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Kampf gegen Müllinseln: Shampoo-Tütchen werden im Meer zu Sand

Der "World Wide Fund For Nature" (WWF) geht davon aus, das jährlich 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen Plastemüll in die Weltmeere gelangen. Ein Teil davon sind achtlos weggeworfene Kosmetika- und Waschmittel-Tütchen. Foto: Heiko Weckbrodt

Der „World Wide Fund For Nature“ (WWF) geht davon aus, das jährlich 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen Plastemüll in die Weltmeere gelangen. Ein Teil davon sind achtlos weggeworfene Kosmetika- und Waschmittel-Tütchen. Foto: Heiko Weckbrodt

Fraunhofer-Strahlinstitut FEP arbeitet an selbstzersetzenden Verpackungen – und will in Dresden eine Ökopack-Beratungsfirma ausgründen

Dresden, 28. Juli 2021. Damit die weltweiten Kunststoffmüllberge auf Land und auf See nicht weiter wachsen, entwickelt ein von Fraunhofer Dresden geführtes Konsortium derzeit neue Verpackungen, die sich selbst zersetzen oder zumindest leichter wiederverwertbar als klassischer Plasteabfall sind. Das hat Dr. John Fahlteich vom Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP) mitgeteilt. Die FEP-Ingenieure wollen in diesem Zuge in Dresden auch ein Unternehmen ausgründen. Das soll Betriebe aus der Lebensmittelwirtschaft, Hygieneartikel-Industrie und anderen Branchen beim Einsatz umweltfreundlicherer Produkt-Verpackungen beraten.

Dr. John Fahlteich vom Fraunhofer-Strahlinstitut FEP aus Dresden vor einer Beschichtungsanlage. Foto: Heiko Weckbrodt

Dr. John Fahlteich vom Fraunhofer-Strahlinstitut FEP aus Dresden vor einer Beschichtungsanlage. Foto: Heiko Weckbrodt

Caprisonne ohne Metall

Um die ökologische Belastung durch Verpackungsmüll zu mindern, setzt Fraunhofer auf Biopolymere, Nanofunktionsmateralien und andere veredelte Stoffe. Beispielsweise haben die Projektpartner neue Caprisonne-Tüten entwickelt, die ohne Zusatzmetallschicht auskommen und aus nur noch einem veredelten Polymermaterial bestehen. Das macht das Recycling der Saft-Tüten leichter. Auch arbeiten sie an besonders dicht beschichteten Frischhalte-Papieren. Die sollen jene Kunststoff-Folien ersetzen, die in vielen Ländern um Gurken, Äpfel und andere Lebensmittel gewickelt werden.

Im Konsortium "FlexFunction2Sustain" entwickeln die Projektpartner auch speziell beschichtetes Papier, das die Folienverpackungen für Obst, Gemüse und Blumen ersetzen soll. Foto: Jan Hosan für das Fraunhofer FEP

Im Konsortium „FlexFunction2Sustain“ entwickeln die Projektpartner auch speziell beschichtetes Papier, das die Folienverpackungen für Obst, Gemüse und Blumen ersetzen soll. Foto: Jan Hosan für das Fraunhofer FEP

Ein weiteres Thema sind Kaffeetüten aus dem Supermarkt: Die bestehen oft aus einem Verbundmaterial aus Aluminium und Kunststoff. Die Alu-Schicht soll den Kaffee und damit sein Aroma luftdicht konservieren. Allerdings sind solche Verbundmaterialien nur schwer recycelbar, da sich die Metallbarriere kaum wieder abtrennen lässt. Um den Duft auch ohne diese Alu-Schicht zu bewahren, arbeiten die Forscher an Polyethylen-Lösungen, die ebenfalls luftdicht bleiben.

Tüten aus Siliziumoxid und Biopolymeren zersetzen sich selbstständig

Einen besonderen Clou haben sich die Fraunhofer-Experten für den US-Konsumgüterkonzern „Procter & Gamble“ ausgedacht: Dessen Shampoo-Tütchen werden vor allem in Asien, aber auch andernorts oft auf der Erde achtlos auf den Boden geworfen, in der Regenzeit in den nächsten Fluss gespült und landen letztlich im Meer – und vergrößern dort die schwimmenden Müllinseln. Als Alternative zum klassischen Kunststoff hat das FEP nun Verpackungen entwickelt, die aus Siliziumoxiden – letztlich also Sand – und Biopolymeren bestehen. „Im Meer zersetzen sich diese Verpackungen in weniger als einem halben Jahr von selbst“, verspricht John Fahlteich.

Projekt „Flex Function 2 Sustain“ soll Referenzbeispiele schaffen

Die Sand-Bio-Verpackungen sind Teil des auf vier Jahre angelegten Projektes „Flex Function 2 Sustain“. Unter der Führung des FEP arbeiten hier 21 Projektpartner an nano-veredelten Kunststoffen, Papieren und Membranen. Die sollen im weltweiten Kampf gegen die Müllfluten als nachhaltigere Alternative viele klassische Verpackungslösungen in Zukunft ersetzen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Besuch im Fraunhofer FEP,  flexfunction2sustain, WWF

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt