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CO2-Verwerter können Ökobilanz in Zementwerken verbessern

Das Kunstwerk "Feldzeichen" im Findlingspark Nochten interpretiert das Thema "Findlinge und Eiszeit". Foto: Peter Weckbrodt

Blick vom Findlingspark Nochten auf ein Kraftwerk. Foto: Peter Weckbrodt

IDTechEx: Kohlendioxid-Fänger müssen aber 100 Mal größer werden

Cambridge, 14. September 2021. Der Druck auf die Betonhersteller wächst, ihre ökologische Bilanz zu verbessern. Denn einerseits ist die Herstellung von Zement energieintensiv, anderseits setzen die dabei nötigen chemischen Reaktionen Kohlendixoxid (CO2) frei. Schon jetzt ist die Zementproduktion für sieben Prozent der von Menschen verursachten CO2-Emissionen von Kohlendixoxid (CO2) verantwortlich, heißt es in einer Analyse von Robbie M. Andrew vom norwegischen „Cicero Center for International Climate Research“. Und die Belastung der Atmosphäre durch die Bauindustrie wird voraussichtlich noch stark wachsen: Laut Schätzungen des „Weltrates für grünes Bauen“ wird sich der globale Gebäudebestand bis 2050 verdoppeln. Lösungen sind in Sicht, allerdings noch viel zu kleinformatig im Einsatz, betonen die Analysten des britischen Marktforschungs-Unternehmens „IDTechEx“ aus Cambridge. Sie sehen einen vielversprechenden Weg in Technologien, die gleich bei der Zementproduktion das CO2 abbinden und das Gas möglichst gleich vor Ort weiternutzen.

„Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel“

„Technologien zur CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung (CCUS) werden wahrscheinlich eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel spielen“, schätzt IDTechEx-Analyst Dr. Michael Dent in seinem Bericht „Carbon Capture, Utilization, and Storage (CCUS) 2021-2040“. Er verweist auf UN-Schätzungen, laut denen der CCUS-Ansatz bis 2050 zwischen 1,5 und 6,3 Gigatonnen CO2-Äquivalente pro Jahr reduzieren könnte. Allerdings müssten diese CCUS-Technologien „Hunderte Male skaliert werden, um einen bedeutenden Einfluss auf die globalen Emissionen zu haben“, betont Dent.

Weg 1: CO2 in der Tiefe versteinern

Einen möglichen CCUS-Weg gehen unter anderem Standorte in der Schweiz und Island: Dort saugen riesige Anlagen CO2 aus der Atmosphäre und pressen es tief ins Erdreich. Dort verbindet sich das Gas zum Beispiel mit Magnesium oder Kalzium und wird zu Stein.

Mögliche Schritte, um Kohlendioxid in der Zementproduktion aufzufangen, zu verdichten und entweder unter der Erde zu speichern oder weiterzuverwerten. Grafik: IDTechEx

Mögliche Schritte, um Kohlendioxid in der Zementproduktion aufzufangen, zu verdichten und entweder unter der Erde zu speichern oder weiterzuverwerten. Grafik: IDTechEx

Weg 2: CO2 für Betonhärtung verwerten

Andere Ansätze zielen eher auf eine Weiternutzung von CO2 dort, wo es entsteht. Das in Montreal ansässige Unternehmen „CarbiCrete“ nutzt beispielsweise die CO2-Härtungsmethode, um „kohlenstoffnegative“ Betonfertigteile herzustellen. „kohlenstoffnegativ“ heißt hier: Unterm Strich verbraucht dieser Prozess mehr CO2- Äquivalente, als er erzeugt. Im konkreten Fall fängt CarbiCrete das bei der Zementproduktion entstehende CO2 auf und härtet damit Beton, und fügt außerdem Industrieabfällen wie Stahlschlacke zu.

Erklärvideo vom CarbiCrete:

„Ein weiteres kanadisches Startup, Carbon Upcycling Technologies (CUT), stellt Betonzusätze her, indem es CO2 in industrielle Abfallpulver-Nebenprodukte wie Flugasche einbringt“, berichtet Dent. „Die resultierende CO2-verstärkte Flugasche von CUT verspricht eine Verbesserung der Betonfestigkeit bei gleichzeitiger Reduzierung des CO2-Fußabdrucks um bis zu 25 % durch die Abscheidung von CO2 und eine Verringerung der Nachfrage nach Zement als Rohstoff um 10 %.“

Demonstratoren, Vergleich Stahl-und Carbonstab sowie Textilbeton. Foto: filmaton.tv

Demonstratoren, Vergleich Stahl-und Carbonstab sowie Textilbeton. Foto: filmaton.tv

Weg 3: Weniger Ressourceneinsatz beim Karbonbeton

Auch der in Dresden entwickelte Karbonbeton ist eine Möglichkeit, die Umweltbilanz im Bauwesen deutlich zu verbessern. Dabei wird der Beton mit Kohlenstofffaser-Netzen statt Stahl bewehrt. Dadurch rostet nichts, er hält länger, vor allem aber können damit sehr dünne Betonwände bei gleicher Festigkeit gebaut werden. Dies spart Energie wie auch Rohstoff-Einsatz.

Weg 4: Synthi-Kraftstoff aus Wasser, Strom und CO2

Außerdem wäre es möglich, Zementwerke mit großen Elektrolyseuren und Fischer-Tropsch-Anlagen zu koppeln, um das CO2 für die Produktion von Synthese-Kraftstoffen zu nutzen.

Forscher plädieren für staatliche Anreize

In vielen Fällen sind diese Alternativverfahren aber teurer als die herkömmliche Beton- beziehungsweise Zementproduktion. Die IDTechEx-Forscher plädieren daher für Subventionen, Vergünstigungen oder andere staatliche Anreize: „Entsprechende politische Anreize und Kostensenkungen, die mit einer groß angelegten Umsetzung einhergehen, können kohlenstoffarmen Betonalternativen den notwendigen Vorsprung verschaffen.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IDTechEx, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt