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Studie: Corona-Ausnahmezustand hat Menschen egoistischer gemacht

Die Isolation im Corona-Ausnahmezustand hat die Menschen egoistischer gemacht, hat eine Studie des IWH und der Uni Magdeburg ergeben. Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Die Isolation im Corona-Ausnahmezustand hat die Menschen egoistischer gemacht und die Bereitschaft gefördert, sich am Geld anderer zu bedienen, hat eine Studie des IWH und der Uni Magdeburg ergeben. Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Viele haben Forderung nach sozialer Distanzierung in jedem Sinne verinnerlicht

Magdeburg/Halle, 24. Juni 2021. Der Corona-Ausnahmezustand und die fortwährenden Appelle von Politikern, sich sozial zu distanzieren, haben unsoziales Verhalten und Egoismus gefördert. Zu dieser Folgerung ist eine Forschungsgruppe des „Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle“ (IWH) nach Studenten-Experimenten gekommen. Sie fanden damit eine mögliche Erklärung für die bereits aus Spanien berichtete sinkende Spendenbereitschaft der Bevölkerung während der Corona-Zeit.

Studenten durften von Wohltätigkeitsorganisation Geld abzweigen

Für ihre Studie experimentierten Sabrina Jeworrek und Joschka Waibel mit über 500 Studenten der Uni Magdeburg. Sie teilten die Probanten in zwei Gruppen ein: Eine Gruppe wurde „mit gezielten Fragen zu persönlichen Erfahrungen und Empfindungen während des Lockdown bewusst an die soziale Distanzierung erinnert“, berichtet das IWH. Die restlichen Studentinnen und Studenten fungierten als Kontrollgruppe. Sie alle sollten sich dann in folgende Situation hineindenken: „Eine Person und eine Wohltätigkeitsorganisation erhalten jeweils den gleichen Geldbetrag. Die Person kann sich aus dem Budget der Wohltätigkeitsorganisation bedienen oder dieses durch eine Spende aus dem eigenen Budget erhöhen.“ Die Studenten konnten sich dann entscheiden, ob sie zu ihren eigenen Gunsten Geld von der Wohltätigkeitsorganisation abzweigen wollen.

Professorin Sabrina Jeworrek. Foto: Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Professorin Sabrina Jeworrek. Foto: Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Dabei zeigte sich, dass die Gruppe im „Lockdown-Modus“ eher dazu neigte, sich zu Lasten der gemeinnützigen Organisation zu bereichern. „Die Kontrollgruppe nahm der Wohltätigkeitsorganisation einen deutlich kleineren Geldbetrag weg als die Gruppe mit den lebendigen Erinnerungen an den Lockdown.“

Isolierung nährt Egoismus

Die Interpretation von Juniorprofessorin Sabrina Jeworrek: „Die Erfahrung der sozialen Isolierung führte dazu, dass die Teilnehmenden unserer Studie eher egoistische Entscheidungen treffen. Gerade junge Menschen wie unsere Studierenden sind zwar mit Familie und Freunden über Videotelefonie oder soziale Medien in Kontakt geblieben. Dennoch nahmen sich knapp 80 Prozent als sozial isoliert wahr.“

Allerdings konnten die Studienautoren den Egoismus-Effekt mindern, wenn sie die Menschen im Corona-Einschlussmodus an moralische Normen erinnerten. „Vorbildliches Verhalten ins Rampenlicht zu rücken, kann ein wichtiges Instrument sein, um die sozialen Negativfolgen des Lockdowns abzufedern“, heißt es in die IWH-Mitteilung.

Autor: hw

Quelle: IWH

Wissenschaftliche Publikation:

Sabrina Jeworrek, Joschka Waibel: Alone at Home: The Impact of Social Distancing on Norm-consistent Behavior. IWH-Diskussionspapiere 8/2021

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt