hin, dass sich der Eingang an neuen Aufträgen allmählich abschwächt.“ Das mag daran liegen, dass viele Betriebe weniger Aufträge annehmen, weil sie die alten kaum abarbeiten können. Anderseits könnten die stark gestiegenen Energie- und Materialpreise, die Probleme in China und weitere Faktoren inzwischen die Investitionsbereitschaft vieler Unternehmen gedämpft haben, was zum Beispiel auf deutsche Maschinenbauer, Elektrotechnik-Fabriken und Ausrüstungshersteller auswirken könnte.

Autor: hw

Quellen: Ifo Dresden, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt